Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1907

8 dienst eine nicht unbedeutende Schmäle¬ rung erlitten hatte. Zwar suchte er den Eltern gegenüber frischen Mut zu zeigen; doch als er erfuhr, wie wenig erfreulich daheim während seiner Abwesenheit die Dinge zugegangen waren, ward er stiller und stiller und schien mit schweren Ge¬ danken zu kämpfen. Es litt ihn dann bald nicht mehr, er mußte Dore auf¬ Ein¬ suchen. Sie jubelte auf bei seinem voll tritt, doch da das Licht der Lampe auf sein Gesicht fiel, ward sie betroffen über sein verändertes Aussehen. „Das hat nichts zu sagen!“ beruhigte er sie. „Das Fieber bin ich glücklick los sel¬ und die rote Farbe wird schon von „ ber wiederkommen. Sah' es bei mir zu Hause nur nicht so trübselig aus! Duhast wohl gehört, was für ein Mißgeschick mein Vater mit seinen Bienen gehabt hat und welch ein Schaden ihm daraus er¬ wächst. □ „Ja, entgegnete Dore bedauernd, „der arme alte Mann, er tut mir in der Seele leid! Es ist gewiß nicht seine Schuld daß es ihm so unglücklich ergangen ist. 0 „Ich selbst habe natürlich wegen mei¬ ner Krankheit und weil ich so viel später auf dem Platze war, als die anderen auch nicht so viel verdient, wie sonst,“ hob Fritz trübe wieder an. „Und nun muß ich in acht Tagen eintreten — von uns beiden und von unseren Aussichten will ich noch gar nicht einmal sprechen, aber wegen meiner alten Eltern bin ich in schwerer Sorge. Wie werden sie sich durchschlagen, wenn ich nun drei Jahre lang nicht für sie arbeiten kann? „Der liebe Gott wird sie nicht ver¬ lassen!“ sagte Dore einfach. „Und für den Notfall —denk daran, Fritz, daß ich noch das Kapital von hundert Talern habe, meiner seligen Tante Vermächtnis. 7 Stieße den beiden Alten etwas zu „Nein, Dore, fiel er rasch ein, „das Geld gehört dir und du sollst es behal¬ ten. Da wäre sie aber fast böse geworden. „Deine Eltern, Fritz, sind auch die meinigen. Da ist gar keine Frage, kämen sie irgendwie in Not, oder auch nur Ver¬ legenheit, so gehörte das Geld ihnen. Wir können ja doch noch nicht heiraten,“ setzte sie mit ihrem guten, freundlichen Lächeln hinzu,“ „was soll denn das Kapital un¬ genützt liegen bleiben? Er drückte ihr still die Hand, und da¬ mit war für beide die Sache abgemacht. Während der acht Tage, die Fritz noch bei den Eltern zubrachte, ließ er es seine eifrige Sorge sein, das Haus und seine Umgebung in ordentlichen Stand zu setzen und alles so herzurichten, daß wenigstens für die nächste Zeit eine rüstige Arbeitskraft entbehrt werden konnte. Die beiden Alten lebten förmlich wieder aus im Anblick des Sohnes und dieser tat, was er nur irgend konnte und wußte, um sie zu erfreuen und ihre Zuversicht, daß sich alles zum besten schicken und fügen werde, zu stärken. Nur zu schnell kam der letzte Tag, den Fritz daheim verleben konnte, herbei. Es war ein Sonn¬ tag und das Dorf wie ausgestorben. Was sich nur irgend freimachen konnte, war nach der etwa eine Stunde entfernten größeren Ortschaft gezogen, um die Freu¬ den einer Kirmes, die dort gefeiert ward zu genießen. Auch der Vetter, bei wel¬ chem Dore lebte, hatte schon bald nach dem Mittagessen die Ackerpferde vor den alten, bereits gebrechlichen Korbwagen spannen lassen und war fortgefahren nachdem Dore seine Aufforderung, ihn zu begleiten, dankend abgelehnt. So saßen denn die beiden jungen Leute ganz still und ungestört bei einander und be¬ sprachen zum hundertstenmale ihre Aus¬ sichten und Pläne für die Zukunft. Mit¬ ten im Gespräch unterbrach Fritz auf einmal und blickte scharf durch die klei¬ nen, sauber geputzten Fensterscheiben. „Ist —. das nicht Tonjes?“ fragte er, auf eine entfernte Gestalt deutend, welche halb durch einen über den Weg hängenden Fliederstrauch verdeckt war. „Es scheint mir auch so,“ versetzte Dore, „aber weshalb sagst du das so, als wenn du verwundert oder aufgebracht wärest?“ „Jawohl, er ist's!“ bestätigte Fritz, der immer noch nach jener Stelle hinsah.

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