Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

Alle Rechte vorbehalten. Der Kelch des Beidens. Zeitbild aus Stadt Steprs Vorzeit von Heinrich Kematmüller. I. Haue gestützt, zu dieser hinüber, „hab's a auch nicht bös vermeint, wollt nur Her heiße Julitag neigte sich seinem diese Arbeit da fertig haben heut, morgen □ Ende zu und die auf den Feldern muß ich ins Heuen nachmittags und regnet längs der Straße von Steyr nach Garsten es heut Nacht, gibt's bis morgen abends arbeitenden Menschen machten Feierabend. hier mehr Unkraut, als im Herbst Kohl Der eine legte die Sense weg und trocknete und Kraut! sich die nasse Stirn, ein anderer steckte „Ja, wahr is eh“ meinte die Frau bedächtig den Wetzstein ein, nachdem er im Herübergehen auf die Straße und ihn vorher noch sorgsam geprüft hatte, blieb da stehen, „mach halt, daß du noch ob derselbe nicht etwa schartig geworden, ertig wirst, bevor das Gilgentor!) ge¬ und von der Seite, wo drunten die Enns sperrt wird — so koch halt ich. schon etwas Kühle heraufsandte, rief ein Sie nickte ganz leicht ihrer Tochter Weib zu einem Mädchen herüber, das zu, die sich sogleich wieder an die Arbeit in einem Kohl= und Krautfeld Unkraut machte. Nicht lange darauf kam, vom jätete: Gilgentor her, leise ein Liedchen vor „Mach Feierabend, Gundel, und schau, sich hin pfeifend, ein junger Bursch daß du heimkommst, Essen kochen für den so um ein paar Jährchen älter als das Vater! am Felde arbeitende Mädchen. Die Tracht Das Mädchen, ein hübsches, sonnver¬ seiner Kleidung zeigte den Leibknappen branntes Ding, dem der Schalk aus den eines sehr hohen Herrn an, und wenn braunen Augen lachte, um deren Mund¬ dieselbe auch nicht reich ausgestattet und winkel aber auch Mut und Entschlossen¬ besonders verziert war, verriet sie viel heit zuckten, hob den Kopf, sah über die guten Geschmack und die Farben des steinige Straße hinüber und erwiderte, Wamses, das grün im Grundton und nicht gerade sehr freundlich im Ton: weiß in den Litzen auf Brust und Nacken „Wird nicht eben sehr darauf passen und in den Pludern der Aermel gewebt auf unser Essen, der Herr Vater, so mein war, und das eingestickte Wappen auf der ich! Hat wohl beim „Hirschen oder wo Brust deuteten darauf hin, daß der Mann ein gut Vesperbrot sich zugelegt und kann im Dienste des Klosters Garsten als noch ein halb Stündlein sich gedulden, Knappe sich befand, wie solche das Kloster da wär ich dann fertig da im Acker! deren mehr als zwölf derzeit besaß, zum Geht dich halt nichts an, was der Schutze und zur Wehr gegen beutelustige Vater vespert“, meinte die Frau drüben Nachbarn. mürrisch und zog einen Spenser an, der Um das Pfeifen schien es ihm nicht wohl deshalb aus so grobem Stoff ge¬ gar ernst zu sein, denn er unterbrach oft macht zu sein schien, um die Sonnen¬ dasselbe, und wie er so hastig fürbaß strahlen nicht durchzulassen auf die Haut, chritt, lugte er links und rechts abseits „könntest dir so vorlaute Reden auch er¬ der Straße in die Felder hinein, als sparen. suche er etwas. Dieses „Etwas“ schien „Aber Mutter“, sagte das Mädchen begütigend und sah, auf den Stiel der 1) Bei der Pfarrkirche gelegen. 7*

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