Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

90 die zumeist aus Holz erbaute Stadt Aalesund in Norwegen fast gänzlich. Der Brand war um ½3 Uhr nachts in der Fabrik der Aalesund¬ Preservering=Company ausgebrochen und ver¬ breitete sich bei orkanartigem Sturm mit rasen¬ der Schnelligkeit über die ganze Stadt. Zwölf¬ taufend Einwohner, die im wahrsten Sinne ge¬ rade das „nackte“ Leben gerettet, waren ohne Obdach. Der Schaden belief sich auf 20 Millionen Kronen; auch einige Menschenleben waren zu be¬ klagen. Am 17. August 1903 verschied in Berlin der berühmte norwegische Landschaftsmaler Hans Gude im 78. Lebensjahre. Er war in Christia¬ nia geboren, absolvierte an der Düsseldorfer Aka¬ demie unter Schirmers Leitung seine Studien. 1850 kehrte er nach zweijährigem Aufenthalte in der Heimat nach Düsseldorf zurück; dort wirkte er vier Jahre später als Professor der Aka¬ demie und dann im Jahre 1864 an der Kunst¬ chule zu Karlsruhe. Im Frühjahr 1880 über¬ siedelte er nach Berlin, wo er das akademische Meisteratelier für Landschaftsmalerei übernahm. Seine Bilder, deren Stoffe er zumeist der nor¬ wegischen Heimat entnahm, zeichneten sich durch große Natürlichkeit und Klarheit der Motive, wohlstudierte Zeichnung und eine durch kräftige Technik unterstützte harmonische Gesamtwirkung aus. Seine Spezialität waren Strandbilder, welchen eine eigentümliche Beleuchtung durch die hinter einer Wolkenschichte verdeckte Sonne einen fesselnden Reiz verleiht. Am 15. November 1903 beging König Christian IX. von Dänemark — ge¬ boren 8. April 1818 — sein vierzigjähriges Re¬ gierungsjubiläum. Während der Herrschaft dieses, am 15. November 1863 zur Regierung gjelangten Königs hat Dänemark auf allen Ge¬ bieten des geistigen und materiellen Schaffens einen bedeutenden Aufschwung genommen. Das in Reykjavik, der Hauptstadt der zu Dänemark gehörigen Insel Island, tagende Althing nahm im Juli 1903 einstimmig und endgiltig die Regierungsvorlage betreffend die Abänderung des Verfassungsgesetzes an, wonach ein besonderer, in Reykjavik wohnhafter Minister die Regierung Islands übernehmen soll. Diese Verfassung trat nach erlangter königlicher Sanktion am 1. Februar 1904 in Kraft, und wurde tags vorher zum ersten eingeborenen, in Reykjavik residierenden Minister für Island der zugleich Mitglied des dänischen Ministeriums ist — der Stadthauptmann von Isafjördr, Hannes Hafstein, ernannt und gleichzeitig der Justizminister Alberti seiner Funktionen als Minister für Island enthoben. Am 28. Juni 1904 scheiterte an einer der am wenigsten befahrenen Stellen des atlantischen Ozeans, an den Klippen von Rackall=Riff, 200 Meilen westlich von den Hebriden=Inseln, der dänische Auswandererdampfer „Norge“ Kapitän Gondell — auf der Fahrt nach New¬ York. Die „Norge“ hatte 80 Matrosen und Schiffsoffiziere, sowie 685 Passagiere, durchwegs schwedischer (63), norwegischer (296), dänischer (79), finnischer (15) und russischer (232) Ab¬ kunft, an Bord. Die Katastrophe, die durch den Anprall des Schiffes an die Felsenbänke um ½8 Uhr morgens verursacht worden war, voll¬ zog sich so rasch, daß der größte Teil der Passa¬ giere des sinkenden Schiffes, welche während des Schlafes vom Unheil überrascht wurden, den Tod in den Wellen fand. Beim Kampf um die Rettungsboote spielten sich entsetzliche Szenen ab; viele der Passagiere, besonders Frauen und Kin¬ der, wurden zu Tode getreten oder über die Bordwand gedrängt. Nur 128 Personen, dar¬ unter Kapitän Gondell, konnten gerettet wer¬ den, die übrigen 637 wurden eine Beute des Todes. Schweiz. die vereinigte Am 17. Dezember 1903 wählte schweizerische Bundesversammlung zum Bun¬ despräsidenten für 1904 den früheren Neuenburger Staatsrat und vor 3 Jahren in den Bundesrat getretenen radikalen Parteiangehöri¬ gen Robert Comtesse. Am 4. Juli 1903 begann in Aargau die Zen¬ tenarfeier des Kantons Aargau zur Erinnerung an den Anschluß der ehemaligen österreichischen Gebiete an die Schweiz. Am 25. März 1904 wurde dem Bundesrate vom eidgenössischen Justizdepartement der Ent¬ wurf eines einheitlichen schweizerischen Zivil¬ gesetzbuches vorgelegt. Am 8. April 1904 nahm der Ständerat ein¬ stimmig ein Gesetz an, nach welchem die Ver¬ herrlichung von Verbrechen der anarchistischen Propaganda mit Gefängnis bestraft wird. Am 1. November 1903 fand in Champel die Einweihung des von einem protestantischen

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