Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

14 er befürchtete, man merke es ihm an woher er komme! Drum war es ihm sehr erwünscht, daß bald die Spätherbstnacht hereinbrach, als er dem Schindlhof schon sehr nahe war, an dem die Straße vorbei zu seinem Besitztum führte. Auch drängte es ihn, die Jungbäuerin Kathi aufzu¬ suchen und ihr zuerst die Mitteilung zu machen, daß er von der furchtbaren An¬ klage eines Mordes freigesprochen wor¬ den sei! Gerade ihr gegenüber, mit der er sein Leben verbunden, fühlte er sich verpflichtet, den Flecken als getilgt zu erklären, der so lange auf dem ehr¬ lichen Namen gelastet, den ihm seine ehrenhaften Vorväter hinterlassen hat¬ ten! In seinem dumpfen Gefängnis war er auch zu dem festen Entschluß gekom¬ men, endlich einmal seine langjährige Braut Kathi zum Altar zu führen; er fühlte, daß er ihr diese Genugtuung schon längst schuldig gewesen sei, und so ging er denn in dem sein Herz beseligen¬ den Gefühle erkannter Pflicht und red¬ seligen Willens munterer denn zuvor dahin!... Gerade jetzt kreuzten sich zwei Pfade. Der linke führte ans Ufer der Schwarzach, dem Schauplatz jenes ein¬ stigen nächtlichen, blutigen Kampfes der Schmuggler mit den Grenzwächtern... Nein, da wollte Martl nimmer hin, aber seines getreuen Hofhundes, des Sultans, der ihm in jener Nacht abhanden gekom¬ men, gedachte er wieder lebhaft: Wo — mochte der zuverlässige Hofwächter und Begleiter hingekommen sein! Vielleicht hatte sich der Hund verlaufen, oder war auch er ein Opfer jenes verunglückten „Pasches“ geworden? . . . . Seltsam, daß ihn, als er jetzt den nächsten Steig zum Schindlhof eingeschlagen, eine so unbegreifliche Angst befiel, und fort¬ während eine innere Stimme, wie war¬ nend, ihm in die Ohren klang: „Geh' heute nicht zur Kathi! Geh' nach Hause!“ ... . „Aber ich muß zuerst zu ihr, ich hab' mir's einmal vorgenom¬ men, denn sie muß zuerst von allen die Kunde meiner Freilassung, und zwar von mir selber vernehmen! Ganz nahe dem Schindlhofe kam ihm plötzlich eine Dirne mit einem großen schwarzen Zottelhunde entgegen. Während noch der Hirschhofer stutzend stillstand, gab das Tier Laut und sprang freudig bellend auf den nächtlichen Wanderer zu. Sofort erkannte der Bauer seinen „Sultl“ und tat ihm hocherfreut „schön“! Auch das Mädchen war jetzt zu ihm herangekommen und sagte zu ihm, sie sei eine Stalldirne des Schindlhofes, und daß vor einiger Zeit der große, schwarze Hand gänzlich abgemagert und mit einem zerrissenen Strick um den Hals zur Jungbäuerin ins Anwesen gekommen sei! „Sofort“ fuhr die Magd in ihrer Erzählung fort, „hat die Schindlhoferin den Hund mit seinem Namen gerufen und hat ihn nimmer von sich gelassen. Er ist auch gar gern bei ihr geblieben! entgegnete nachdenkend „So, so!“ Martl, und fragte dann die Viehmagd, warum sie heut' noch so spät auf der Landstraße wäre? „Mein', d' Ahnl (Großmutter) ist so viel schlecht 'worden und muß heut' Nacht no versehg'n wer'n“ (mit den hl. Sterbe¬ akramenten versehen werden). „Was für a Ahnl?“ fragte aufmerksam geworden der Bauer. „No, der Jungbäuerin die ihrige; 's ist schon etli Monat auf 'n Hof bei ihr!" „So, so, der Kathi ihr Ahnl,“ wieder¬ holte der Hirschhofer. „Wie geht's nacha 7 der Bäuerin seit „Seit s’ di eing’spirrt hab'n, moanst wohl, Hirschhofer?“ fiel ihm die Magd in die Rede. „Jal „Mein', wie allweil, netta, daß a ande¬ rer fensterln kimmt!“ 27 „Was „Jal“. „Wer denn nacha?!“ „Mein' hast halt d’ Jungbäuerin lang¬ mächti hing’halten mit'm Hochzeiten, nacha, hab'n s’ di furt und g’hoaßen hat's überall, der Martl kemmat nimmer z’ruck von der Frohnfest z' Amberg zu uns in'n Wald!“

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