Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

des Oesterreichischen Museums. Im Jahre 1862 zum Supplenten des Prof. van der Nüll an der Akademie der bildenden Künste ernannt wurde Storck nach dem Tode dieses Meisters und Siccardsburg's mit der Vollendung des Ausbaues der Wiener Hofoper betraut. Mittler weile hatte die Lebensarbeit Eitelberger's die auf die Wiedererweckung des Kunstgewerbes in Oesterreich gerichtet war, ihren größten greif¬ baren Erfolg in der Gründung der Kunst gewerbeschule erzielt, an welche Storck (1868 als Professor für Architektur berufen wurde. Hier entfaltete der Künstler eine außerordentlich umfassende Thätigkeit. Nach seinen Entwürfen wurden zahllose künstlerische Objecte in aller Materialien ausgeführt. Seine bedeutendste That bleibt aber die Ausgestaltung des Spitzencurses für die in dem seine Entwürfe richtunggebend gesammte Stilbildung geworden sind. Die Spitzen der Kunstgewerbeschule, deren Direction Storck einen Weltruf erlangt dann übernahm, haben Als die eigenthümliche Art, mit welcher der Ende der Neunzigerjahre neuernannte Leiter des österreichischen Museums für Kunst und Industrie Scala, seine Vorliebe für den so¬ Hofrath v. genannten englischen Stil, eine importirte nüchterne Abart der „Moderne“ im Museum und in der damit verbundenen Kunstgewerbe schule zu dominirender Geltung zu bringen unternahm, zu einer Palastrevolution im Museum führte, gab im December 1898 auch Storck seine Demission als Director der Kunstgewerbe¬ schule. Als echtem Künstler fiel es ihm eber schwer, seine Kunstanschauungen den Dictaten der „Moderne“ zu unterwerfen deren Walten in der Kunstgewerbeschule seither schon so manches Am — schöne Talent zugrunde gerichtet hat. 15. April 1902 erschoß sich zu Wien die hervor¬ ragende dramatische Schriftstellerin Frau Antonie Baumberg, verehel. Kreimel. Wirthschaftlich Verhältnisse und getäuschte schriftstellerische Hoff¬ nungen haben ihr die Todeswaffe in die Hand gedrückt. Sie war in Baumgarienberg, einem stillen oberösterreichischen Dörfchen als Kind eines wohlhabenden Landgutbesitzers geboren Ihr hervorragendstes Werk war das am Jubi¬ läums=Stadttheater mit großem Erfolge auf¬ —Am geführte Schauspiel „Liebesheirat“ 26. Mai 1902 verschied in Wien der am 8. No¬ vember 1825 in Michelob bei Saaz geborene Anton Freiherr v. Banhans. Im Jahre 186 von den Städten Saaz, Brüx, Bilin 2c. in den böhmischen Landtag und von diesem 1867 in den Reichsrath gewählt, schloß sich Banhan¬ der deutsch=liberalen Partei an. Im zweiten Bürgerministerium Hasner 1870 fungirte er kurze Zeit als Ackerbauminister. Auch einer Be rufung in das Cabinet Potocki leistete er Folge. Vom 25. November 1871 bis zum 20. Mai 1875 war Dr. Banhans Handelsminister im Cabinet des Fürsten Adolf Auersperg. 79 Am 14. September 1901 veröffentlichte das Amtsblatt ein königliches Einberufungsschreiben, durch welches die Eröffnung des neuzuwählenden Reichstages auf den 24. October 1901 festgesetzt wurde, während ein gleichzeitig erschienener Ministerialerlaß die Neuwahlen für die Zeit vom 2. bis incl. 41. October anordnete. Diese Wahlen ergaben, wie vorauszusehen war, eine ansehnliche Majorität für die Regierungspartei Die erste Sitzung des neugewählten Abgeord¬ netenhauses fand am 26. October 1901 statt. Zum Präsidenten des Hauses wurde am 31. October Graf Albert Apponyi gewählt — Am 5. März 1902 veröffentlichte das Amtsblatt die auf eigenes Ansuchen erfolgte Enthebung des Handels¬ ministers Alexander Hegedüs und die Ernen¬ nung des Abgeordneten Ferdinand Horanszky zu seinem Nachfolger; als dann Letzterer am 19. April 1902 nach kurzem Leiden einer tücki¬ schen Krankheit erlag, wurde der Abgeordnete und Universitätsprofessor Dr. Ludwig Lang an Spitze des Handelsministeriums berufen. die In der Nacht vom 30. auf den 34. Juli 1901 erlag Desider v. Szilagyi, einer der größten Staatsmänner Ungarns, einem Schlaganfalle Szilagyi war einer der unerschrockensten und Libe¬ unabhängigsten Vertreter des ungarischen sein Sein außerordentliches Wissen ralismus. Geist weite Horizonte umfassender mächtiger, zurück¬ eine energische, vor keinem Hindernisse schreckende Willenskraft und dazu die sieghafte Kraft einer Beredtsamkeit, die immer auch der Ausdruck felsenfester Ueberzeugungstreue war das Alles stempelte Szilagyi zu einem der Ersten seiner Nation. Desider Szilagyi leistete und schu des Großes als Minister, wie als Präsident ungarischen Abgeordnetenhauses und ebenso als einer der Führer der calvinischen Kirche Ungarns. Defider Szilagyi war der eigentliche Urheber und Durchkämpfer der kirchenpolitischen Reform Ungarns. Szilagyi war am 1. April 1840 in Großwardein geboren. Im Herbste 1871 wurde er zum Reichstagsabgeordneten gewählt; im Jahre 1874 wurde Szilagyi Professor des Strafrechtes und der Politik an der Pester Universität; 1889 trat er als Justizminister in das Cabinet Tisza ein. In späterer Zeit war er auch Mit¬ glied der Cabinette Szapary und Wekerle. Als das Cabinet Wekerle=Szilagyi seinen Sieg im kirchenpolitischen Kampfe mit seinem Sturze be¬ zahlen mußte, wurde Szilagyi zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses gewählt, zu welcher Würde er 1896 neuerdings berufen wurde und welche er erst niederlegte, als die Obstruction in den letzten Tagen des Ministeriums Bauffy Am 11. Sep¬ hren Höhepunkt erreicht hatte. — tember 1904 starb zu Budapest der im Jahre 1846 in Wien geborene, ehemalige Staats¬ secretär und Reichstagsabgeordnete Dr. August sich Pulszky. Im Jahre 1872 habilitirte Pulszky als Privatdocent an der Budapester Universität, 1875 erfolgte seine Ernennung zum

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2