Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1900

besprochene Pfingstvogel, der seit urdenk¬ licher Zeit alljährlich in der Pfingstnacht erscheint, zur Freude Aller, die noch an schönen, alten Volksgebräuchen hängen Es waren etwa vierzig junge Burschen von denen einige sangen, während andere die Mundharmonika bliesen oder auch emporjauchzten zu den dunklen Berg¬ wäldern. Die Mehrzahl der Burschen aber war in lebhaftem Gespräch, oder vielmehr in Streit miteinander begriffen Der Gegenstand desselben schien jene mäch tige Rückenkirm aus Bastgeflecht, welche auf dem Rasen stand, zu sein, denn eber sprach einer in ärgerlichem Tone: „Der Lohbauersepp soll sich um d’ Kirm annehmen. Er is ja ferd auch der Maier g’wes'n.“ „Eben weil i's ferd schon g’wes'n bin, mag i's heuer nimmer sein,“ war die trotzige Erwiderung. „Glaubt's etwa i laß mich alle Jahr hoaß und kalt der¬ schütt'n und noch dazu von die alt'n Weiber?“ „Wenn i net der Vorsinger wär' machet i selber den Maier,“ sagte ein Dritter. „Mir ging's auf hoaß und kalt net z'samm, denn so eberli*) bin i net Und wenn's net bald einig werd't's, dann steh'n wir um zwölfe bei der Nacht noch da, derweil uns der Stoa'berger¬ Pfingstvogl oder ein anderer alle Dörfer absingt. „Wenn Ihr kein' Maier habt, Buam dann mach' Enk'ni!“ ließ sich plötzlich eine tiefe Stimme in nächster Nähe vernehmen. Alle Burschen wandten sich nach ihr hin und erblickten zu ihrem Erstaunen einer fremden Mann, den sie nie vorher ge¬ sehen zu haben meinten. „Wie kimmst denn Du daher und was bist denn für Oaner?“ fragte der welcher sich den Vorsinger genannt. „Das habt's mich vorderhand net z'frag'n,“ war die Antwort. „J mach Enk den Maier, seid z'fried'n damit. Er faßte die Kirm und hing sich dieselbe auf den Rücken. Die Burschen waren *) Empfindlich. 19 noch unentschlossen, ob sie den zudring¬ lichen Fremden, dessen Aussehen das eines Städters war fortschicken sollten oder nicht. Schließlich einigten sie sich dahin, daß sie ihn zwar gewähren lassen, dafür aber auch zwingen wollten, ihnen später, wenn im Dorfwirthshause der Lohn des Pfingstvogels vertrunken wurde, Herkunft, Stand und Namen kund zu thun. In geordneter Reihe, den Vorsänger an der Spitze, zogen sie in das Dorf, um vor dem ersten Hause sogleich Halt zu machen. Und nun begann der Pfingst¬ gesang, von dem Vorsinger allein an¬ gestimmt: „Wir reisen daher vom Abendstern Wohl in der heiligen Pfingstnacht.“ Dann fiel der Chor ein: „Z'Abends schlaft's net, z'Abends wehr', Reisen wir daher.“ „Wir reisen über a grüne Wies' Begegnet uns unser Herr Jesu Christ.“ „Z'Abends schlaft's net, z'Abends wehr Reisen wir daher.“ „Wir reisen über a grüne Au Begegnet uns unser' liabe Frau. „Z'Abends schlaft's net, z'Abends wehr', Reisen wir daher.“ Nach diesen und noch einigen Ein¬ eitungsstrophen wurde das Lobdes Bauernstandes gesungen, so wiees haupt¬ sächlich in Folgendem enthaltenist: „Wir loben Fürst und Kaiserssohn, Der Bauer ist der erste Mann. „Z'Abends schlaft's net 2c.“ „Der Bauer baut an süß'n Kern, Ist 'n Kinö und Kaiser gern. „Z Abends schlaft's net 2c.“ Vom Lob ging das Singen inschalt¬ haften Spott über, denn der Pfingst¬ vogel heißt ja zugleich auch der er¬ „Was vogel“, der gerne naß haben will Im Hause war aber noch Alles still. „Wir san noch bresltrucka, Als wie an Ofaglucka. „Z'Abends schlaft's net 2c.“ „Der Bauer hat a faule Dirn. Weil wir noch koa' Wasser g’spür'n.“ „Z'Abends schlaft's net 2c. „Der Bauer hat an hohen Schrot*) Und a große Wassernoth.“ „Z'Abends schlast's net 2c.“ *) Altan. 2*

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2