Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1900

die Rosel und der Jörg, und der Kurt beeilte sich, das zu thun. „Frag' ihn, ob es wahr ist, daß er hundert Goldstücke für die Befreiung des Flädarn gefordert habe“, gebot der Pür¬ chinger dann „Nein“, antwortete der Rottenführer mit trotzigem Blick auf die Rosel, „aber ich gesteh' es zu, auf das Zeichen zehn habe ich mit dem Zeichen hundert ge¬ antwortet!“ „Himmel alle Welt“, schrie der Pür¬ chinger und wurde dunkelroth vor Zorn, „sag' ihmdaß es doch gar himmel¬ schreiend frech ist, die Jungfer da zu verklagen, daß sie ihn hab' bestechen vollen! Zehn Goldstücke waren ihm also zu wenig, aber für hundert Goldfüchse hätt' er den Stadt Steyrer entwischen lassen —ist es so? Der Kurt übersetzte das dem Rotten¬ führer. Der that aber gar nicht zerknirscht er zuckte mit keiner Wimper, als er daraus dem Kurt erwiderte „Was sagt er?“ fragte der Pürchinger und sah erstaunt den Kurt an, über dessen Gesicht es jetzt gewaltig zuckte und der in die beste Laune versetzt zu sein schien „Er sagt der edle Herr irrt, es ist keineswegs so, wie meine Rosel sagt“ übersetzte der Kurt, sich zum Ernstsein zwingend. „Die Rosel wollte ihn mit zehn Goldstücken bestechen, das verstand er ganz gut, er sei aber ein ehrlicher Mann und zeigte dem entgegen die Zahl hun¬ dert hin, d. h. dass er selbst um hundert Goldstücke unbestechlich sei! Dumm von der Rosel sei es, daß sie seine Antwort nicht verstanden habe hätt' er wohl bei Euch, edler Herr, die Sach' vermeldet, wenn sie nicht so so ei, wie er jetzt eben sagte? Als der Kurt schwieg, sah der Pür¬ chinger bald ihn und dann wieder den Rottenführer an mit einem Ausdruck in seinem Gesichte, als vermuthe er einer von den Zweien höhne ihn, schnell aber begriff er des Rottenführers Schlauheit und diese gefiel ihm derart, daß er alle Mühe hatte, seinen Ernst zu bewahren, 107 denn das Lachen wollte ihm mit Gewalt aus der Kehle, zumal die Rosel ein gar so verdutztes Gesichtchen schnitt und der Jörg den Rottenführer anstarrte, als sähe er einen Geist am hellen Tage. Der Pürchinger ergötzte sich ein Weilchen baß an dem sonderbaren Geberdenspiel der so vor ihm Stehenden, dann befahl er, ruhig als er nur scheinen konnte, dem Kurt: „Sag' dem Rottenführer, ich könnt ihm's Gegentheil von dem, was er be¬ hauptet, nit beweisen, hätt' auch nit Lust dazu, dieweil es mich gar sehr freut, so aufgeweckte Leut' zu haben, wie er! So ihm aber sein Hals lieb ist und werth mög' er sich in Hinkunft in keine so seltsam' Zeichensprache mehr einlassen, denn es ist so, wie die Jungfer vorhin sagte: Jedes Ding — hat zwei Seiten und damit hollah Als der Rottenführer diese Worte des Pürchinger vernommen hatte, blieb sein Gesicht unbeweglich wie zuvor, aber er beeilte sich, dem Pürchinger aus den Augen zu kommen, und war bald, gedeckt durch das Gebüsch, den ihm folgenden Blicken entschwunden. Der Pürchinger aber, der seine ganze Ruhe wiedergefunden hatte, wandte sich zur Rosel und es klang trotz des Tadels, den seine Worte ent¬ hielten, doch wie Wohlwollen und Ge¬ neigtheit aus seiner Stimme, als er jetzt sagte: „Die Jungfer hat nit recht daran gethan, in meinen Streit mit der Stadt Steyr aus purer Liebespein sich ein zumengen, und auch nit recht daran die Ehrlichkeit meiner Leut' so eigenartigauf sei's die Prob’ zu stellen! Ihrer Jugend verziehen! Aber die zehn Goldgulden, die sie so willig war, zu geben, um meine Pläne zu durchkreuzen, sind mir verfallen, das sei ihre Straf'! Und daß die drei gefangenen Stadt Steyrer aus ihrer ge¬ fährlichen Näh' kommen, St. Georg dafür will ich schon sorgen!“ Er erhob sich, nickte den Dreien einen leichten Gruß zu und eilte rasch, als ob es ihn fast gereute, diesmal so mild im

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