Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1897

20 Da ging ein beifällig Murmeln durch die Bauernschaar und der Schulze reichte dem Junker die Hand über den Leib des Gefällten herüber: „Das war ein wahres Wort und macht Manches gut, was Ihr gethan! Aber nun lasset uns für den Wunden sorgen: mein Haus steht ihm offen!" Da verbanden sie Engelbrecht's Wunden, doch widerstand der Junker, ihn bei_ den Bauern in Pflege zu lassen. „Schaffet eine Bahre herbei, daß wir ihn in's Schloß tragen!" und sie thaten nach seinem Begehr. Er aber ritt voraus, Clarissa die schlimme Botschaft zu bringen. Die junge Burgherrin saß ahnungslos in ihrem Saal; da flog die Thüre auf und Hermann stürzte herein, blaß die Wangen, wirr das Haar, verstört die Mienen. Erschreckt fuhr sie empor. „Was ist geschehen?" Er warf sich in einen Stuhl und schlug die Hände vor's Gesicht. „Das Schlimmste, was geschehen konnte!" und er berichtete das ganze traurige Ge- schehniß. Aufzuckend vernahm. Clarissa die Schreckensbotschaft, aber kein Wort verrieth den qualvollen Aufruhr ihres Inneren. Wie erstarrt sah sie eine Weile vor sich nieder. Dann erhob sie sich und schritt an Hermann vorbei, als sei er nicht vorhanden, hinauf nach des Vogtes Thurmgemach, Anordnungen zu treffen für den Empfang des Verletzten. Und äußerlich kalt und starr auch zeigte sie sich, da sie den Todtwunden nachher brachten. Mit Umsicht und Ruhe ordnete sie Alles, was zu seiuer Pflege nöthig war; dann wies sie Alle aus dem Gelaß und hielt allein Wache an seinem Siechbett. Tage vergingen so; Niemand bekam sie zu sehen, als die Kammermagd, die ihr das Nöthige herzutrug. Auch ihr Vetter Hermann, der sie öfter zu sprechen begehrt hatte, ward abgewiesen. Engelbrecht lag noch immer ohne Bewußtsein, wennschon sich die Wunden allmälig zu schließen begannen; die Erschütterung, die der heftige Schlag verursacht uud der große Blutverlust hatten ihn so niedergeworfen. Aber endlich kam doch die Stunde, da er, wie aus einem Traum erwachend, die Augen wieder aufschlug und verwundert um sich uud vorzüglich auf Clarissa blickte. Was war mit ihm vorgegangen; aber noch bevor er fragen konnte, hatte Clarissa sich über ihn gebeugt: „Lieber, lieber Engelbrecht!" Es klang in einem Tone, wie er ihn nie von ihr vernommen. Eine ahnungsvoll bängliche Wonne zitterte durch seine Seele. Und dann streichelte sie seine blasse Wange: „Haltet Euch nur still, ganz still, damit Ihr bald wieder gesund werdet und an die frische Luft, in den Sonnenschein hinauskönnet!" Und da er plaudern wollte, legte sie ihm den Finger auf den Mund: „Nein, nein, jetzt nicht, später wollen wir Alles einbrinqen, Alles!" So schwanden wieder etliche Tage. Da, eines Morgens ließ Clarissa den Junker in ihre Kemenate bescheiden. „Engelbrecht ist genesen, und es ist Dein Glück so; wäre er's nicht, ich hätte Dich verfluchen müssen für alle Zeit. Deine Angelegenheit mit den Leißlingern werde ich ordnen. Du kannst ruhig zum Vater zurückkehren. Eines nur magst Du ihm sagen, daß er auf mich keine weitere Hoffnung bauen soll. Sein dankbar Kind werd' ich ja immerdar bleiben, aber die Würde der Landgrafentochter hab' ich von mir geworfen in den Stunden der Erkenntniß, da ich an Engelbrecht's Lager gesessen. Bei ihm will ich bleiben, wenn er mich nicht von sich stoßen wird, und ich meine, daß ich solches von ihm nicht zu befürchten habe." Hermann stand sprachlos, sie aber lächelte: „Es kam Dir wohl unerwartet, aber es ist mir darum nicht minder ernst!" Dann rief sie Engelbrecht aus dem Nebengemach: „Ich hoffe, der Herr- Vogt wird mich als seine Frau Vogtiu wohl nicht zurückweisen?" Vor Engelbrecht's Augen drehte sich's wieder, wie damals, da der Sensenschlag ihn so hart getroffen. Aber Clarissa umfing ihn mit beiden Armen: „Küsset mich doch, Herr auf Schönburg, damit ich nicht meine, daß ich noch den Klosterschüler vom Knabenberg vor mir habe; und daß auch mein Vetter dem Vater bezeugen kann, daß wir uns verlobt mit Kuß und Handschlag, wie es gut ehrlich deutsche^ Brauch und Sitte." Es ist ob solchen Geschehnissen wohl noch mancher Schreibebrief vom Landgrafen an seine Tochter gegangen; aber da ihr Wille fest und unbeugsam war, Krtmorriftisches. Aus der Schute. Lehrer: „Denkt Euch, Kinder, hier habe ich acht Eier; nun lege ich noch zwei dazu —Müller, warum lachst Du?" Müller: „Aber, Herr Lehrer, Sie können doch gar keine Eier legen!" Beiugefalken. „Da habe ich nun ein Mädchen geheiratet, das nicht Clavier spielt und eine Mutter hat, die sehr gut kocht, und nun--------" — „Nun — und —?" — „Jetzt kocht meine Frau und die Schwiegermutter spielt den ganzen Tag Clavier!" Sonntagsjägerpech. Förster: „Aber weshalb schössen Sie denn nicht, der Fuchs war ja nur höchstens fünfzehn Schritt von Ihnen entfernt?" Sonntagsjäger: „Ja, wenn er sich stslr umgedreht hätte uud auf der rechten Seite gekommen wäre, im linken Lauf hatte ich nämlich Rehpfosten." Berechtigte Sorge. Der Lindhofbauer: „Alte — i ban Bauchweh — geh', hol' mir an ^iter Wein, — aber nur schnell, sonst vergeht's!" 21 so geschah es nach ihrem Entschluß. Ju treuer Liebe saßeu sie und Engelbrecht bis in ihr spätestes Alter auf der Schönburg und sahen das Wachsen und Gedeihen ihres Geschlechtes bis auf Enkel und Urenkel. Heute ragt die Schönburg still über dem Saalegrund; ein Landmann hält Wein drin feil und ein freundlich wedelnd Hündlein empfängt den einkehrenden Besucher. Nur der hochragende Thurm und die Erker und Söller gemahnen noch an die Zeit, da der Vogt von Schönburg als der Beste galt rings im Land. Aie bekannte Schwester. Soldat (mit seinem Schatz am Arme in einem Wirthschaftsgarten auf seinen Feldwebel stoßend): „Herr Feldwebel, meine Schwester." Feldwebel: „Kenne sie bereits, war auch schon meine Schwester." Aur deu Anfang. A.: „Ihr Sohn studiert schon hübsch lange Medicin. Kann er schon etwas?" B. (stolz): „O ja, ein kleines Kind kann er schon curieren." Gluck muß man haben. Ein Strolch hält in einer einsamen Gasse bei Nacht einen Herrn au und frägt ihn, in der Absicht, ihm die Uhr zu entreißen, wie spät es sei. In demselben Augenblicke schlägt es ein Uhr. Da versetzt der Herr dem Strolch einen Schlag ins Gesicht, daß ihm, wie man so sagt, Hören und Sehen vergeht, und ruft: „Eins hat's geschlagen!" worauf er schleunigst die Flucht ergriff. Der Strolch erholt sich langsam von dem Schlag, den er erhalten. „Na", sagt er, „es war ein Glück, daß ich nicht um zwölf Uhr gefragt habe!"

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