Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

63 Papst Zacharias 742 an Bonifacius, den Sieger, und dem Deutschthum ist die all¬ gemeine Einigung über die Feier des Apostel der Deutschen, einen geharnischten Neujahrsfestes am 1. Januar allein zu Brief, das Neujahrsfest am 1. Januar als heidnischen Brauch abzuschaffen — es hat danken, den die gesammte civilisirte Welt von uns acceptirt hat. nichts genützt, das Germanenthum blieb Gebräuche am grünen Donnerstag. Von Charles Sand. n katholischen Ländern wird an Kaiser nimmt eigenhändig die Schüsseln und trägt sie jedem der Armen vor, mit diesem Tage die Ceremonie des denen er sich ununterbrochen unterhält. Fußwaschens abgehalten, eine 20 1 Nachdem die Alten die Suppe gegessen, uralte Sitte, ein Symbol mensch¬ nimmt der Kaiser und ebenso die Kaiserin licher Demuth, deren Gebrauch schon zu die Schüsseln wieder ab und stellen sie auf Zeiten des heiligen Augustinus üblich war die Bretter, welche die Truchsesse und und später auch von gekrönten Häuptern Edelknaben wieder abtragen, um gleich geübt wurde. In Wien wird diese Ceremonie darauf mit neuen Speisen in derselben noch heute ausgeübt. Schon früh um neun Zahl zu erscheinen. Vier Mal wird dieses Uhr versammeln sich im großen Rittersaale wiederholt, da jedem Armen sechszehn der Hofburg die Großen und Würdenträger Speisen angesetzt werden. Nach Beendigung des Reiches, Militärs und die Garden des des Mahles werden die Tafeln abgetragen Kaisers. Tribünen sind errichtet und mit und die übrig gebliebenen Speisen sammt Zuschauern aller Classen gefüllt, und in dem Geräthe den Armen ins Haus ge¬ der Mitte des Saales stehen zwei lange schickt. Bediente erscheinen und ziehen jedem Tafeln mit Blumen und bequemen Sesseln. der Alten von einem Fuße Schuh und Auf jeder Tafel ist für zwölf Personen Strumpf ab; ein Priester besteigt eine gedeckt. Um zehn Uhr werden zwölf Männer Tribüne und liest eine Stelle aus dem und zwölf Frauen hereingelassen, die sich Evangelium vor, zwei andere hohe Geistliche durch ihr hohes Alter, ihre schneeweißen überreichen dem Kaiser ein goldenes Wasch¬ Häupter und mittelalterlichen Kleider aus¬ becken; der Monarch kniet nieder, wäscht zeichnen. Die Männer lassen sich am Tisch jedem der zwölf Männer den entblößten zur Rechten, die Frauen an dem zur Linken Fuß und trocknet ihn. Auf der anderen nieder. Ist dies geschehen, so klopfen die Seite thut die Kaiserin dasselbe, doch nur Kämmerer dreimal mit ihrem Stab auf den bei einer der Greisinnen, da jede der Boden. Die Garden ziehen die Schwerter, Damen ihres Gefolges denselben Act der allgemeine Stille, alle Blicke richten sich nach Demuth bei einer der Frauen vollführt. dem Eingange. Der Kaiser erscheint, um¬ Nachdem diese Ceremonie beendet ist, binden geben von den Erzherzogen, Prinzen und die höchsten Herrschaften einem jeden der Marschällen, die Kaiserin mit einem Ge¬ Alten einen Beutel mit dreißig Silber¬ folge von zwölf fürstlichen Damen. Der münzen um den Hals, worauf sie freund¬ Kaiser stellt sich an die Tafel der Greise, lich grüßend den Saal verlassen. die Kaiserin an die der Frauen, beide In Rom vollzieht der Papst an zwölf sprechen einige Worte mit jedem der Armen. Armen dieselbe Ceremonie. Auch hier Dann erscheinen die Truchsesse und Edel¬ werden die als Apostel gekleideten Männer knaben mit Speisen, die sie je zu vier gespeist und beschenkt. Vor der Ceremonie Schüsseln auf einem Brette tragen; der

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