Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

Tage später am Fenster des Erdgeschosses seiner Anstalt in Melide und sah träumerisch über den blauen See hinüber nach dem schroffen Felsengrate des Monte Generoso. Ueber den Garten her, in dem hellleuchtend indische Blüthenbäume ihre Pracht ent¬ falteten, Lorbeerbüsche ihren starken würzigen Duft verbreiteten und Feigen¬ bäume fruchtbeladene Aeste neigten, kan das Geräusch des heranbrausenden und weiterfahrenden Dampfschiffes. Bald danach ging die schwere Eisenthür des Gartens. Wer kam zur Abendstunde noch? Der Doctor sah den langen Laubengang herau eine Frauengestalt schreiten. Ein Zittern überfiel ihn. Comtesse Margot war es, die dort ging. Wohir wollte sie, wen suchte sie? Eine Kranke der Anstalt vielleicht Jetzt schritt das schöne Mädchen über den Hof und fragte den Diener nach dem Doctor. Sie hielt einen wunderbar schöner und kostbaren Blumenstrauß in der Hand und sah, als jetzt ein rother Sonnenstrahl über die Pracht ihres Lockenhaares flog, noch schöner aus, als je. Nun trat sie in das Zimmer des jungen Mannes ein. Zögernd blieb sie in der Thüre stehen, umflossen vom herein¬ strömenden goldigen Abendsonnenglanze. Der Doctor war keines Wortes fähig, sein Herz schlug bis in den Hals hinauf er bebte am ganzen Körper. Humori Durch die Blume. Student (zu seiner Nachbarin): „Ich erlaube mir, Ihnen die neunte Blume aufs Specielle zu kommen.“ „Fürchten Sie denn aber nicht für morgen der Blumen Rache?“ Abwarten. „Ich habe sagen hören Fräulein Emma, daß ein Kuß ohne Liebe schmeckt wie ein Ei ohne Salz.“ „Ich weiß nicht. Davon kann ich nicht mitreden. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht ...“ — „Na, na Fräulein Emma! „. .. ein Ei ohne Salz gegessen.“ 55 „Herr Doctor, Sie haben meine Mutter gerettet, Gott segne Sie tausendmal. Ich habe gelernt, was es heißt, die Mutter verlieren, und deshalb —“ ihre Stimme zitterte, „das unartige Kind Margot hat einst die Blumen für Ihre arme Mama zertreten und zerrissen, wollen Sie mit der Margot von heute kommen, und diesen Blumenstrauß auf das Grab der theuren Todten legen? Riccardo stieß einen lauten, wilden, auchzenden Schrei aus. Das schöne Mädchen sah ihn mit einem einzigen, wundersamen Blick an. Eine Unendlichkeit von Liebe verhieß dieser Blick. Da öffnete der Mann die Arme, und das Mädchen hing schluchzend, zitternd, glücklich an seinem Halse und heiße Küsse wurden getauscht. An der Erde lag der Versöhner, der Blumenstrauß. Margot löste sich erglühend aus der engen Umarmung des Geliebten und nahm den Strauß vom Boden auf „Komm', laß' uns gehen!“ sagte sie und sah ihn aus feuchten Augen glückselig an. „Nun hassest Du mich nicht mehr, nein?“ „Verzeih', verzeih', Du Einzige, ich liebe Dich, ich liebe Dich ja so sehr! Und während die Abendsonne die Glück¬ lichen umstrahlte, wiederholte Riccardo unter Küssen immer und immer wieder: „Ich liebe Dich, ich liebe Dich!“ stisches. Lehrerin. „Sie haben Mund mit einem kleinen i geschrieben — Elsa, sind Sie aber eitel! Kindermund. Fritzchen: Du, Papa, wenn dir die Füße einschlafen, machst du da auch Deine Hühneraugen zu? Viel verlangt. An dem Glockenzug eines Strumpfwirkers las man Folgendes: „Wer von meinen Waaren haben will wird höflich gebeten, von Morgens 8 bis 12 Uhr und Nachmittags von 2 bis 6 Uhr zu klingeln.“

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