Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1894

144 145 Nur dem strömenden Gewitterregen und der ausgiebigen Hilfe durch vier Feuerwehren war es zu danken, daß nicht das ganze, größten- theils Strohdächer enthaltende Dorf ein Raub der Flammen wurde. In Steyr fand anläßlich des 80. Geburtstages des Vorsitzenden der Sparcasse-Direction Johann Amort am 13. Juli über Veranlassung der Sparcasse-Direction in Anerkennung des langjährigen, erfolgreichen und uneigennützigen Wirkens desselben bei der Steyrer Sparcasse im Sitzungszimmer der Anstalt unter Theilnahme der Mitglieder des Sparcasse - Ausschusses, der Sparcasse-Direction und der Beamten der Anstalt sowie des k. k. Bezirks- bauptmanneS N. v. Hebenstreit und des landesfürstlichen Commissärs der Sparcasse, k. k. Steuer-Oberinspectors Carl S chmid eine solenne Feier statt. Der hochgeehrte Jubilar, welcher selbst Gründer der Sparcasse ist, functioniert bereits seit der im Jahre 1857 erfolgten Gründung derSpar- casse als Ausschußmitglied, derselbe gehörte außerdeni von den Jahren 1857 bis 1867 der Verwaltungs-Conlrole an und vom Jahre 1868 bis 1884 wirkte er als Director der Sparcasse. Vom Jahre 1885 bis zum Jubeltage ist derselbe als Vorsitzender der Sparcasse-Direction trotz seines hohen Alters unermüdlich thätig. Johann Amort hat somit über 36 Jahre der Sparcasse seine ersprießlichen Dienste gewidmet. Bürgermeister Johann B e r g e r, als Präsident der Sparcasse, eröffnete die Feier, indem er mit warmen Worten die Verdienste des Jubilars schilderte Johann Amort BorMclldcr der Sparcasse-Direction in Stcyr. und demselben sodann die werthvolle Festgabe überreichte. Der k. k. Bezirkshauptmann Ritter v. Heben streit beglückwünschte hierauf den Jubilar und verlas ein sehr schmeichelhaftes Schreiben Sr. Excellenz des Statthalters. Tiefgerührt dankte der Gefeierte und versprach auch fernerhin der Sparcasse seine Kräfte widmen zu wollen. Mit der Unterfertigung eines künstlerisch ausgestatteten Gedenk- blattes schloß die erhebende Feier, der sich ein animirtes Fest-Diner in Feigls Casino an- reihte. Am 13. Juli Abends traf in Stcyr zur Jnspicirung des hier garnisonirenden 3. Feld- jäger-Bataillons Se. Excellenz der Corps-Commandant und Commandirende von Tirol und Oberösterreich Feldmarschall-Lieutenant Joses Reicher in der Stadt ein. Das Resultat dieser Jnspicirung war ein überaus günstiges, nachdem sich Se. Excellenz zu wiederholten Malen über das gute Aussehen der Truppe und über die besonders vorzügliche Ausbildung derselben im Exercieren, Gefechte und Schießen sehr lobend aussprach. Die Bruderschaft aus Liebe des Nächsten „Zum Vogel Viaus" in Steyr feierte am 16. Juli das Jubiläum ihres hundertjährigen Bestandes mit Gottesdienst und nachmittägigem Concert im Casino. Auf einer Ueberländ in Unterdambach wurde am 17. Juli der Besitzer des Stigler- mairhofes Caspar Hilbertrathner beim Fällen eines Kirschbaumes von diesem erschlagen. Das Normal-Verordnungsblatt vom 18.Juli publicierte die Umwandlung der Feldjäger- Bataillone Nr. 3,14,18 und 27 in Feldbataillone des Tiroler Jäger - Regimentes mit 1. Octo- ber 1893. Es wurde daher das in Steyr stationierte 3.Feldjäger-Bataillon, welches im Jahre 1808 errichtet worden war, mit aenanntem Tage in das 13. Tiroler Jäger-Bataillon umgewondelt. Die altrenommirte Siu- zinger' sche Restauration in der Schweizergasse zu Steyr brächte in diesen Tagen d^r St. Pöltner Gastwirth Julius Lechner käuflich an sich. Ein erschütternder Unglücksfall setzte am 21. Juli Steyr in große, schmerzliche Aufregung. Beim Abstieg vom Hochthor im Gesäuse stürzte nämlich an diesem Tage der hiesige Kaufmann und Hausbesitzer E Eßletzbichler ab und blieb in einem Abgrunde todt liegen. Derselbe hatte in größerer Gesellschaft genannten Berg erstiegen und vollzog gemeinsam mit derselben den an und für sich ungefährlichen Abstieg. Hiebei kam ihm eine Steinplatte, welche in's Rollen gekommen war, unter die Füße und riß ihn mit sich in den über 300 Meter tiefen Abgrund. Nachdem der Führer sich überzeugt hatte, dass keine Hilfe mehr möglich sei, setzte die Gesellschaft den Abstieg nach Johnsbach fort und erstattete dort die Anzeige von dem Unglücke. — Am nächsten Morgen begab sich unter Führung des Heßwirthes und Bergführers Zettelmeier eine aus acht Mann be- stehende Expedition zur Unglücksstelle und zog mittelst Seilen den Verunglückten aus dem Abgrunde, bettete ihn auf eine» Schlitten und beförderte ihn auf diesem in das Thal. Dort- selbst fand die Todtenbeschau und kirchliche Einsegnung statt. Nachdem die Leiche in einem Doppel-Metallsarg verwahrt worden war, wurde sie mittelst Bahn nach Steye übeiführt und daselbst unter außergewöhnlich großer Betheiligung von Vereinen und aus allen Kreisen der Bevölkerung zu Grabe getragen. Engelbert Eßletzbichler, dessen wohlgetroffenes Bild anbei zu sehen ist, war ein tüchtiger Geschäftsmann, dessen streng reelles Gebaren allerseits achtungsvoll anerkannt wurde, ein Bürger von offenem biederen Charakter. Er wurde deßhalb auch schon im Jahre 1885 zum Ausschußmitglied des Handelsgremiums in Steyr und im November 1890 zum Handelskammerrath gewählt. Er stand im 44. Lebensjahre. Am'21.Juli starb der k. k. Landesgerichts- rarh i. P. Lorenz Riedl. Derselbe war viele Jahre in Steyr activ thätig und erfreute sich allgemeiner Beliebtheit und Hochachtung. In der Sitzung des Steyrer Gemeinde- rathes am 22. Juli erstattete das vom Gemeinderathe in Angelegenheit der Erbauung der Industriell alle eingesetzte Comitä — in welches seither an Stelle des gewesenen Gemein- derathes Ritzinger Gemeinderath Dr. Angermann eingetreten war — Bericht, und dessen Antrag: „Es möge bei dem Umstände, als in dem vorliegenden Pro- jccte ohne Störung der architektonischen Einthei- lnng wesentliche Ersparnisse nicht erzielt werden können, der Stadtgemeinde aber darum zu thun sein muß, ein dem Zwecke und der Widmung würdiges und vollkommen entsprechendes Gebäude herzustellen, mit dem Bau der Jndustriehalle insolange zugewartet werden, bis es auf die eine oder die andere Weise möglich geworden ist, den Baufond auf mindeEngelbert Eßletzbichler ^. stens 120.000 fl. zu erhöhen", einstimmig angenommen. Am 23. Juli wurde in der Hummelleithen bei Gründberg die58jährigeTheresiaAigner von Schiedelberg erhenkt aufgefunden. Am 26. Juli feierte zu Bad Hall Hochwürden Pater Beda Azlhuber, Benedic- tiner des Stiftes Melk, seine Primiz. Anläßlich dieses Festes waren die Kirche und die umliegenden Häuser beflaggt. Unter den Festgästen befand sich auch der hochw. Canonicus, Dechant und VorstadtpfarrerDürrnberger aus Steyr. Am 28. Juli machte zu PuSlNH der Ein- leger Johann Fisch lmayr durch Erhenken seinem Leben ein Ende. Derselbe war infolge des Verlustes beider Füße schon seit längerer Zeit trübsinnig und hatte schon vorher einen Selbstmordversuch unternommen, der aber damals vereitelt wurde. Zu Unterhimmel fuhr am 28. Juli ein zehnjähriges Mädchen mit einem von zwei kleinen Kindern besetzten Kinderwagen über die Krugl- häuselbrücke. Hiebei stieß es mit dem Wagen an das Geländer, wodurch der eine kleine Insasse des Wagens in den Werkscanal fiel. Das 13 Jahre alte Sägearbeiters - Mädchen Anna Zeilinger sprang in das Wasser und rettete das am Leben bedrohte Kind. Der jugendlichen muthigen Lebensretterin wurde von der k. k. Statthalterei eine Belohnung zuerkannt. In das Brandstätterhaus im Bäckengraben bei Ternberg fuhr am 28. Juli ein Blitz und zündete. Das Anwesen brannte vollständig nieder. Das Bauerngut in Amb erg beiEgendorf brannte auch am 28. Juli gänzlich nieder und der Besitzer erlitt einen Schaden von 6000 fl., der aber durch Versicherung größtentheils gedeckt war. Das Feuer entstand, indem das auf dem Herde befindliche Schmalz in Brand gerieth und als Flugfeuer durch den Rauchfang auch das Dach entzündete. Am 30. Juli verunstalteten Steyrdorfer Bürger und Geschäftsleute ein Distauzgehen von Steyr nach Kranst orf und retour, an welchem sich 57 Geher betheiligten. Ein längs der ganzen Strecke vom Schnaüenthore an in großer Menge versammeltes Publicum . P P verfolgte mit Interesse dieses sportliche Unternehmen, bei dem Karl Hauer, welcher die 23'6 Kilometer lange Strecke in 2 Stunden 38 Min. und 30 See. zurücklegte, den ersten Preis errang. Am 30. Juli starb in Steyr der k. k. pensionierte Steuereinnehmer Anton Witt- mann in seinem 76. Lebensjahre. Von der allseitigen Achtung, welche der Verblichene genoß, zeugte dessen Leicheubegängniß, das sich zu einer ehrenden Kundgebung für den Heimgegangenen gestaltete. Sude Juli ging die Messerwaarenfabrik Don und Rund in Ncuzeug in den Besitz des bisherigen Gesellschafters dieser Firma Conrad Rund über und wurde nach dem neuesten System eingerichtet. 11

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2