Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1894

142 Hörschläger, welcher in der Holzhütte des Leitnergutes in Unterwald Feuer gelegt hatte, wegen Verbrechens der Brandlegung zu zwölf Jahren schweren Kerkers verurtheilt. In Neichraming wurde an'Stelle der durch das Hochwasser vom Jahre 1892 zerstörten hölzernen Brücke eine aus Eisen erbaut. Dieselbe wurde am 8. Juni vom hochw. Dechant Franz Falkner in feierlicher Weise geweiht und erhielt Hiebei den Namen der Frau Erzherzogin Marie Valerie. Dem Weihacte wohnten bei: Bezirkshauptmann Hugo N. v. Heben streit, der Vertreter des oberösterreichischen Landesausschusses Baurath Ueber- la ckner, k. k. Bezirksrichter Nutzbau m er vou Weher, die Gemeindevertretung Neichraming, der k. k. Forstverwalter Friedrich Leippert mit den Beamten, der Landtags-Abgeordnete Eras- mus S ch ö n l e ch n e r, der Stationsvorstand der Staatsbahn, derLehrkörper und die Vertretungen der Gemeinden Grotzraming und Losenstein. Nach Vollzug der Weihe hielt Dechant Falkner eine Ansprache, worauf Bezirkshauptmann Hugo N. v. Heben streit in schwungvoller Nede den patriotischen Sinn der Bevölkerung lobend hervorhob und für die Schaffung des neuen Verkchrsobjectes derselben den Dank und die Anerkennung der Regierung ausdrückie. Sodann sprach der hochwürdige Ortspfarrcr Berg er von Losenstein und bezeichnete die Brücke als ein Product des nützlichen Fortschrittes, dcm die Gemeinde Neichraming huldige. In Kuf- fahrts Gasthofe am Arzberg wurde das Festmahl eingenommen, bei welchem der k. k. Forstverwalter Friedrich Leippert einen begeistert aufgenommeuen Toast aus Se. Majestät den Kaiser und dessen erlauchte Tochter Frau Erzherzogin Marie Valerie ausbrachte. Am 11. Juni veranstaltete die Frauen- und Mädchen-Ortsaruppe Steyr des Deutschen Schulvereines im Easino-Garten unter Mitwirkung vieler anmnthiger Damen einen „Jahrmarkt in Reichenschwall." Dieses Volksfest erfreute sich aus allen Kreisen der Stadt eines ungemein zahlreichen Besuches und nahm bei dem herrlichen Wetter einen sehr gelungenen Verlauf. Das Reinerträgniß des schönen Festes belies sich auf 640 fl. 39 kr. Durch eine herabfallende Wäschestange wurde am 14. Juni in Haagen bei Aschach das 13 Monate alte Kind Rosa Thauer am Kopfe derart verletzt, dass dasselbe am nächsten Tage starb. Mitte Juni erschien die erste Lieferung von dem Werke „Heimatkunde vou Steyr. Dieses interessante Buch enthält eine hystonsch- topographische Schilderung der Bezirke Steyr Stadt und Land und der reiche Inhalt wurde vom k. k. Bezirksschulinspector Ant. R o l l e d e r unter Mitwirkung der Lehrerschaft beider Bezirke mit Bienenfleiß gesammelt und verfasst. Viele hübsche Illustrationen gereichen dem Buche, welches im Verlage von F. Kutschera's Nachfolger Carl Liutl erscheint, in der Haas'- schen Buchdruckerei und Lithographie gedruckt wird und typographisch sehr geschmackvoll ausgestattet ist, zu besonderem Schmucke. Wir sind durch die Güte des Herausgebers in der Lage, einige der interessanten Bilder zu bringen. Auf einer Mappirungsreise kam am 15. Juni Erzherzog Franz Salvator mit größerer Suite nach Sierning. Der hohe Gast nahm in Angerer's Gasthof Absteige-Quartier. Abends brächte die Kapelle des uniform. Bürgercorps ein Ständchen und der Ort war beflaggt. In Schwarzenthal, Gemeinde Losenstein- lcithen, wurde am 16. Juni Nachmittags das Georg A r t m a y r'sche Bauernhaus infolge Blitzschlages ein Raub der Flammen. Der entstandene Schaden von 8000 fl. war durch Versicherung größtentbeils gedeckt. Während desselben Gewitters schlug der Blitz auch in das Stahlbauerugut zu Inner-Dam bach und zündete, infolge dessen dieses zumeist aus Holz erbaute Anwesen gänzlich nieder- brannte. In der Nacht zum 17. Juni brannte das Kohlbauerngut Nr. 3 zu Stein ab. Die verwitwete Besitzerin Marie Wolfsjäger erlitt hiedurch einen Schaden von 8000 fl., dem eine Versicherungssumme von 6000 fl. als Deckung gegenüber stand. Bei den Neltungsarbeiten brach sich der Knecht A. Fu ch s h u b e r den Arm. Am 18. Juni brannte das Haus des Anton Hubmer zu Brunnbach bei Grotzraming, während die meisten der Hausbewohner in der Kirche waren, ab. Entzündung des Nusses im Rauchfange soll die Ursache des Schadenfeuers gewesen sein. Zu Arzberg bei Neichraming ertrank im Brunnentrog am selben Tage das 4 Jahre alte Ziehkind Rosa Urschnik des Krämers Josef Fräustl. Am 18. Juni wurde in Steyr die Musterung der Freiw. Feuerwehr durch den Bürgmeister Berg er abgenommcn. Hiezu war auch die Freiwillige Feuerwehr der Waffensabrik aus- gerückt. Die darauffolgende Hauptübung fand unter dem Obercommando des Betriebs-Jn- spectors Otto Schönauer statt und es wurde hiefür Brand im Hauptmagazin der Waffen- fabrik supponirt. Abends war cameradschaftliche Zusammenkunft im Casino, bei welcher dem Löschmeister Josef Hack und dem Depotaufseher K.Lu tzenberger, welche durch 25 Jahre der Freiwilligen Feuerwehr angehörten, durch Vicebürgermeister Johann Redl Namens der Stadtvertretung und durch Train-Commandanten Leopold Hall er Namens des oberösterreichischen -Feuerwehrverbandes Anerken nungs-Diplome überreicht wurden. Am 22. Juni wurde das I. Eilmsteiner'- sche Gasthaus zu Heiligenkreuz, welches größtentheils aus Holz erbaut war, durch Feuer ganz zerstört. Zu Tiestling bei St. Marien ertrank am 24. Juni in der Hauslacke der sechsjährige Taglöhnerssohn Johann Mitt erhub er. Im Kohlenmagazin der Waffensabrik zu Letten brach am 26. Juni Morgens ein Feuer aus, das aber durch rasche Hilfe gelöscht werden konnte, bevor es noch größere Dimensionen angenommen hatte. Am 28. Juni starb in Steyr Buchbinder und Hausbesitzer Leopold Stiasny in seinem 79. Lebensjahre. Er war einer der ältesten Bürger Steyr's und wegen seines leutseligen Wesens und biederen Charakters allgemein beliebt und geachtet. Am 28. Juni fiel der nach Molln zuständige Sensenschmied Johann S t ö g m ü l l er in Neichraming bewußtlos zusammen und gab bald darauf seinen Geist auf. Ein Hitz- schlag hatte dem Leben d"s Mannes dieses schnelle Ende bereitet. Am 30. Juni Abends ertrank beim Baden in der Enns der Jäger Johann Simon der 2. Compagnie des k. u. k. 3. Jäger-Bataillons. Am 2. Juli veranstalteten, der Mode der Zeit folgend, die Steyrer Radfahrer auf der Reichsstraße Sleyr — Linz — Wels ein Wett- fahren über eine Strecke von 100 Kilometern. Von den sechs Fahrern, welche sich daran be- theiligten, erhielt der hiesige Waffenfabriks- beamte v. Lauffer den ersten Preis. ^^ Der diesjährige 4. Bezirksfeuerwehr- tgg wurde am 2. Juli zu Christkindl abgehalten. Vormittags fand in dem hübsch decorirten Speisesaale der Finner'schen Restauration die Delegirtensitzung statt, bei der nach Annahme verschiedener Anträge Letten als Versammlungsort für den 5. Bezirksfeuerwehrtag bestimmt wurde. Nach gemeinsamer Festtafel ralliirten sich in Unterhimmel vor den Gewerken die Feuerwehren zum Festzuge nach Christkindl, woselbst eine Hauptübung abge- balten wurde. Die Feuerwehren von Gaflenz, Grünburg, Bad Hall, Letten, Losenstein, Molln, Sierninghofen- Neuzeug. Pichlern, St. Peter i. d. Au, Schwertberg, Sierning, Steyr Stadt, Steyr Waffensabrik, Ternberg, Trattenbach, Weyer und Unterhimmel waren theils corpo- rativ, theils deputativ in dem Zuge vertreten, in welchem überdies vier Musikcapellen ihre Märsche spielten. Die Uebung fiel sehr gut aus und fand bei den anwesenden Fachleuten wohlverdienten Beifall. Concerte in den verschiedenen Gastgärten bildeten den Schluß des Verbandstages. Christkindl und Unterhimmel waren beflaggt. Zu Kleinraming feierte am 2. Juli der 70 jährige Klingschmiedmeister Roman Pan- holzer anläßlich ber Abhaltung des Schmiedjahrtages sein 50jähriges Meisterjubiläum. Während eines heftigen Gewitters am 3. Juli schlug der Blitz in das Geberhnber'sche Haus zu Grttuburg, beschädigte ziemlich stark den Dachstuhl, zündete jedoch nicht. Zu Dlppersdorf bei Wartberg ließ am 5. Juli der 18jährige Knecht Anton Kraml einen Jauchewagen über einen Abhang hinabrollen» Hiebei stieß das Vorderrad des Wagens 143 an einen Baum, demzufolge die Deichsel zur Seite schnellte und dem Knechte einen so heftigen Schlag versetzte, daß er an den Folgen desselben bereits nach einigen Tagen starb. In Bad Hall wurde am 6. Juli das im Hotel garni „Zur Stadt Wien" bedienstete Stubenmädchen Katharina Mann plötzlich tobsüchtig und starb in der folgenden Nacht. Am 9. Juli Nachts wurde zu Linz Cor- poral Franz Grein er der 1. Compagnie des 2. Pionnier - Bataillons, Sohn des hiesigen Hausbesitzers Franz Greiner, von einem Eisenbahnzuge überfahren und getödtet. Der Uu- glücksfall erregte in Steyr, wo die Familie Greiner allgemein hochgeachtet und beliebt ist, die aufrichtigste Theilnahme. Am 9. Juli wurde zu Tcrnberg der dortselbst errichtete Schulbienenstand in feierlicher Weise bei Anwesenheit der Honoratioren des Ortes, des Wiener Bienenzüchter-Zweig- Vereines in Steyr und des Wanderlehrers Schmid eingeweiht und eröffnet. Das Tschernitschek'sche Ledererhaus zu Neuzeug erstand bei der in diesen Tagen vorgenommenen Licitation der Fabrikant Carl Almeroth aus Steyr. Der oberösterreichische Forstvcrein hielt am 10. und 11. Juli in Steyr eine Versammlung ab, die äußerst zahlreich besucht war. Die Mitglieder begingen am ersten Tage das Revier Unterwald der Herrschaft Steyr und wurden nach ihrer Ankunft bei der festlich geschmückten Dambergwarte Namens des gräflichen Gutsherrn bewirtet. Abends war im Casino gesellige Unterhaltung, der nicht nur die Forstvereins-Mitglieder, sondern auch die Honoratioren der Stadt zahlreich beiwohnten. Am nächsten Tage fand eine Ansschußsitzuna des Vereines statt, der sich die Vollversammlung anschloß, in welcher Fachangelegenheiten verhandelt wurden. Nach einem gemeinsamen Mittagsmahle, das sehr animiert verlief und bei dem zahlreiche Toaste ausgebracht wurden, verließen die geschätzten Gäste wieder unsere Stadt. Am 11. Juli starb in Steyr der Hausbesitzer und städtische Casseamtsdiener Johann P a a r f u s s e r, Vater des hiesigen Stadtcassiers. Der Verstorbene, welcher im 81. Lebensjahre stand, war eine stadtbekannte Persönlichkeit und genoß die allgemeine Werthschätzung, was sich auch beim Leichenbegängnisse bekundete, an dem alle Kreise der Stadt theilnahmen. Der 5 jährige Knabe H int er ob er mayer fiel am 11. Juli in die Enns und wurde nur durch das muthvolle, schnelle Dazwischenkommen des Schuhmachers Josef N o w i t s ch e k- welcher dem Kinde in das dortselbst schnellfließende, tiefe Wasser nachsprang und es ans Ufer brächte, vom Ertrinkungstode gerettet. Demselben wurde von der Behörde die Rettungstaglia zuerkannt. Am 11. Juli Abends wurde zu Pichlern das Bauerngut „Meyrpeter", das mitten im Orte liegt, durch Blitzschlag in Asche gelegt.

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