Gemeindetagsprotokoll vom 24. Oktober 1935

6. Sitzung. Niederschrift über die Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Donnerstag, den 24. Oktober 1935 um 20 Uhr im Gemeinderatssitzungssaale im Rathause. Anwesend: Vorsitzender Bürgermeister Dr. Josef Walk, Bürgermeister-Stellvertreter Alois Janak, Die Gemeinderäte: Fleischmann Franz, Schwarzlmüller Felix, Ing. Grundmüller Oskar Steinkellner Julius, Hack Gustav, Trauner Franz, Hofer Albert, Trupp Emmerich, Hübl Josef, Voglsam Josef, Kammerhofer Ignaz, Wabitsch Ludwig, Köttenstorfer Johann, Weindl Anton, Dr. Mayr Anton, Wünsch Otto, Rossner Karl. Entschuldigt abwesend waren: G.R. Dr. Fritz Doppler, G.R. Hambrusch Peter, G.R. Kokesch Karl, St.R. Franz Paulmayr, G.R. Alois Schliessleder. Tagesordnung: 1.) Stadtrecht. 2.) Bericht des Rechnungshofes. 3.) Abgabenrekurse. 4.) Allfälliges. Der Bürgermeister begrüsst die Erschienenen und geht in die Tagesordnung ein.

Zu Punkt 1.) schlägt der Bürgermeister vor, diesen Punkt erst nach Behandlung des Punktes 2.) vorzunehmen, da Punkt 2.) für eine öffentliche Sitzung bestimmt sei, während die übrigen Punkte im Sinne der Gedankengänge des neuen Stadtrechtes einer nicht öffentlichen Sitzung vorbehalten bleiben. Da der Gemeindetag mit dem Vorschlage des Vorsitzenden einverstanden ist, erfolgt die diesbezügliche Umstellung der Tagesordnung und die Zulassung der Oeffentlichkeit zur Behandlung des 2.Punktes. Zu Punkt 2.) verliest der Vorsitzende den Bericht des Obersten Rechnungshofes vom 8. August 1935, betreffend die Kontrolle über das Verwaltungsjahr 1934. Der Vorsitzende gibt die entsprechenden Erläuterungen und hebt insbesondere hervor, dass trotz eines Kursgewinnes per S 45.000.- und trotz - wie der Rechnungshof ausdrücklich hervorhebt - sparsamer und rationeller Verwendung der Gemeindemittel und trotz ungewöhnlich guter Beschäftigung in den Steyr-Werken dennoch ein Gebarungsabgang von S 341.000.- und eine Vermögensverminderung um S 276.000.- verzeichnet werden müsse. Damit sei wohl eindeutig erwiesen, dass eine Besserung in der Finanzlage der Stadtgemeinde nur durch einschneidendste Massnahmen herbeigeführt werden könne. Jedenfalls würden sich die Auffassungen des Herrn Landesfinanzreferenten Dr. Lorenzoni, der immer wieder erklärt, die Stadtgemeinde Steyr befinde sich in Wahrheit in keiner Notlage, von selbst richten. Der Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhange darauf, dass - wie dies auch der Oberste Rechnungshof lebhaft betonte - rasch die Sanierung der Stadt durchgeführt werden müsse. Die Wege, die im Berichte des Rechnungshofes angedeutet seien; Entlastung des Schuldendienstes, Personalreform, Steuerreform, Reform des Fürsorgewesens, mussten nunmehr gegangen werden. Die Stadt Steyr würde aus eigener Kraft allein dieses Werk nicht vollbringen können. Sollten Bund und Land nicht die nötige Mithilfe leisten, würde wohl die derzeitige Gemeindeverwaltung daraus die Konsequenzen ziehen müssen.

An den Bericht des Vorsitzenden schliesst sich eine Wechselrede an, an der sich einige Gemeinderäte beteiligten. Nach Beendigung dieses Punktes der Tagesordnung schliesst der Vorsitzende die Oeffentlichkeit von dem weiteren Verlauf der Sitzung aus. Im Sinne der Umstellung der Tagesordnung wird nun der erste Punkt in Verhandlung gezogen. Punkt 1.) Der Vorsitzende berichtet über die Abänderungsvorschläge, die das Bundeskanzleramt und der Oberste Rechnungshof zum Gemeindetagsbeschluss vom 10. Mai 1935, betreffend ein Stadtrecht für die Stadt Steyr, eingebracht haben. Der Vorsitzende stellt eine Reihe von Amtsanträgen, deren Text aus der einen wesentlichen Bestandteil dieser Verhandlungsschrift bildenden Beilage ersichtlich ist, und die vom Gemeindetage einhellig gefasst wurden. Da Punkt 2.) bereits abgeführt wurde, wird in den 3. Punkt der Tagesordnung eingegangen. Zu Punkt 3.) Mit Rücksicht auf die bereits sehr vorgeschrittene Zeit beantragt Gemeinderat Julius Steinkellner, von der Behandlung dieses Punktes im Gemeindetage Abstand zu nehmen und die Entscheidung dem Bürgermeister nach Anhörung des Verwaltungsausschusses zu überlassen. Einstimmig angenommen. Zu Punkt 4.) werden von einer Reihe von Gemeinderäten Anfragen über die Realitätenverkäufe der Stadtgemeinde gestellt. Der Vorsitzende gibt die entsprechenden Aufklärungen, die vom Gemeindetag mit Befriedigung zur Kenntnis genommen werden. In diesem Zusammenhange berichtet der Vorsitzende auch über den Rechnungsabschluss für die Zeit vom 1. Jänner bis 30. September 1935, der - ohne Berücksichtigung der Polizeilasten mit einem Abgang von rund S 97.000.- abschliesst. Da unter Berücksichtigung der Polizeilasten und einer im letzten Quartal 1935 noch fälligen Annuität mit einem Gebarungsabgange von voraus sichtlich unter S 200.000.- gerechnet werden kann, ergibt

sich eine gewiss befriedigende Besserung der Finanzlage der Stadtgemeinde. Wenn aber trotz ausgezeichneter Beschäftigung der Steyr-Werke und trotz einer vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit aus vielleicht schon nicht mehr zu rechtfertigenden Sparsamkeit immer noch mit einem Abgange von S 200.000.- gerechnet werden müsse, so beweist dies, dass mit den bisherigen Ersparungsmethoden das Auslangen nicht gefunden werden kann. Der Vorsitzende gibt in diesem Zusammenhange über Anfragen einige Aufklärungen über die beabsichtigte Steuerreform und schliesst, nachdem keinerlei Anfrage oder Anträge mehr gestellt wurden, um 23 Uhr 30 die Sitzung. Der Vorsitzende:

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