Gemeinderatsprotokoll vom 21. Dezember 1929

Was sei denn eigentlich vorgekommen? Nichts, was nicht in jedem Bauerndorf jeden Sonntag geschieht. Und dass einmal ein Frechling, der mit der Gummiwurst herumfuchtelt, ein paar Puffer bekommt, wird auch eine Bundespolizei nicht verhindern. Die Bundespolizei werde sich auch mit den nächtlichen Exzessen bürgerlicher Radaumacher gründlichst beschäftigen müssen. Der Redner polemisiert desweiteren über die Deputation beim Bundeskanzler, über die Angriffe des Starhemberg gegen die Stadt und gegen die Machinationen des Landesregierungsrates Kaltenegger. Dass in Steyr nichts besonderes vorgekommen sei das haben wir heute aus dem Communiquè gehört. Aber ich erinnere mich, dass in Oesterreich schon Arbeitermorde vorgekommen sind, ohne dass man an den Tatort Kommissionen entsendet habe. Die bürgerlichen Blätter sprechen nur immer von der Verrohung der Arbeiterjugend, von den Exzessen an den hohen und höchsten Schulen dieses Staates findet man nichts vermerkt. Das Bürgertum von Steyr bemüht sich nicht in die Seele der 5000 Arbeitslosen hineinzudenken, auch die Bauern habe man aufgehetzt, die sogar gegen den Bürgermeister mit Drohungen aufgetreten seien. Das Flugblatt des Republikanischen Schutzbundes sei eine verständliche Abwehrmassregel, denn es wäre eine Dummheit, wenn ein Arbeiter sein Geld zu einem Geschäftsmann trüge, von dem er unentwegt beschimpft werde: Das Flugblatt gelte übrigens nur den Heimwehrkaufleuten. Zum Schluss betone ich mit allem Nachdruck, dass wir und mit uns die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung von Steyr geschlossen hinter unserem Bürgermeister stehen, dass wir das vollste Vertrauen zu ihm haben und zur Stelle sein werden, wenn es politische Desperados wieder wagen sollten, ihn anzugreifen. Wir sind es satt, unsere Mandatare wie Verbrecher und Schulbuben behandeln zu lassen.

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