Gemeinderatsprotokoll vom 21. Dezember 1929

Ziffern herausgreifen: Bei der Lohnabgabe um 170.000 S. bei den Realsteuern um 10.000 S, bei den Abgabenertragsanteilen um 60.000 S, also bei den drei Haupteinnahmsquellen allein ein geringerer Betrag von 240.000 S. Dabei wurde bei der Ermittlung der Lohnabgabe, der Hauptsäule der Gemeindeeinnahmen, von der Annahme ausgegangen, dass der Stand an Arbeitern in den Steyr-Werken ab 1. Jänner 1930 durch das ganze Jahr hindurch 4500 beträgt. Soll ich über die Verminderung, über die katastrophale Verminderung der Einnahmen viele Worte verlieren? Wer ist imstande, zu dem Ausfall von 2 ½ Milliarden eine Gegenpost zu finden. Selbstverständlich ist mit der lokalen Krise die Erhöhung des Fürsorgeetats verbunden. Die furchtbare Abhängigkeit der Stadtfinanzen von dem grossen Unternehmen zeigt sich eben in den Zeiten der Krise am allerdeutlichsten. Ueber 1000 Arbeitslose sind gegenwärtig in der Stadt. Die zweite Hälfte des Jahres 1929 ist wieder als ein Zeitraum schwerster Krise zu betrachten und was uns die Zukunft bringen wird, wissen wir nicht. Es entsteht schon für den gewissenhaften Verwalter dieser Stadt die bange Frage nach dem Schicksal der Autoindustrie in unserer Republik überhaupt. Das Schicksal dieser Industrie aber ist das Schicksal dieser Stadt. Diesen Problemen gegenüber sind wir freilich ohne jeden Einfluss. Ich möchte die Besprechung dieser Rubrik mit den fast schon stereotyp gewordenen Worten beschliessen: Die soziale und wirtschaftliche Struktur dieser Stadt ist geradezu ein Schulbeispiel dafür, dass endlich einmal der in der Finanzverfassung vorgesehene Finanzausgleich zur Tat werde. Ich sage ganz offen, ich habe die schwersten Sorgen für diese Stadt, wenn nicht diese Frage endlich einmal gelöst wird.

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