Gemeinderatsprotokoll vom 18. Juli 1929

Sonntag, aber er glaubt, das liesse sich auch so einführen, dass es dem Besitzer frei stehen sollte, das Geschäft ohne Angestellte an Sonntagenan Sonntagen offen halten zu können. Gemeinderat Futterer (Kumunist) beklagt die stiefmütterliche Behandlung der Angestellten im Stadtgebiete und meint, dass noch kein Geschäftsmann durch die Sonntagsruhe zu Grunde gegangen sei. Er als Arbeitervertreter müsse für den Antrag stimmen und bezeichnet die gegenteilige Haltung als "Steyrer-Zopf". Gemeinderat Kirchberger (sozialdem.) erinnern die Einwände gegen den Antrag an die seinerzeit eingenommenen Standpunkte in Linz. Heute gäbe es eine andere wirtschaftliche Einstellung. Er sei verwundert über den Standpunkt der Christlichsozialen, der sich mit ihrer Ansicht über die Sonntagsheiligung nicht vereinigen lasse. Wir aber haben die moralische Verpflichtung für die Freiheit der Angestellten an Sonntagen zu stimmen. Gemeinderat Knabl (christlichsoz.) erklärt, die Aktion sei nicht von der ganzen Angestelltenschaft eingeleitet worden, sondern nur von einer einzelnen Gruppe. Er verweist auf die besonderen Verhältnisse in Steyr, deren Geschäftswelt auf die Landbevölkerung angewiesen sei und die Sonntagsruhe mit einem Verlust eines grossen Teiles von Konsumenten gleichbedeutend ist und erklärt dem Antrag nicht zustimmen zu können, nicht weil wir nicht fortschrittlich sind, sondern weil es die Verhältnisse nicht gestatten. Redner reagiert auf die gefallene Aeusserung über den "Steyrer-Zopf" und verzichtet auch auf Weisungen über die Sonntagsheiligung. Stadtrat Marktschläger (christlichsoz.) gibt bekannt, dass in ihrem Klub die Abstimmung über diesen Punkt freigegeben wurde, weil es sich um keine prinzipielle Frage, sondern nur um verschiedene Standpunkte handle. Er für seine Person erblicke in der Einführung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe keine Schädigung des Gewerbes und erklärt für den Antrag zu stimmen.

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