Gemeinderatsprotokoll vom 21. Juli 1922

8. Beschlußfassung wegen Abhaltung der Jahrmärkte. Referent Herr GR. Reisinger. Es wurde seinerzeit die Anregung gegeben, den Frühjahrs¬ und Herbstmarkt aufzugeben; es hat sich auch Herr Gemeinde¬ rat Kletzmayr damit in einer Gemeinderatssitzung beschäftigt und angeregt, die Märkte einer Modernisierung zu unterziehen. Von den Genossenschaften, den Handelstreibenden, Kaufleuten und Gastwirten wurde jedoch mittelst Eingaben ersucht und verlangt, daß die Märkte in ihrem jetzigen Bestand belassen werden sollen, weil durch die Märkte doch ein Verkehr zwischen Stadt und Land gefördert wird Die Sektion hat sich mit der obschwebenden Frage einge¬ hendst beschäftigt und stellt den Antrag: „Der Gemeinderat beschließe, bis zur Schaffung geeigneter allgemein wirtschaftlicher Maßnahmen zur Verbesserung des Marktwesens an dem be¬ stehenden Rechte der Abhaltung des Frühjahrs= und Herbstjahr¬ marktes nichts zu ändern." Nach aufklärenden Worten des Herrn GR Eister¬ lehner, welcher den Standpunkt des Herrn GR. Kletzmayr erläuterte, wird der Sektionsantrag vom Gemeinderate einhellig angenommen. Z 4571. 9. Eingabe der Ortsgruppe des Wiener Tierschutzvereines, Ortsgruppe Steyr, um Abänderung der Hundesteuer. Referent Herr GR. Reisinger. Es liegt eine Zuschrift des Tierschutzvereines vor, welche besagt, daß der Gemeinderat beschließen möge, allen jenen Hunde¬ besitzern, welche nachweislich schon seit Jahren im Besitze eines Hundes sind, die Steuer auf ein Viertel zu ermäßigen. Die Sektion steht jedoch auf einen abweislichen Standpunkt aus prinzipiellen Gründen und beantragt: „Der Gemeinderat beschließe, auf eine Aenderung des Ge¬ meinderatsbeschlusses vom 16. Juni 1. I. aus prinzipiellen Gründen nicht einzugehen“. Herr GR Aigner: Der seinerzeitige Beschluß über die neue Hundesteuer hat in der Bevölkerung eine gewisse Unzu¬ friedenheit hervorgerufen und ist der Unwille zum Ausdrucke gekommen, daß die ganzen Geschichten in einen Topf geworfen wurden und jeder Hund, sei er Nutz= oder Luxushund, nach einem bestimmten Leisten behandelt wurde. Viele finden sich schwer geschädigt und zwar insbesondere die kleinen Gewerbe¬ treibenden, die kleinen Beamten und die Pensionisten, welche bisher die paar Kronen aufbringen konnten, nunmehr aber nicht mehr in der Lage sind, sich einen Hund halten zu können Es gibt doch kleine Hausbesitzer, die ihr Häuschen nur mit der eigenen Familie bewohnen und welche einen Wachhund auch zum Schutze der Kinder benötigen. Es soll daher doch eine Ausnahme gemacht werden; ich habe schon damals beantragt, eine Abstufung vorzunehmen und zwar für solche Hunde, welche wirkliche Nutzhunde sind. Wer sich einen Luxushund halten will, soll 50.000 Kronen bezahlen, aber dort, wo ein Hund not¬ wendig ist und aus finanziellen Gründen die Steuer nicht auf gebracht werden kann, sollte Rücksicht geübt werden. Herr Vorsitzender bemerkt, daß ein Vorschlag über die Art der Abstufung die Angelegenheit rasch erledigen ließe, vorläufig liegt aber nur der Antrag auf Abstufung vor, jedoch keiner über die Art derselben. Herr GR. Steinbrecher erklärt, er müsse hier gegen den Antrag Aigner sprechen. Man habe sich mit der Sache sehr eingehend befaßt und es dürfte ein zu ertragender Schicksals¬ schlag sein, wenn man einen Hund vermissen muß. Wo soll man aber bei der Abstufung anfangen und wo soll man auf¬ hören. Andererseits wird der Hund vom Besitzer als Nutzhund deklariert, dann muß er auch die Steuer wert sein. Der Wert des Steuerbetrages ist ohnehin schon wieder durch die fortge¬ schrittene Geldentwertung überholt. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß bloß die Ziffer in die Augen springt und dabei vergessen wird, daß die Hundesteuer, wie neu besteht, noch weit hinter der Gold¬ parität zurückbleibt. Den Ausführungen des Herrn GR. Stein¬ brecher ist nur zuzustimmen, die Hundeepidemie nimmt in Steyr schon ungeheuere Formen an, es laufen Köter herum, von denen man im Augenblick nicht weiß, ob dies überhaupt ein Hund ist und die nur dazu da sind, die öffentlichen Anlagen zu beschädigen. Herr Vizebürgermeister Nothhaft glaubt, daß es doch trotz der Vorschreibung jedem Hundebesitzer unbenommen bleibt, um eine Ermäßigung einzuschreiten, was auch niemanden ver¬ wehrt werden könne Er stelle daher den Antrag, daß das Prä¬ sidium ermächtigt werde, eine kleine Ermäßigung in dringenden Fällen zuzugestehen. Herr GR. Reisinger sagt im Schlußworte, daß es mit den Hunden in Steyr schon wirklich eine Plage sei; wenn man bedenkt, was die Fütterung eines Hundes heute kostet, so be deutet die Steuer das Geringste hievon. Es wäre daher am besten, dem Sektionsantrage zuzustimmen, um was er hiemit ersuche. Der Sektionsantrag wird hierauf mit Stimmenmehrheit angenommen und der Zusatzantrag des Herrn Vizebürgermeisters Nothhaft abgelehnt. Z. 4561 10. Beschlußfassung wegen Einhebung einer Feuerwehr¬ umlage. Hiezu berichtet der Herr Vorsitzende, daß von der ersten Sektion beschlossen wurde, noch Vorerhebungen zu machen und daher die Behandlung dieses Punktes vertagt werden müsse. Wird zur Kenntnis genommen. 11. Stellungnahme zum Erlasse des Bundesministeriums für Inneres betreffend Förderung der Handelsschule aus Bundesmitteln. Referent Herr GR. Tribrunner. Das Kuratorium der Städtischen Handelsschule hat in An¬ gelegenheit der Verstaatlichung des Direktors derselben einen Erlaß des Bundesministeriums vorgelegt, worin sie um die Beschlußfassung betreffend die Belassung der Wohnung des je¬ weiligen staatlichen Direktors der Handelsschule als Dienst¬ wohnung ersucht Die Sektion stellt hiezu den Antrag: „Der Gemeinderat beschließe, die dem gegenwärtigen Direktor der Städtischen Handelsschule dermalen zugewiesene Wohnung für den jeweiligen staatlichen Direktor der Handels¬ schule als Dienstwohnung desselben zu erklären. Betreffend die Aenderung des Organisationsstatutes wird das Kuratorium beauftragt, die entsprechenden Anträge zu unterbreiten" Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. Z 18.018. 12. Ersatzwahl in den Stadtschulrat. Referent Herr GR. Reisinger. Herr GR. Steinbrecher hat erklärt, daß er wegen der ihm obliegenden anderwärtigen Aufgaben nicht in der Lage sei, ständig an den Sitzungen des Stadtschulrates teilzunehmen und daher sein Mandat zurücklegen müsse Die erste Sektion hat diese Mandatszurücklegung zur Kennt¬ nis genommen und beantragt: „Der Gemeinderat beschließe, in den Stadtschulrat den Herrn Oberlehrer Mally zu entsenden“. Angenommen. Z 18 749. Zweite Sektion. 13. Stadtkassetagebuchabschluß pro Juni 1922. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Der Herr Referent schildert an der Hand des Abschlusses die einzelnen Hauptposten und stellt fest, daß bis zur Zeit der für 1922 erwartete Abgang nicht überschritten ist und die Hoffnung besteht, nicht über den Rahmen des ohnehin erwarte¬ ten Defizites hinauszukommen. Die Unterstützung des Bundes wird natürlich hiezu unentbehrlich sein, und ist der Protest gegen den Finanzplan auch aus dem Grunde gerechtfertigt, weil die Beschneidung der Einnahmen der Gemeinde und ein Aufhalsen von Lasten den wirtschaftlichen Zusammenbruch bringen müßte. Der Gemeinderat nimmt den Bericht über den Stadtkasse¬ tagebuchabschluß zur Kenntnis. 14 Jahresrechnung des Städtischen Museums und Ansuchen um Subventionierung desselben. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Vom Kustos des Städtischen Museums liegt ein Bericht vor, dem das Ersuchen um eine Suboentionierung ange¬ schlossen ist. Die zweite Sektion stellt den Antrag: Die Jahresrechnung des Städtischen Museums wird zur Kenntnis genommen und die Erhöhung der bisherigen Subvention von 300 Kronen auf 1000 Kronen bewilligt. Angenommen. Z. 15. Ausweis über die am Frühjahrsmarkt eingehobenen Platzgebühren. Referent Herr Vizebügermeister Nothhaft. Der Herr Referent bringt den Ausweis durch Verlesung zur Kenntnis und erklärt mit Befriedigung feststellen zu können, daß aus dem Frühjahrsmarkte ein Nettoertrag von 520.190 K verrechnet werden kann, so daß beide Märkte (Frühjahr und Herbst) einen Nettoertrag von 1 Million Kronen bringen können. Aus diesem Grunde dürfte auch die Beibehaltung der Märkte, wie sie ohnehin heute beschlossen wurde, zu empfehlen Der Bericht wird vom Gemeinderate zur Kenntnis ge¬ nommen 16. Zeichnung von Anteilen bei einigen Industrieunter¬ nehmungen. Referent Herr GR Saiber. Es wurde in der Gemeinderatssitzung vom 15. Mai über eine Zuschrift der Elektrobaugesellschaft verhandelt, in welcher sie mitteilte, daß sie eine Kapitalserhöhung vornimmt und eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft plant. Bei dieser Sitzung wurde beschossen, daß sich die Gemeinde mit einem Betrag von 800.000 Kronen mitbeteiligt. Inzwischen ist eine weitere Zu¬ schrift eingelangt, daß in der Generalversammlung vom 27. Juni l. J. beschlossen wurde, die Elektrobaugesellschaft m b. H. nicht in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, sondern eine eigene Aktiengesellschaft zu gründen, und zwar unter Bedachtnahme auf das Steuerbegünstigungsgesetz

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2