Gemeinderatsprotokoll vom 20. Jänner 1922

Schließlich teilt der Herr Vorsitzende mit, daß die Inter¬ woher die Gemeinde die Mittel nimmt, im Gegenteil, es steigen pellationsbeantwortung wegen des Eislaufplatzes heute noch nicht die Aufgaben und fallen durch solches Vorgehen des Landes die erfolgen könne, weil seitens der Freiwilligen Feuerwehr die be¬ Einnahmsmöglichkeiten. zügliche Aeußerung noch nicht eingelangt ist. Vom Kommando Die Fürsorgeabgabe ist die einzige, welche wirklich einen der Feuerwehr wurde zugesagt, daß deren Aeußerungen in den Ertrag abwirft, der die finanzielle Existenzmöglichkeit der Ge¬ nächsten Tagen abgegeben werde. meinde erleichtert; sie ist auch jene Abgabe, welche variabel ist, Wird zur Kenntnis genommen. sich daher den Verhältnissen der Gemeinde anpaßt und welche noch weiter ausgebaut werden kann Vor Eingehung in die Tagesordnung teilt der Herr Vor¬ Die Gemeinde Steyr muß umsomehr verlangen, daß ihr sitzende mit, daß sowohl von der ersten Sektion wie von der diese Abgabe zur vollen und freien Verfügung verbleibt, weil zweiten Sektion je ein Dringlichkeitsantrag vorliegt. sie künftighin nicht mehr berechtigt ist, von der besonderen Der Dringlichkeitsantrag der zweiten Sektion lautet: Erwerbsteuer Umlagen einzuheben; zufolge des Umlagenprozentes bekam die Gemeinde in den letzten Jahren von der Oester¬ 1. Der Gemeinderat beschließe, sich an der Erhöhung des reichischen Waffenfabrik an Gemeindeergiebigkeiten das Doppelte Aktienkapitales der oberösterreichischen Wasserkraft= und Elektri¬ bezw Zweieinhalbfache der staatlichen Erwerbsteuer dieses zitäts=Gesellschaft im Nominale 250 Millionen Kronen in der Unternehmens, das waren Zweidrittel der Gesamteinnahme, Weise zu beteiligen, daß er ebenso wie bei der Gründung des¬ fernerhin bekommt sie nur ein Viertel der staatlichen Steuer, selben im Jahre 1920 weitere 5000 Stück dieser Aktien das übrige hat der Bund an sich gerissen; keine andere Gemeinde à 200 Kronen Nominale „al aii" 1 Million Kronen im in Oberösterreich trifft diese finanzielle Auseinandersetzung mit Rahmen der Beteiligung der Elektrizitäts=Gesellschaft Linz mit dem Bunde derart schwer, weil nur in Steyr der Gemeinde¬ gleicher Rückbürgschaft bis zur Höhe von weiteren 5 Millionen haushalt zu Zweidrittel auf der Umlage zur Erwerbsteuer der Kronen, wie bei der erstmaligen Zeichnung vom 18. März 1921, Waffenfabrik seit Jahrzehnten aufgebaut ist; diese Grundlage übernehme. wird genommen und die Folgen zeigen sich schon daraus, daß Die erforderlichen Mittel-hiezu sollen durch Aufnahme eines es ganz unmöglich ist, für den Abgang im Gemeindehaushalte Darlehens beschafft werden 1922 auch nur eine annähernde Deckung zu finden. 2. Das Magistrats=Präsidium wurde beauftragt, die Frage der Lösung der bisherigen Unterbeteiligung der Stadtgemeinde Wenn es richtig ist, daß das Land Oberösterreich 30, bezw. Steyr in diesem Unternehmen in eine solche direkte nunmehr 20 Prozent dieser Abgabe für sich in Anspruch nehmen will, neuerdings in Erwägung zu ziehen entgeht der Stadtgemeinde Steyr jene Einnahmsquelle, die es ihr bisher ermöglicht hat, den großen Anforderungen der Armen¬ Steyr, am 18. Jänner 1922. Nothhaft. fürsorge zu entsprechen und die laufenden Ausgaben zu decken. Die Stadtgemeinde müßte in diesem Falle unbedingt darauf Zur Begründung der Dringlichkeit wird Herrn Vizebürger¬ bestehen, daß das Land die gesamten Kosten der Armenfürsorge meister Nothhaft das Wort erteilt. übernimmt. Ist dies dem Lande unmöglich, so muß der Ge¬ Herr Vizebürgermeister Nothhaft führt aus, daß die meinderat nochmals verlangen, daß der oberösterreichische Land¬ Zeichnung mit 31. Jänner l. I bereits durchgeführt sein müsse, tag von seinem Vorhaben Abstand nimmt und der Stadt¬ daher die Beschlußfassung dringlich sei. gemeinde Steyr die vom Gemeinderate beschlossene dreiprozentige Der Gemeindergt stimmt der dringlichen Behandlung des Fürsorgeabgabe in der vollen Höhe überläßt Antrages zu Der Gemeinderat stimmt der dringlichen Behandlung des Zur Begründung des Antrages führt Herr Vizebürger¬ Antrages zu. meister Nothhaft aus: Zunächst sei daran erinnert, daß die Zum Antrage selbst führt Herr GR. Tribrunner aus, Wasserkraft=Elektrizitäts=Gesellschaft im Jahre 1920 darangegangen daß die Begründung desselben schon im Antrage selbst liege und ist, das große Partensteinwerk zu errichten. Dazumal hat die es bloß erübrige, in der nächsten Landtagssitzung dem Antrage Stadtgemeinde sich mit einem Betrag von 200.000 Kronen be¬ Geltung zu verschaffen. teiligt. Nun ist zur Durchführung des Partensteinwerkes die Der Dringlichkeitsantrag wird hierauf vom Gemeinderate Erhöhung des Aktienkapitales notwendig geworden und soll das einhellig angenommen. Kapital eine weitere Erhöhung um 250,000.000 Kronen erfahren; es haben bereits alle früheren Zeichner sich wiederum bereit erklärt, Die Punkte 1 und 2 sind vertraulich und werden am einen großen Teil dieser Aktien zu übernehmen. Es leuchtet Schlusse der öffentlichen Sitzung in Verhandlung gezogen. wohl ein, daß sich die Stadtgemeinde diese günstige Anlage nicht 3. Bestellung der Beisitzer für das Einigungsamt. entgehen lassen kann, weil hiedurch eine ausgezeichnete Ver¬ zinsung erreicht werden kann. Andererseits hat die Stadtgemeinde Referent Herr GR. Tribrunner. Steyr an der Ausgestaltung der Steyrer Elektrizitätsanlage ein Mit Verordnung vom 18 November 1921 ist angeordnet, erhöhtes Interesse und alle Ursache, sich an dem Unternehmen daß in den einzelnen Gemeinden Einigungsämter aufgestellt zu beteiligen. Durch die Erhöhung der Anteilszeichnung wird werden Diese haben die Aufgabe, außergerichtliche Streitig¬ die Stadtgemeinde Steyr in direkte Verbindung als Aktionär mit keiten im Vergleichswege zu vermitteln und im eigenen Wirkungs¬ dem Unternehmen selbst gelangen und wird der im Antrage ausge¬ kreise zu erledigen. Das Einigungsamt soll je drei Beisitzer aus sprochene Auftrag an das Magistrats=Präsidium noch die nötigen den Dienstgeber= und den Dienstnehmerkreisen erhalten und sind Aufklärungen bringen auch bereits Vorschläge eingelaufen. Es wurde jedoch in der Sektion vereinbart, daß die Parteien im Gemeinderate selbst die Da zum Antrage vom Gemeinderate das Wort nicht ge¬ wünscht wird, leitet der Herr Vorsitzende die Abstimmung ein Vorschläge erstatten mögen Der Herr Referent bringt die und wird der Antrag vom Gemeinderate einhellig angenommen. schriftlich eingelangten Vorschläge zur Kenntnis. Der Herr Vorsitzende stellt fest, daß die Annahme des An¬ Herr GR. Kletzmayr erklärt, daß nach seiner Infor¬ mation die Beisitzer nach der Parität zu wählen seien und ver¬ trages einstimmig und in Anwesenheit von zwei Dritteln der Gemeinderäte erfolgte langt, der Organisation seiner Partei vier Mandate einzuräumen. Herr GR. Klement glaubt jedoch, daß die Zahl der Zum Dringlichkeitsantrage der ersten Sektion wird die organisierten christlichen Landarbeiter keine so große wie ange¬ Dringlichkeit desselben vom Herrn GR. Tribrunner da¬ geben ist und schlägt vor, daß von den Arbeitsgebern die Bei¬ mit begründet, daß sich der Landtag schon in seiner nächsten sitzer Christine Dedic, Kainz Auguste, Kornfeil Therese und von Sitzung mit dem Gesetzentwurfe befassen wird, daher die Be¬ den Arbeitsnehmern Klement, Steffi Putta und Anna Wuschko schlußfassung über den vorliegenden Antrag dringlich erscheint. gewählt werden. Es gäbe nämlich eine Anzahl Arbeitgeber, die Der Antrag lautet: die gesetzlichen Bestimmungen nicht einhalten und wäre es Wie verlautet, beabsichtigt der oberösterreichische Landtag empfehlenswert, hier Wandel zu schaffen die Einhebung einer Fürsorgeabgabe für Landeszwecke, wobei Herr GR. Kletzmayr erwidert, daß die Anschauung des derselbe jenen Gemeinden, welche die Fürsorgeabgabe bisher Herrn Vorredners unrichtig sein dürfte, und daher auf die schon eingeführt hatten, eine Entschädigung in der Weise ge¬ Nominierung von vier Mandaten für das Einigungsamt An¬ währen will, daß er diesen 70 Prozent, bezw. 80 Prozent der spruch erhoben werden muß und zwar: Von den Dienstnehmern Landesfürsorgeabgabe überläßt. Herr Kletzmayr jun und Frl. Brunner und von den Dienst¬ Der Gemeinderat der Stadt Steyr muß an den hohen gebern Frau Fendt und Frau Schagerl. Redner beantragt die Landtag die Bitte stellen, der Gemeinde Steyr die Fürsorge¬ die Wahl der genannten Personen. abgabe zur Gänze und zur freien Verfügung zu überlassen, da¬ Der Herr Vorsitzende eröffnet über diesen Antrag die her die Landesfürsorgeabgabe auf das Stadtgebiet Steyr nicht Wechselrede auszudehnen Es muß bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen Herr GR. Tribrunner macht darauf aufmerksam, daß werden, daß durch eine Entziehung der von der Gemeinde für die Vorschläge nach den Weisungen der Kundmachung zu er¬ ihre Zwecke beschlossenen Abgabe dem Gemeindehaushalte die statten seien. finanzielle Grundlage genommen wird. Herr GR. Witzany erklärt, dem Antrage des Herrn Die Gemeinde Steyr hat in letzter Zeit eine große Anzahl GR. Kletzmayr nicht zustimmen zu können, weil die Organi¬ von Abgaben beschlossen, aber der Ertrag aller dieser ist trotz sationszahl nicht erwiesen sei. Der Sektionsantrag wäre daher der hohen Abgabensätze ein äußerst geringer und steht in keinem zu unterstützen. Verhältnis zu den stetig zunehmenden Abgaben. Da die Rednerliste erschöpft ist, wird vom Vorsitzenden über Immer neue Aufgaben werden den Gemeinden zugewiesen den Antrag des GR Kletzmayr die Abstimmung eingeleitet Der und ebensowenig wie früher wird auch jetzt darnach gefragt, Antrag wird vom Gemeinderat mit Stimmenmehrheit abgelehnt

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2