Gemeinderatsprotokoll vom 17. Juni 1921

des Gemeinderates im Gegenstande vorliegen, um in der Be¬ stellung keine Verzögerung eintreten zu lassen. Bekanntlich sind in der letzten Zeit derart viele Anschlußmeldungen erfolgt, daß das Werk mit dem gegenwärtigen Stromnetz das Auslangen nicht finden könne, oder die Spannung der Lampen so herab¬ gedrückt werden müsse, daß der unhaltbare Zustand der zu ge¬ ringen Stromlieferung aufrecht erhalten bleiben würde. Es wolle daher dem Antrage die Dringlichkeit zuerkannt werden. Der Gemeinderat stimmt der dringlichen Behandlung zu Zum Antrage selbst berichtet der Herr Referent, daß in der Vorstandssitzung der Elektrizitätswerke gefragt wurde, ob es nicht möglich sei, ein anderes Projekt zu suchen, welches billiger wäre. Es wäre wohl noch eine andere Lösung möglich, die einen Aufwand von 800 000 Kronen erfordert, womit aber nur das eine erreicht werden würde, daß wir im Herbste nur den unbe¬ dingt notwendigen Strom erhalten könnten. Ein Mittel, um den Uebelständen abzuhelfen, liegt in der raschen Fertigstellung des Partensteinwerkes und in der Möglichkeit, von dort Strom nach Steyr zu bekommen Die Zuleitung von dorther ist bereits gelegt. Die geplanten Ausgestaltungen des Stromnetzes erfolgt in der Weise, daß eine dauernd gute Versorgung Steyrs mit elektrischem Strom sowohl für Licht wie für Kraft gewährleistet erscheint und keine Umänderung der Anlage nötig wird Hierauf verliest der Herr Referent den § 5 des Strom¬ lieferungsvertrages. Die Sektion hat sich mit der Angelegenheit eingehendst be¬ fast und stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe, der Erhöhung der Stammanteile auf 600 000 Kronen zuzustimmen und zu diesem Zwecke bei der Sparkasse Steyr ein Darlehen in der Höhe von 500.000 Kronen aufzunehmen. Herr GR. Steinbrecher sagt, daß er sich nicht ver¬ hehlen könne, daß die Angelegenheit eine schwere Materie für einen Dringlichkeitsantrag ist und diese von weittragender Be¬ deutung sein wird; eine kollosale Strompreiserhöhung auf elf Kronen ist geplant; für das nächste Halbjahr ist eine weitere Erhöhung um fast 100 Prozent geplant. Daß uns die Elektri¬ zitätswerke gut versorgen wollen, ist für uns ein altes Lied; bei jeder Strompreiserhöhung kommt eine Preisreformation und doch klappt die Stromversorgung niemals. Daß die Gesell¬ schaft für einen erhöhten Stromkonsum ist, ist für uns gewiß aber die Qualität des Stromes wird dadurch für uns nicht besser, weil die Firma auf das Konto der Mehrbezüge immer neue Anschlüsse macht. Wir müssen vor allem eine Garantie erhalten, daß das Licht verbessert wird. Nun liefert die Waffen¬ fabrik auch nach Linz Strom und bekommt umgekehrt wieder von Linz Strom. Wir haben schon oft genug Abhilfe verlangt, aber es ist dennoch nicht besser geworden. Redner frägt: Soll im nächsten Halbjahr schon die Strompreiserhöhung in Kraft treten? (Herr Bürgermeister Wokral beantwortet diese Frage mit Nein.: Redner glaubt aber doch, denn sonst brauche die Gesellschaft keinen variablen Preis vorzuschlagen. Es wäre not¬ wendig zu wissen, mit welchem Zeitpunkte die Preiserhöhung eintritt. Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß in der Sitzung des Beleuchtungskomitees die gleiche Frage an die an¬ wesenden Vertreter der Gesellschaft gestellt und von diesen be¬ deutet wurde, daß nur dann, wenn die Werke nachweisen, daß sie ständig von der Waffenfabrik Strom mittels kalorischer Kraft beziehen, eine Strompreiserhöhung möglich wäre, bis dahin soll eine Erhöhung nicht eintreten Herr Vizebürgermeister Dedic bemerkt, daß er es lieber gesehen hätte, wenn die im Dringlichkeitsantrage zum Ausdrucke gebrachten Anschauungen genauer besprochen worden wären denn die Angelegenheit ist wirklich weittragend. Viele Mitglieder des Gemeinderates sind nicht entsprechend informiert und daher auch nicht in der Lage, hiezu Stellung nehmen zu können. Wenn die Gesellschaft um die Zustimmung zur Ausbauung des Werkes ansucht, so wird dies nur das Mittel zu einem be¬ stimmten Zweck sein. Bezüglich dieser vier Millionen glaube ich, daß der Gemeinderat in der gedachten Form dieser Forderung nicht zu¬ stimmen könne, weil sich die Gemeinde selbst in Geldknappheit befindet und nicht weiß, wo sie für ihre eigenen Bedürfnisse die Mittel aufbringen soll Die Gesellschaft wird gewiß selbst soviel Kredit aufbringen, daß sie sich diese vier Millionen Kronen be¬ schaffen kann. Für die Gemeinde Steyr würde die Uebernahm der Bürgschaft genug sein. Ich vermisse aber auch eine Bestim¬ mung; es solle nämlich heißen, daß nur jene Kosten gemeint sind, wie sie in dem Schreiben der Gesellschaft zum Ausdrucke kommen und daß nur diese zum fünffachen Friedenspreise amortisiert werden sollen. Auch in anderer Beziehung muß ich mich gegen den Dringlichkeitsantrag wenden, daß nämlich die Festsetzung der Strompreise durch das Präsidium erfolgen solle Ich meine, das Gemeinderats-Präsidium soll beraten, aber die Entscheidung über die Höhe des Stromtarifes soll dem Gemeinde¬ rate überlassen werden Ich befürchte und habe die Auffassung daß das Elektrizitätswerk es selbst nicht haben will, daß die Strompreiserhöhungen durch den Gemeinderat gehen, doch wird es nicht schaden, wenn die Strompreise vom Gemeinderate bestimmt werden, denn dies ist eine Frage, die die Allgemein¬ heit betrifft. Weiters müßte auch Garantie gegeben werden, daß zur kalorischen Kraftentwicklung für die Erzeugung des an Steyr zu liefernden Stromes bei der Wasfenfabrik die ent¬ sprechenden Kohlenmengen gesichert bleiben. Die Strompreis¬ erhöhung dürfte keinesfalls früher in Kraft treten, bis nicht vom Werke auch dieser Nachweis erbracht erscheint. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, daß die Forderung ohnedies im Antrage enthalten ist. Herr Vizebürgermeister Dedic verlangt, daß auch ein Passus aufgenommen werde, daß die Strompreise nicht über die Linzer Strompreise hinausgehen dürfen; unsere Preise sind wohl noch unter den Linzer Preisen, wenn nun aber der neue Bau¬ aufwand und dessen Amortisierung dazu kommt, so wird unser Tarif wohl über dem Linzer Tarif stehen. Herr GR. Rudda macht darauf aufmerksam, daß die Preise für Strom aus kalorischer Kraft von den jeweiligen Kohlenpreisen abhängig gemacht werden. Für Steyr handelt es sich aber auch, endlich einmal eine Besserung der Qualität des Stromes zu erreichen Vom Elektrizitätswerke soll ja die Zu¬ sicherung vorliegen, daß genügend Kohle zur Verfügung steht Herr GR. Steinbrecher betont, daß er sich und gewiß auch die Bevölkerung mit der Strompreiserhöhung nicht ein¬ verstanden erklären kann, weil die Erhöhung, welche die Firma an Stern und Hafferl zu zahlen hat, auch hier wieder auf den Konsumenten überwälzt wird. Herr GR. Witzany erklärt, Herrn GR. Steinbrecher recht geben zu müssen und werden wir sicher eine 200prozentige Strompreiserhöhung zu gewärtigen haben. Es wäre besser, die Angelegenheit nochmals durchzubesprechen; Redner stellt den Antrag, die Angelegenheit für die nächste Gemeinderatssitzung zurückzustellen. Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß er Herrn GR. Steinbrecher nicht verstehen könne; es wurde doch auch in der Beleuchtungskomiteesitzung ausdrücklich betont, daß eine Strompreiserhöhung dann eintreten würde, wenn die Werke nachweisen, daß sie unbedingt auf die kalorische Kraft an¬ gewiesen sind; wie und wann sie den Nachweis erbringen, ist eine andere Sache. Es muß daran erinnert werden, daß schon im Vorjahre geklagt wurde, als es sich darum handelte, Stein und die Ennsleitenbauten anzuschließen, daß das Netz dies nicht vertrage; auch wurde von allen Seiten gedrängt, daß unsere Stadtbeleuchtung ausgestaltet werde, dies ist auch geschehen. Die Folge davon ist selbstverständlich ein erhöhter Stromverbrauch, dessen Zufuhr sicherzustellen ist. Zur gegenwärtigen Zeit macht sich der Strommangel noch nicht so fühlbar, tritt aber der Herbst ein, wo Licht und Kraft gleichzeitig abzugeben sein wird, so wird es sich ergeben, daß es dem Werke bei den heutigen Verhältnissen ganz unmöglich wäre, eine solche Spannung herauszubringen und hiefür auch keine Verantwortung über¬ nimmt. Die Klage der Bevölkerung, daß sie 250 Volt bezahlen muß und nur 150 etwa geliefert bekommt, kommt eben durch die Ueberlastung des Netzes Nun kommt aber die Erzeugung von Strom mittels kalorischer Kraft bedeutend höher zu stehen, infolgedessen muß auch eine Erhöhung der Strompreise ein¬ treten oder es muß die Stadtbeleuchtung eingeschränkt werden. Diesen Uebelstand zu beseitigen ist aber sicher notwendig und dies kann nur geschehen, wenn das Netz ausgestaltet und die kalorische Kraft verwendet werden muß. Uebrigens — erklärt Herr Bürgermeister Wokral — muß betont werden, daß die Sektionssitzungen an einem gewissen Mangel leiden, als eine ganze Reihe von Gemeinderäten fast ständig die Sektionssitzungen schwänzen, und wenn schon nicht ständig, so doch wiederholt. Es ist natürlich schwer, dann die nötigen Informationen zu haben. So kann die Geschichte nicht weiter gehen und muß ich schon bitten, daß durch die Nicht¬ informierung der Sektionsmitglieder hier stundenlange Ver¬ handlungen geführt werden müssen; es muß in den Sektionen schon die notwendige Vorarbeit geleistet werden. Bezüglich der Stromlieferung durch die Waffenfabrik wird ein besonderer Vertrag abzuschließen sein und hat auch die Waffenfabrik selbst das größte Interesse daran, daß ihr gewiße Sicherheiten zur Erzeugung des Stromes mit kalorischer Kraft gegeben werden. Was die Bestimmung der Strompreise anbelangt, so ist die Sache auch in Linz nicht anders, als das dort der Stadtrat und bei uns das Präsidium kompetent sein soll. Das Präsidium wird solche Bewilligung auch nur nach Einholung fachmännischer Gutachten bewilligen und hievon den Gemeinderat verständigen. Der Vorsitzende Herr Vizebürgermeister Nothhaft leitet sodann über den Vertagungsantrag des Herrn GR. Witzany die Abstimmung ein. Der Vertagungsantrag wird vom Gemeinderate abgelehnt. Es entwickelt sich eine kurze Wechselrede, in welcher Herr Vizebürgermeister Dedic Abänderungsanträge zum vorliegen¬ den Antrage der ersten Sektion und des Beleuchtungskomitees stellt, wonach der Sektionsantrag nunmehr lautet: Dringlichkeitsantrag des Beleuchtungskomitees und der zweiten Sektion des Gemeinderates: Um die vielen berechtigten Klagen über die unzulängliche und schlechte Versorgung der Stadt mit elektrischem Licht und Kraftstrom zu beheben und eine Ausgestaltung der Verbindung mit der Oesterreichischen Waffenfabriks=Gesellschaft und klaglosen Strombezug zu sichern, wird dem löblichen Gemeinderat folgender Antrag zur Beschlußfassung empfohlen Der Gemeinderat beschließe: 1. Dem vom Elektrizitätswert vorgeschlagenen Ausbaue zu¬ zustimmen

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