Gemeinderatsprotokoll vom 29. Dezember 1920

6 1. 2. 3 4. Erfordernis. Antrag VII. Gesundheitswesen und städtische das Jahr für 1921 Lebensmittelversorgung. 230.008 K Personalauslagen 25.000 „ Impfung, Desinfektion und Obduktion 2.500 „ Hundekontroll 15.000 „ Oeffentliche Anstandsorte 3.000 „ Verschiedenes * * 275.508 K Summe 30,000.000 K 1. Für Lebensmittelbeschaffung 7 30,275.508 K Zusammen. Herr Referent: Auch diese Rubrik weist ganz bedeutende Erfordernisse auf; trotzdem ist die Post für Lebensmittel¬ beschaffung mit 30 Millionen eingesetzt und stelle ich hiezu folgenden Antrag „Der Gemeinderat beschließe, das Magistrats=Präsidium zu ermächtigen, für die Aufnahme eines Darlehens von 30 Mil¬ lionen Kronen die notwendigen Schritte zu unternehmen, gegen einerzeitige Berichterstattung im Gemeinderate Herr GR. Dr. Furrer bespricht die mißlichen Umständ in der Leichenhalle am Friedhof und daß sich die Aerzte bei Obduktionen immer herumstreiten müssen, bevor sie einen Tag¬ löhner zu den Hilfsarbeiten beziehungsweise Wegräumungs¬ arbeiten bekommen. Ferner habe der Magistrat einen Sicher¬ heitswochmann in einen Kurs nach Linz für Marktaufsichts¬ zwecke geschickt; man habe aber nie von einer besonderen Tätig¬ eit desselben gehört. Die Stadtgemeinde habe zwar einen Veterinärinspektor, derselbe arbeitet aber nur wenig für die Stadtgemeinde, weil er nebenbei Angestellter der Bezirkshaupt mannschaft, ist Herr Vorsitzender erwidert, daß der städtische Obertier bereits den Auftrag erhalten habe, daß er mit 1. Jänner arzt ausschließlich den Dienst für die Stadtg meinde zu ver¬ .J. sehen habe. Bezüglich der Marktaufsicht habe der Wachmann nur den Fleischbeschaukurs mitmachen können, da der Kurs für Marktwesen verschoben wurde. In diesen beiden Angelegenheiten sowie über die Leichenhalle, werden dem Gemeinderate ent¬ prechende Anträge vorgelegt werden Rubrik VII wird sodann vom Gemeinderate angenommen. Rubrik VIII. „Kultus, Unterricht, Kunst und Wissenschaft.“ Herr Referent: Die Post 1 erscheint im Jahre 1921 unbe¬ rücksichtigt und bezieht sich dies auf einen vorjährigen Beschluß Bei diesem Anlasse sei erwähnt, daß das Magistrats=Präsidium m Archiv nochmals eine Sichtung vornehmen möge, damit der Akt erforscht werden könne, welcher von dem Rechte der Stadt¬ gemeinde als Inhaberin des Patronates spricht, und welche Kosten hinsichtlich des Pfarrhofgebäudes und des Schulgottes¬ dienstes zu Lasten der Gemeinde gehen. Bezüglich Post 1 „Unterricht“ ist auch die Angliederung der kaufmännischen Fortbildungsschule an die Handelschule inbe griffen Ebenso ist für die Kinderhilfsaktion unter Post 13 ein namhafter Betrag eingestellt. Herr Vizebürgermeister Nothaft. Zu Punkt VIII, Kultus nd Unterricht, möchte ich die Beweggründe vorbringen, welche ch auch in der Sitzung der Präliminarkommission zum Aus¬ drucke brachte. Gegen die Beibehaltung des Schulgottesdienstes wurden in der Präliminarkommission konfessionelle Motive ins Treffen geführt und andererseits in Angelegenheit der Patronats¬ rechte der Vorstadtpfarre erklärt, daß der Akt noch nicht aufge unden worden sei, welcher die Rechte der Gemeinde feststellen könnte. Bezüglich der konfessionellen Rücksichten, muß ich diese wohl als eine Gefühlssache bezeichnen, weil hier ein Prinzip¬ standpunkt zur Geltung kommen soll. Bei dem Patronatsrechten handelt es sich jedoch nicht um Prinzipien, sondern um den Bestand eines wirklichen Vertrages, welcher nicht einseitig gelöst werden kann. Die Gegenseite stützt sich auf das Moment, das der Vertrag nicht auffindbar ist; die Unauffindbarkeit eines Vertrages kann aber denselben nicht ungiltig machen, denn er bildet ein Wertdukoment, welches fortbesteht. Geht zum Beispiel ein Sparkassebuch verloren, so hört der Bestand der Einlage nicht auf, sondern das Buch wird amortisiert. Daß ein Vertrag besteht, beweist die jahrzehntelange Ausübung der damit ver¬ bundenen Rechte durch die Gemeinde. Auf die Rechte kann die Gemeinde allerdings verzichten, nicht aber auf die Pflichten, welche sie dem zweiten Vertragsteile zu halten durch einen Ver¬ trag angewiesen ist. Es wird notwendig sein, die Sache endgiltig auszutragen; im Prozeßwege würde die Gemeinde den Kürzeren iehen müssen, weshalb es wohl angezeigt ist, die Sache noch einmal zu studieren und wenn der Akt wirklich nicht mehr auf¬ zufinden ist, an den bisher gepflogenen Gewohnheitsrechten fest¬ zuhalten. Herr GR. Vogl erinnert daran, daß er im Vorjahre den Antrag auf Streichung gestellt hat, und heuer diese Post aus diesem Grunde verschwunden ist Diese Post muß so lange aufgegeben werden, bis der Akt aufgefunden ist, welcher die etwaigen Pflichten der Gemeinde nachweist. Die Minorität soll ich einfach dafür interessieren, damit der Akt gefunden werde. Hier kann kein ersessenes Recht in Frage kommen, und möchte ch den Antrag der Präliminarkommission aufrecht halten 1. 2. 3. Bedeckung. Antrag VII. Gesundheitswesen und städtische für das Jahr 921 Lebensmittelversorgung. 18.000 K Fleisch= und Viehbeschaugebühren 1.000 „ Desinfektionsgebühren und Wagenbenützung 5.000 innahmen für öffentliche Anstandsorte 500 „ Verschiedene Einnahmen 24.500 K Summe 29,400.000 K Einnahmen aus der Lebensmittelabgabe. 29,424.500 K Zusammen err GR. Professor Brand frägt an, ob das Vorstadt¬ pfarramt von dem vorjährigen Beschlusse verständigt wurde, denn es müsse in die Lage versetzt werden, zur Wahrung ihrer Rtechte die nötigen Schritte einzuleiten err Magistratsdirektor Dr. Habel erklärt, daß keine erständigung ergangen sei, weil man hoffte, den Akt im Archiv zu finden. Es wird ohnehin eine Durchsichtung des Archives tattfinden und bei dieser Gelegenheit hofft man auf den Akt zu kommen Herr GR. Dr. Peyer bemerkt, daß es sich hier nur um rinzipielle Gegensätze handelt und der Waffengang ein tat¬ ächlich verfehlter ist. Hier wird von Patronatsrechten gesprochen ind diese sind ein uraltes kanonisches Recht. Herr Dr Habl hätte die Sache einfacher behandeln können. Auf Patronatsrecht kann die Gemeinde ohneweiters verzichten, nur ist diese Verzicht¬ eistung in einem Zeitpunkte möglich, wenn sie dieses Recht nicht ausgeübt hat. Ich halte dafür, daß diese Angelegenheit nicht das Plenum auf sich nimmt, sondern dies ist eine reine Rechtsfrage, be¬ die das Präsidium mit dem Magistratsdirektor vorerst einigen soll Herr Magistratsdirektor erwidert, daß er das kanonische Recht wohl kenne und aus der Mayrhofers Gesetzessammlung gefunden habe, daß auf Patronatsrechte nicht einseitig verzichte verden könne; es handelt sich nicht so sehr um ein Verzicht, sondern darum, welche Lasten der Gemeinde aus der vorhande¬ nen, aber nicht auffindbaren Urkunde obliegen. Herr GR Witzany erklärt, daß die Majorität es gewiß ls ihr Letztes ansieht, Rechte aufzulassen, so auch nicht das Patronatsrecht über eine Kirche. Ich bin ohneweiters einver tanden, daß man Rechte auf geschichtliche Tatsachen ableitet. Wir könnten aber auch unser Patronatsrecht in Bezug auf die Ernennung des Vorstadtpfarrers in Anspruch nehmen für einen farrer, der Ihnen (der Minorität) nicht angenehm ist; es väre möglich, daß wir den Abgeordneten Dr. Jetzinger ernennen könnten, oder gar einen altkatholischen Pfarrer. Es ist nich ganz ausgeschlossen, daß wir unser zustehendes Recht geltend nachen. Wir sind aber nicht so boshaft (Heiterkeit) und wollen diese Frage der Pflichten der Gemeinde in einer Art und Weise ösen, die uns befriedigt. Im vorjährigen Präliminarprotokoll scheint tatsächlich der Gegenantrag des Herrn GR. Vogl auf Wenn wir in Steyr von alten Verträgen sprechen wollen, so ind sehr wichtige Urkunden einfach verschwunden; ich erinnere nur bezüglich der Dominikanerkirche. Man weiß ganz gut, daß auch in Steyr früher einmal ein freiheitlicher Geist herrschte er die Aufhebung der Religionsgemeinschaften verursachte, die Urkunden darüber sind leider verschwunden. Man hat es nie recht geglaubt, daß ein solcher freiheitlicher Zug wieder in Steyr inziehen werde und stehen heute auf dem Standpunkte, daß jede Religionssekte ihre Lasten und Pflichten aus eigenen Kräften tragen soll. Wenn sich die Herren nicht die Mühe geben, die Urkunde ausfindig zu machen, sind wir nicht in der Lage, ohne irgend eines Beweises der Uebernahmspflicht von Lasten für die Einsetzung eines Betrages zu stimmen Herr GR. Prof Brand sagt, daß die Sache ganz einfach iege Das Magistrats=Präsidium hätte die Vorstadtpfarre ver tändigen sollen, daß der Akt hier nicht auffindbar ist. Die Vor¬ tadtpfarre hätte auf irgend einen Weg gewiß ihr Recht geltend gemacht. Es wird einfach ein Prozeß daraus werden, wer sach¬ ällig wird, will ich nicht prophezeien. Ich bin fest überzeugt daß hinter der begehrten Summe von K 6000 für die Posten 1 und 2 ein rechtlicher Anspruch besteht; diese frühere Leistung wäre nicht bestanden, wenn man nicht hiezu verpflichtet ge¬ wesen wäre Herr GR Vogl bemerkt, daß es durchaus nicht angehe, ohne irgend einen Beweis der Stadt alljährlich solche Beträge aufzuoktroieren. Wer anschafft, der soll auch zahlen. Auch geht es nicht an, daß für Pöllerschießen zu Frohnleichnam Zuschüsse bezahlt werden. Wir haben unbedingt das Recht zu wissen, ol wir vertraglich zu solchen Ausgaben verpflichtet sind. Herr Vorsitzender erklärt, daß das Vorstadtpfarramt so¬ fort nunmehr verständigt werden wird, damit es allenfalls einen dort vorfindlichen Akt vorlegen kann. Herr GR. Krottenau bespricht die Tätigkeit des Jugendamtes und bemerkt, daß die Amtsführung des Jugend¬ amtsleiters entschieden Anerkennung verdiene. Hinsichtlich der Volksbücherei ersucht derselbe infolge des erhöhten Erforder¬ isses für dieselbe den eingesetzten Betrag auf K 20.000.— zu erhöhen und stellt diesbezüglich den Antrag.

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