Gemeinderatsprotokoll vom 10. April 1920

frage die Auskunft erteilt wurde. Dies wurde auch vom Ge¬ meinderate zur Kenntnis genommen. Jetzt kommt mir aber zu Ohren, daß das Bauholz weiter verkauft worden sein soll Diese Mitteilung ist mir durch Zufall zugekommen. Ich möchte Herrn Bürgermeister darüber um Aufklärung ersuchen, wieso es nöglich ist, daß das Holz weiterverkauft worden sei. Zuletzt oll dieses Holz der Baumeister Kade gehabt haben, sodann soll es nach Tomasroith gekommen sein. Herr Bürgermeister erwidert, daß ein Verzeichnis jener Gegenstände vorhanden ist, welche übernommen wurden und welches maßgebend sei. In den Verzeichnissen sind auch ist Lokomobile enthalten; von dem, was Herr Schickl spricht, nicht das Mindeste bekannt und wüßte man nicht, wer sich inen solchen unberechtigten Weiterverkauf herausgenommen hätte, Herr G.=R. Schickl entgegnet, daß ihm Herr Baurat Mlinarszik mitgeteilt habe, daß über das Bauholz die Treuhand telle verfügt habe. Der Sachverhalt muß sich aus den Proto¬ kollen erheben lassen. Das Holz soll durch neun Hände ge gangen sein. Herr Bürgermeister bemerkt hiezu, daß ihn die Sache sehr interessiere und getrachtet werden wird, dem Ge zu meinderate sobald als möglich das Erhebungsmateriale Verfügung zu stellen und kann ich ohneweiters sagen, wenn etwas derartiges gemacht wurde, wovon weder wir noch der Gemeinderat Kenntnis hatte, oder Auftrag hiezu gab, auf das chärfste dagegen vorgegangen werden wird. Wenn auch Ab¬ sichten hiebei verbunden waren, so lasse ich mich darauf nicht ein; wenn ein Verkauf stattfindet, so muß er so stattfinden, daß er dem Gesetze und dem Gemeindestatute entsprechend geschieht. Herr Schickl erklärt, auf die Debatte im Gemeinderate in der damaligen Sitzung verweisen zu müssen. Herr G.=R. Chalupka berichtet, daß diese von Herrn B.=R. Schickl angezogene Angelegenheit in der Baurapport¬ sitzung vor der Gemeinderatssitzung besprochen wurde und Heri Baurat Mlinarszik die Erklärung abgab, daß das Holz schon verkauft war, bevor die Uebernahme der Häuser auf der Enns¬ leite erfolgte. Nach dieser Erklärung wäre also das Holz nicht Eigentum der Gemeinde gewesen; es wäre vielleicht gut, die Akteneinsicht vorzunehmen. G.=R. Aigner berichtet, daß Herr Baura Herr Mlinarszik in der Baurapportsitzung auch erklärt habe, daß der erlös aus dem Holzverkaufe per 85.000 K in die Gemeinde¬ tasse geflossen sei und dies die erste Einnahme aus den Häusern war. Herr Bürgermeister erwidert, daß die Sache einer Aufklärung bedürfe, es müssen sowohl das Verzeichnis der über¬ nommenen Gegenstände, wie die Protokolle her. Allerdings hänge dies mit der heutigen Tagesordnung nicht so enge zu¬ sammen; nichtsdestoweniger wird die Angelegenheit gründlich Untersucht werden Der Gemeinderat stimmt sodann dem Sektionsantrag zu. 26. Beschlußfassung über die Anträge der Spitals¬ kommission. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. — Infolge der fortwährenden Steigerungen aller Lebens¬ zittelpreisen hat sich der Gemeinderat heute wieder mit einer Bitte der Frau Oberin des Krankenhauses wegen Regelung der Verpflegskosten zu befassen. Es wird dies bereits die dritte Re¬ zutierung sein. Um die Sache zu einem Entschluß zu bringen, hat die Spitalskommission in ihrer Sitzung am 19. März eine eratung abgehalten, welcher auch Herr Primarius Dr. Oser dsgezogen wurde. Im Verfolge dieser Sitzung hätte auch eine kombinierte Sitzung der II. Sektion mit der Spitalskommission stattfinden sollen, welche jedoch iufolge der frühen Stunde der Zinderufung, zu welcher die Mitglieder nicht erscheinen konnten icht beschlußfähig wurde. Es wurde jedoch noch vor der Ge¬ meinderatssitzung mit den Mitgliedern der Spitalskommission ind der 11. Sektion ein U bereinkommen erreicht, in welchem ich ermächtigt wurde, die Beschlüsse der Spitalskommission zu vertreten. Auf Grund dieser Ermächtigung erstatte ich das Referat. Es muß zugegeben werden, daß es für die Frau Oberin bei den neuerlich gestiegenen Preisen, worüber dem Ansuchen eine Aufstellung beiliegt, mit 5 K pro Kopf und Lag unmöglich ist, das Auslangen zu finden. Die Frau Sderin hat dem Begehren des Gemeinderates buchhalterische zulzeichnungen zu machen, vollauf entsprochen, so daß auch in diesem Belange das Begehren der Frau Oberin, die Mehl echnung nachzuzahlen, eine nachweisliche Begründung erjährt. Diese Buchhaltung ist seit 1. Jänner eingeführt. Es ist daher 24 Grund der Rechnungslegung zugrunde liegenden Belege iche genau geprüft wurden, dem Gemeinderate auch die Möglichkeit gegeben, nunmehr auch dem Begehren der Frau Sderin auf Nachzahlung der Mehlrechnungen zu entsprechen. on der Sitzung der Spitalskommission vom 19. März ersuchtt 2 Frau Oberin um Abnahme der Verwaltung der Küche, oben ine Gebühr festzusetzen, wodurch das Auslangen gefunden werden zün. Dieses Begehren löste in der Spitalskommission eine länger Wechselrede aus, in welcher sich herausstellte, daß die Ver schnung sich viel schwieriger gestalten würde, wenn der Küchen. dtrieb Privaten überlassen werden müßte; auch würde der Lemeinde die Anstellung einer kostspieligen Kraft erstehen und der Frau Oberin ein Gehalt zugesprochen werden. Gegen eine Küchenbetrieb durch Private sprach sich auch Herr Primarius Dr. Oser sehr lebhaft aus und erklärte, daß er als Protestant gewiß kein Protektor der Schwestern sei, ein Abgang der Schwestern vom Küchenbetriebe erfahrungsgemäß ein Einreißen von Disziplinlosigkeit und eine Wärterinnen¬ Willkür zu befürchten lasse, so daß von Zucht und Ordnung kaum mehr gesprochen werden könnte. Auf Grund der Er¬ klärung dieses gewiß unparteiischen Zeugen müsse erkannt verden, daß nicht allein die Krankenpflege selbst, sondern auch die Erfolge der ärztlichen Tätigkeit sehr in Frage gestellt würde, venn tatsächlich die Schwestern den Küchenbetrieb nicht mehr führen würden. Herr G.=R. Aigner verwies darauf, daß auch ie Bevölkerung Steyrs mit einem derartigen Wechsel nicht einverstanden sein würde. Nach längerer Debatte erklärte sich die Frau Oberin bereit, die Verpflegung auch weiterhin zu übernehmen, doch müßte sie für die III. Klasse pro Kopf und Tag 8 K, für die II. Klasse 15 K beanspruchen und dies auch tur für die Zeit, als die Lebensmittel keine bedeutende Er¬ höhung erfahren. Die Orden haben ja ohnehin keinen materiellen Erfolg, sondern höchstens alle Jahre ein paar abgerackerte Schwestern, die dann im Mutterhause verpflegt werden müssen Damit nun einerseits jede Art von Mißtrauen, über welches ich die Frau Oberin beklagte, in Wegfall kommt, andererseits der Gemeinderat nicht allzuoft mit der Regulierung der Verpflegskosten und Verpflegsgebühren sich beschäftigen muß einigte sich die Spitalskommission zu dem nunmehr an den Gemeinderat zu richtenden Vorschlag 1. Die Verpflegskosten für die III. Klasse mit 8 K und für die 11. Klasse mit 15 K an die Frau Oberin festzusetzen und 2. wegen der steten Preisschwankungen aller Lebensmittel die sogenannte gleitende Erhöhung einzutreten habe. Die 11. Sektion hat sich den Argumenten vollinhaltlich angeschlossen, und stellt daher den definitiven Antrag: Der Gemeinderat beschließe 1. Die Höhe der nunmehr an die Frau Oberin zu ahlenden Verpflegsgebühren nebst gleitender Zulage in vor genannten Beträgen rückwirkend ab 1. Februar 1920 zu ge iehmigen 2. sofort unter Darlegung der Gründe und Hinweis auf das drohende Defizit von 190.000 bis 200.000 K beim ober¬ sterreichischen Landesrate um die Genehmigung von Verpflegs¬ osten von 15 K für die III. Klasse einzuschreiten und um die dringlichste Erledigung zu ersuchen und 3. die Verpflegsgebühren für die II. Klasse mit 40 K und für die I. Klasse mit 50 K festzusetzen Herr Vizebürgermeister Dedic erklärt, nicht einzusehen, daß die Frau Oberin für die 11. Klasse 15 K an Verpflegskosten erhält, weil doch ein Beschluß auf Einführung der Einheitskost vorliegt und bei Durchführung dieses Beschlusses die Frau Oberin mit den Verpflegskosten von 8 K auch für die II. Klasse das Auslangen findet err Vizebürgermeister Mayrhofer erwidert, daß die Frau Oberin ja auch mit den 8 K für die III. Klasse nicht auskommen kann, wenn nicht in der II. und 1. Klasse zahlungs¬ kräftigere Personen verpflegt würden, so daß mit der Zahlung von 15 K für die II. und 1. Klasse gewissermaßen ein Aus¬ leich stattfinden wird. Die Aerzte und alle, welche im Kranken¬ hause eine aufreibende Tätigkeit haben, müssen gut verpflegt verden und wäre es ausgeschlossen, diese mit 8 K pro Tag und Kopf zu leisten. Wollte man die Einheitskost, für welche er jederzeit eintrete, durchführen, so müßte eine grundlegende llenderung in der ganzen Verwaltung und Betriebsführung eschehen Herr G.=R. Schickl beantragt Schluß der Debatte Nach aufklärenden Worten des Herrn Vorsitzenden ber die Notwendigkeit der Erhöhung der Verpflegsgebühren für die II. und I. Klasse, deren Bestimmung im Wirkungskreise er Gemeinde liege, beschließt der Gemeinderat, dem Sektions intrage zuzustimmen und die Wirksamkeit dieser neuen Ge¬ bühren mit 20. April l. J. festzusetzen. Ferners wird der Frau Oberin die Nachzahlung der zurückgestellten Mehlrechnungen bewilligt Weiters beschließt der Gemeinderat, auf Antrag der Spitalskommission der Lohnerhöhung an Kaspar Holzmüller um 50 %, der Remuneration der Torwartin Mayrhofer um 100 % und der Gebühren der Pflegerin Gallistl von 90 K auf 50 K pro Monat ab 1. Jänner 1920 zuzustimmen. 27. Stellungnahme zur Zeichnung von 4%iger Losanleihe Referent Herr G.=R. Saiber. die Stadtbuchhaltung hat im Wege des Magistrates bereits Zeichnungen zur Losanleihe angemeldet und zwar zu einem Gesamtbetrage von 480.000 K. Die Sektion beschloß em Gemeinderate die Kenntnisnahme dieser Anmeldungen zu mpfehlen und stellt den diesbezüglichen Antrag. Es entwickelt sich eine lebhafte Wechselrede, durch welche der Gemeinderat der einhelligen Ansicht hinneigt, möglichst viel Kriegsanleihen für Zeichnung der Losanleihe abzustoßen und die Sektion zu beauftragen, zu erheben, bis zu welchem Betrag

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