Gemeinderatsprotokoll vom 24. Oktober 1919

übernehmen solle und bemerkt hiezu, daß dadurch die Gemeinde selbst mehr aus dem Spiele kommt, da sich die Parteien direkt mit dem Elektrizitätswerke ins Einvernehmen zu setzen hätten und in der mietweisen Abstattung viel ruhigere Ordnung ein¬ trete als die drei Zahlungen für Wohnung, Licht und In¬ stallation nicht zu viel getrennt erfolgen müßten. Herr Referent G.=R. Frühwald nimmt das Schlu߬ wort und warnt, die Bewohner der Ennsleiten durch Ver¬ wendung von Eisenleitungen durch das Elektrizitätswerk in Un¬ kosten zu stürzen; hiefür lehne er schon jetzt jede Verantwortung ab. Außerdem wird das Elektrizitätswerk gar nicht in der Lage sein, heuer die Installationen fertigzustellen. Die Firma Hack könnte schon morgen um 7 Uhr beginnen. Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic erkennt, daß der Antrag in zwei Teile zu teilen sei, erstens in dem Antrage auf Vergebung der Arbeiten und zweitens in der Form der Vergebung. Zum zweiten Teile liegt ein Gegenantrag des Herrn Bürgermeisters Wokral vor, die Installation in jener Form zu vergeben, daß die Kosten derselben mietweise, also in monatlichen Raten von der betreffenden Firma selbst eingehoben werden, so daß die Gemeinde im Vorhinein keine Auslagen zu tragen hat; für die Gemeinde handle es sich eben darum, ob sie 70.000 K oder 72.000 K ausgeben will oder nicht. Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic läßt über den Antrag des Herrn Bürgermeisters Wokral abstimmen, welcher mit 15 gegen 12 Stimmen angenommen wird. Herr G=R. Frühwald gibt die Erklärung ab, daß auch die Firma Hack die Installationen in diesem Sinne über¬ nimmt, dies nur aus Rücksicht für ihre Arbeitskollegen, aus deren Kreisen sie stamme. Diese Erklärung wird zur Kenntnis genommen und be¬ schlossen, die Sektion mit der Durchführung der ganzen An¬ gelegenheit zu beauftragen. Herr Bürgermeister Wokral übernimmt wieder den Vorsitz. Herr Bürgermeister Wokral berichtet zum Punkte 6 der Tagesordnung; Beschlußfassung über die Eingabe der Elektrizitätswerke Steyr über Erhöhung der elektrischen Licht¬ und Strompreise, daß noch Aufklärungen nötig seien. Die be¬ züglichen Erhebungen werden durch die Herren Fachschuldirektor Wolf und G.=R. Rudda bei Einsicht in die Bücher der Gesell¬ chaft gepflogen, welche jedoch noch zu keinem solchen Resultate geführt haben, daß Herr Direktor Wolf in der Lage gewesen wäre, noch vor der Gemeinderatssitzung das Gutachten schriftlich zu erstatten. Dieser Punkt wird daher heute von der Tages¬ ordnung abgesetzt. Angenommen. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erklärt zum Schlusse der Sitzung, dem Gemeinderat eine Mitteilung zu machen verpflichtet zu sein und ersucht, dem Präsidium in gewissen Richtungen Vollmachten zu erteilen. In den letzten Tagen gingen Gerüchte herum, daß mit dem Wirtschaftsbeamten Kern in der städt. Ausgabestelle etwas nicht in Ordnung sei. Tat¬ sache ist, daß der Leiter unserer städt. Ausgabestelle seit einigen Tagen abgängig ist Montag vormittags war Kern noch im Geschäfte und hatte erklärt, daß er krank sei und deshalb nach¬ mittags zu Hause bleiben werde. Daran war gewiß nichts auf¬ älliges Am Dienstag sind verschiedene Waren eingelangt und ollten von Kern übernommen werden. Man hat ihn gesucht, mußte jedoch erfahren, daß er angeblich abgereist sei und seiner Frau die Nachricht hinterlassen habe, er hätte in Fett= oder käsekaufangelegenheit auswärts zu tun, wovon er aber dem Amte keine Meldung machte. Es hieß, er werde wahrscheinlich abends zurückkommen, was aber nicht der Fall war. Inzwischen wurde erfahren, daß er nicht allein abgereist, sondern in Be¬ gleitung, so daß vermutet werden mußte, daß er keine Absicht abe, wieder zurückzukehren. Da natürlich der Betrieb nicht stille stehen konnte, wurde veranlaßt, daß Herr Wenger von Linz hieher berufen wurde, um auch die Revision der Bücher und Warenbestände vorzunehmen, damit kontrolliert werde, ob ein Abgang in der Gebarung bestehe oder nicht. An der Revision wirken gegenwärtig Herr G.=R. Baumgartner, Herr Offizial Eder und Herr Rußmann mit. Es liegt aber noch eine Verpflichtung zu einer weiteren Mitteilung vor, da uns zur Kenntnis gebracht wurde, daß über einen Waggon Bohnen zu verfügen sei. Hierüber hat weder das Wirtschaftsamt noch der Wirtschaftsrat Aufklärung geben können und hat es sich herausgestellt, daß der Stampiglienaufdruck auf dem Frachtbriefe mißbrauchend zu einer Manipulation verwendet wurde, um mit Waren Handel zu treiben. Diesen Frachtbrief hat ein gewisser ahlig übernommen und besteht der dringende Verdacht, daß hier ein Schleichhandel im größeren Ausmaße vorhanden ist. Um die Verabredungsgefahr zu beseitigen, wurde sofort veran¬ laßt, daß die betreffenden Personen in Verwahrungshaft ge¬ nommen wurden. Die Untersuchung wird zeigen, inwieweit Schleichhandel vorliegt. Dies bitte ich als Mitteilung zur Kenntnis u nehmen. Möglicherweise sind damit auch noch andere Personen in Verbindung Auf Grund der bisher bekannten Tatsachen ist es aber selbstverständlich, daß eine Weiterver¬ wendung des Herrn Kern nicht mehr erfolgen kann und ersuche ich um die Ermächtigung, diese Stelle des Wirtschaftsbeamten sofort zur Ausschreibung zu bringen. Es muß aber auch gesagt werden, daß seitens des Kassa¬ amtes berichtet wird, daß es ein förmliches Vergnügen war, mit Herrn Kern zu verkehren, daß seine Abrechnungen stets gestimmt und er auch pünktlich mit der Abrechnung zugegen war. Ueber das Ergebnis der näheren Untersuchungen werde ich Sie in Kenntnis setzen. Herr G.=R. Steinbrecher stellt namens des Wirt¬ schaftsrates fest, daß die Bohnen jedenfalls nicht aus dem Be¬ stande der Wirtschaftswaren der Stadt Steyr sind, da diese solche Mengen gar nicht zur Verfügung habe. Weiters ersucht Herr G.=R. Steinbrecher gegen das Auftreten der Tanzepidemie, besonders gegen die Tanzschulen eindämmend zu wirken. Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß diese An¬ zelegenheit sehr peinlich sei; erst in allerjüngster Zeit befassen ich Vereinigungen mit Veranstaltung von Tanzabenden, die sich früher nie dazu hergegeben haben; es sei schwer, gegen solche durch einen Verein veranstaltete Tanzarrangements aufzutreten. Die Angelegenheit wird aber jedenfalls geprüft und ein zurück¬ haltender Standpunkt eingenommen werden. Herr G.=R. Schörkhuber ersucht, durch Kundmachungen die Hausbesitzer auf den Bestand des Wohnungsamtes auf¬ merksam zu machen, da dasselbe fast vollständig ignoriert wird. Herr Bürgermeister sagt zu, Kundmachungen an¬ ertigen zu lassen und dieselben mit dem Auftrage an die Haus¬ besitzer auszugeben, daß die Kundmachungen in den Haus¬ luren angeschlagen werden, wobei auf die nachteiligen Folgen der Nichtbefolgung von Aufträgen und Anforderungen des Wohnungsamtes hingewiesen werden wird. Tatsache ist, daß sich wiederholt Personen um Einreisebewilligung mit der Be¬ hauptung bewerben, daß sie seit Monaten in Steyr eine Wohnung gemietet haben und dadurch den Zweck und die Auf¬ gaben des Wohnungsamtes und der Wohnungsfürsorge zu um¬ jehen trachten. In der bezüglichen Kundmachung wird auf die Unstatthaftigkeit eines solchen Vorganges und darauf hinzu¬ weisen sein, daß Unkenntnis nicht vor dem Gesetze schützt. Hierauf erfolgt um 5 Uhr nachmittags Schluß der Sitzung,

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