Gemeinderatsprotokoll vom 3. Mai 1919

reifere Jugend hauptsächlich stofflich die Grundzüge der von Gesellschaftswissenschaft, rechtzeitig Behandlung Geschlechtskrankheiten, geschlechtliche Jugendexzesse un deren natürliche Heilung, vom ärztlichen Standpunkt tolerant und gewissenhaft behandeln. Die Sektion beantragt: Der löbliche Gemeindera wolle beschließen, es sei bezüglich der Abhaltung solcher Vorträge zunächst mit den Direktoren der in Frage kommenden Schulen Rücksprache zu nehmen und auch mit der Vereinigung der Aerzte von Steyr dies¬ bezüglich in Verbindung zu treten. Herren Direktoren Zu diesem Behufe wären die ein Vertreter der Aerzte zu einer Sitzung dem und IV. Sektion einzuladen Eine endgültige Beschlußfassung über den vor liegenden Antrag hätte erst nach dieser Unterredung mit den beteiligten Faktoren zu erfolgen. 25 G.=R. Dr. Furrer begründet hierauf seiner Antrag, welcher lautet: Die Gefertigten beantragen die Errichtung einer Beratungsstelle für Geschlechts¬ kranke in Steyr. (Folgen die Unterschriften. Hiezu führt G.=R. Dr. Furrer aus, daß die Syphilis bedauerlicherweise im steten und erschrecklichen Fortschreiten begriffen sei und eine Beratung aller Kreise zur Verhütung der Ansteckung dieser lebens zerstörenden Krankheit äußerst dringlich wird. Di medizinische Wissenschaft sei heute im Stande, innerhalb der ersten drei Wochen eine verläßliche Diagnostik steller und noch rechtzeitig eingreifen zu können, wenndie Betroffenen die falsche Scham ablegen und inder zu schaffenden Beratungsstelle vertrauliche Hilfe suchen. Die Betroffenen seien es schon ihren Mitmenschen chuldig, sich unter allen Umständen der ärztlichen Be handlung zu unterziehen, da die Ansteckungsgefahr eine eminente ist. Zu der Beratungsstelle wird auch seiten des Staates ein Einrichtungsbeitrag zu erhalten sein wie auch aus Demobilisierungsgütern jene physikalischen Instrumente erhältlich sein werden, mit denen die Beratungsstelle so rasch als möglich eingerichtet werden könne. Es erübrige vor allem die nötigen Lokale zi sichern und dieses humanitäre Hilfswerk für die ge fährdete Menschheit in die Tat umzusetzen. Die G.=R. Witzany, Krottenau befürworten der Antrag auf das Wärmste. Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt hiezu daß der Antrag in drei Teile zerfalle. 1. in die Ver anstaltung von Vorträgen nach dem Antrage des G.=R. Krottenau, 2. in Schaffung von Räumen für die Beratungsstelle nach dem Antrage des G.=R Dr. Furrer und 3. in die Vornahme der Wasser mann'schen Proben. Es wird sich empfehlen, den In¬ ektionspavillon ehestens auszuführen. G.=R. Prof. Goldbacher erwidert, daß in der Realschule stets aufklärend gewirkt werde. G.=R. Rei¬ singer verweist auf die Opfer, die die Krankenkasser zur Aufklärung der Bevölkerung schon gebracht habei und G.=R. Prof. Brand bemerkt, daß die Stadt¬ gemeinde nur auf die Volks= und Bürgerschuler Einfluß habe, wo eine sexuelle Aufklärung noch nicht necht am Platze sei. Am besten und sichersten sei es das 6. Gebot einzuhalten, wodurch sich die Menschheit am besten schütze G.=R. Klement glaubt, daß der Menschhei und insbesondere der Jugend vor allem klar gemach werden müsse, daß eine verschämte Verschweigung einer Geschlechtskrankheit der größte Fehler sei. Auch die rugend soll durch Aufklärung vor den Gefahren ge¬ schützt und vor Verschweigungen gewarnt werden Der Gemeinderat stimmt sodann dem Sektions¬ antrage und dem Antrage des G.=R. Dr. Furrer zu 13. Antrag der G.=R. Chalupka und Kisely auf Einführung der Einheitskos m hierortigen Krankenhause Referent G.=R. Klement bringt zunächst den Antrag zur Verlesung, welcher lautet: „In letzter Zeit wurde vielfach über die Verpflegung der III. Klasse¬ Patienten des öffentlichen Krankenhauses in Steyr Klage geführt und scheinen diese Beschwerden nicht unbegründe zu sein. Insbesondere wurde darauf verwiesen, daß die Verpflegung in der II. und I. Klasse wesentlich besser und reichhaltiger ist, was auch aus dem wiederholten Lob der Klassenpatienten geschlossen werden kann Da es nicht angeht, daß zu einer Zeit der größter zebensmittelschwierigkeiten und des Mangels an Allem was zur Verpflegung nötig ist, auch in einem Kranken¬ hause bestimmte Klassen bevorzugt werden und auf Kosten der unbemittelten Kranken eine bessere Ver¬ sorgung genießen, stellen die Gefertigten den 292 Antrag „Der Gemeinderat der Stadt Steyr wolle be¬ chließen, es sei im Allgemeinen städt. Krankenhause eine Einheitskost einzuführen und die Sonderverpflegung in der I. und II. Klasse unverzüglich einzustellen. Für die Verpflegung im hiesigen Krankenhause habe in Hin¬ kunft nicht die Bezahlung, sondern die ärztliche Diät¬ vorschrift maßgebend zu sein. Die Sektion ist zu dem Entschlusse gekommen diesen Antrag gutzuheißen, nur solle das Begehren da¬ durch näher ausgedrückt werden, als es heißen soll, daf im Krankenhause eine einheitliche Diätkost einzuführer ei. Die Gemeindevorstehung möge beauftragt werden sich so rasch als möglich mit den kompetenten Faktorer zwecks Durchführung dieser einheitlichen Diätkost, mit welcher sich auch Herr Primarius Dr. Oser einver standen erklärte, ins Einvernehmen zu setzen Bürgermeister Wokral gibt zum Sektions¬ antrage noch nähere Aufklärungen auf Grund der Rücksprache mit dem Herrn Primarius und der Schwesten Oberin. Hiebei habe die Schwester Oberin die Mit¬ teilung gemacht, daß sie mit Rücksicht auf die neuerlichen sehr bedeutend erhöhten Mehl= und Brotpreise mit der Verpflegskosten von K 1 80 per Kopf und Tag un¬ möglich mehr das Auslangen finden könne und demnächst mit einer Forderung auf Erhöhung herantreten werd müssen; andernfalls wäre sie gezwungen, die Ver¬ pflegung der Patienten einzustellen. Das Spitalkomitee müsse mit der Ausarbeitung eines Berichtes beauftrag werden, damit dem Gemeinderate eine entsprechende Vorlage unterbreitet werden könne. Das Land müss weiters endlich begreifen, daß diese Reverssache und Zurücksetzung der einheimischen Kranken im Verpflegs¬ kostenersatze aufhören müsse. G.=R. Prof. Brand bemerkt, daß glaublich das Land bereits die vollen Verpflegskosten leistel Bürgermeister Wokral erklärt, daß dessen un¬ geachtet für die nächste Sitzung ein Antrag auf Er¬ höhung der Verpflegskosten für die Oberin vorzu¬ bereiten ist. Was die verlangte einheitliche Diätkost anbelangt, haben sowohl Herr Primarius Dr. Ose wie die Frau Oberin erklärt, daß sie mit dem Antrage einverstanden sind, nur müssen die entsprechenden Mitte gewährt werden, um diese auch einführen zu können. G.=R. Bachmayr vertritt die Anschauung, das vor allem die Bestimmung der Kost für die Kranken in die Kompetenz des Herrn Primarius falle und daher eine Vorschrift der Kost durch die Krankenhauskommission nicht recht verständlich ist. G.=R. Prof. Brand macht aufmerksam, das hinsichtlich der Verpflegskosten per 5 K vielfach die An¬ schauung besteht, daß diese 5 K die Frau Oberin be¬ kommt, während sie in Wirklichkeit hievon nur 1 K 80 h erhält, mit welchen Betrag sie außer dem Patienter noch zirka 40 andere Personen, Schwestern und Dienst¬ boten zu verpflegen hat. (Zwischenrufe: Sehr traurig „Ist nicht möglich“ Vizebürgermeister Mayrhofer: Ja, das stimmt. Ehre, wem Ehre gebührt“!) Sie können sich denken, wie schwer dies für die Frau Oberir ist. Der Gemeinderat wird nun zu seinem Antrag auch die Mittel aufbringen müssen und ist dem Antrage dann voll und ganz zuzustimmer G.=R. Chalupka erklärt, daß der Sinn des Antrages dahin gehe, daß auch den Patienten der III. Klasse dieselb gute und reichlich genügende Diätkost zugewendet werde, wie den Patienten der II. und I. Klasse. Die Patienten der II. und I. Klasse können sich durch ihre finanzieller Mittel leicht selbst noch Zubußen verschaffen G.=R. Fendt glaubt, daß die Angelegenheit eigentlich noch nicht recht spruchreif und beschlußfähig sei und noch Erhebungen über die Durchführbarkeit de¬ 7

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