Gemeinderatsprotokoll vom 28. Jänner 1919

wohl am geeignetsten wäre, der Unterkunft einer solchen Schule zu dienen. Es widerspricht also die Unterbringung der Gendarmerieschule in der Wehrgrabengasse ganz dem Zwecke der bestehenden Kasernen. Ich werde mir später noch erlauben, auf den meritorischen Teil der Kasernen¬ angelegenheit näher einzugehen Herr Vorsitzender: „Ich muß selbst sagen, daß die Einbringung dieses Dringlichkeitsantrages, der mir 20 Minuten vor der Sitzung übergeben wurde, mich überrascht hat und mir die Unterbringung der Gen¬ darmerieschule in der Wehrgrabenschule das aller¬ neueste ist err GR. Zwicker: „Man muß doch fragen, auf wessen Veranlassung die Wehrgrabenschule belegt wurde. Wenn dies der Herr Bürgermeister wieder allein gemacht hat, so geht dies nicht. Wir sollen uns plagen und jetzt wird schon wieder allein verfügt“ Herr GR. Prof. Brand: „Ich kann namens des Stadtschulrates erklären, daß derselbe von dieser Ver¬ wvendung der Wehrgrabenschule nichts wußte; wir hätter uns sonst entschieden dagegen gewehrt. Der Grund für den Halbtagsunterricht soll vielmehr in dem Mangel an Brennmaterial liegen. Daß man aber den dadurch bedingten Halbtagsunterricht benützt, um die Wehrgraben¬ chule wieder Zwecken von Militärbequartierungen zuzu¬ führen, davon haben wir nichts gewußt; wir hätten uns entschieden dagegen verwahrt“ Herr GR. Vogl: „Auf die Ausführungen des Herrn GR. Brand muß ich erwidern, daß der Mangel an Heizmaterial für die Einführung des Halbtagunter¬ richtes kein stichhältiger Grund ist. Ich kann mir nicht gut vorstellen, daß man die Gendarmerieschule in den kalten Zimmern lasse und wenn für diese Gendarmerie¬ chule Heizmaterial vorhanden ist, so wird wohl für die Volksschule auch Holz und Kohle vorhanden sein“ herr GR. Kirchberger: „Ich möchte darauf ver¬ weisen, daß der Bedarf an Heizmaterial für Erwachsene nicht so groß ist, wie für Schulkinder“ Zwischenrufe: Zur Sache selbst sprechen!) Herr Vorsitzender: „Ich schreite über die Dring ichkeit des Antrages zur Abstimmung, da zur Dring lichkeit des Antrages nicht mehr gesprochen zu werden scheint“ Die Dringlichkeit des Antrages wird vom Gemeinde¬ ate ungenommen. err Vorsitzender: „Ich erteile dem Antragsteller zum Antrage selbst das Wort“ Herr GR. Witzany: „Ueber den Antrag selbst wveiter viel zu sprechen, dürfte überflüssig sein. Ich möchte aber betonen, daß es für die Kinder auf der Ennsleite von unbedingter Notwendigkeit ist, die ver¬ ügbaren Schulen wieder in normale Tätigkeit treten zu lassen. So geht die Sache doch nicht weiter. Die Kinder können überhaupt das Lehrziel gar nicht oder tur schwer erreichen und bleiben daher in ihrer Schul¬ bildung sehr weit zurück. Dies ist der Beweggrund unseres Dringlichkeitsantrages und ersuche ich für den¬ selben zu stimmen Herr GR. Prof. Erb: „Ich fühle mich verpflichtet, namens des Ausschusses für Kasernangelegenheiten hier einen kurzen Bericht über die bisherige Tätigkeit dieses Ausschusses zu erstatten. Der Ausschuß für Verwendung der Kasernen hat bereits Sitzungen abgehalten. Wir konnten uns aber ohne Unterschied der Partei derzeit für eine bestimmte Verwendung der Kasernen aus dem Grunde nicht aussprechen, weil erstens die Kasernen noch nicht vollständig geräumt, dieselben vom Staatsamte für Heereswesen noch in Verwendung stehen und die Gemeinde daher noch kein ausschließliches Verfügungs recht über dieselben besitzt. Um dieses unhaltbare Ver¬ hältnis zwischen Stadtgemeinde und Staatssekretär für Heerwesen irgendwie zu bereinigen, habe ich vom Aus¬ schuß den Auftrag erhalten, mich an die Landesregierung in Linz (Landeshauptmannstellvertreter Langoth), sowie an den Staatssekretär für Heereswesen zu wenden. Dies ist geschehen und ist auch die Antwort eingelangt, 5 daß die Regierung in dieser Angelegenheit so rasch als möglich Stellung nehmen wird um die Lösung dieser Frage zu ermöglichen. Ob die Lösung wirklich so rasch wie erhofft erfolgen wird, kann nicht gesagt werden; ebensowenig, wie der Entschluß der Regierung ausfallen vird. Der Ausschuß kann aber insolange weiter nichts vorkehren, bevor nicht die Entschließung der Staats¬ egierung bekannt ist. Diese Entscheidung ist für uns owohl vom juridischen als auch vom finanziellen Stand¬ punkte aus außerordentlich weittragend, weil wir nicht vergessen dürfen, daß uns der Pacht der Artillerie¬ und Jägerkaserne jährlich eine Einnahme von über 130.000 K abwirft. Die rechtliche Frage ist natürlich benso schwer zu lösen und spitzt sich diese Frage für die Stadtgemeinde außerordentlich zu. Ich meine aber aß, wenn diese Fragen auch noch nicht gelöst werden konnten, doch die Verwendung der Kasernen für Zwecke der Gendarmerieschule oder für andere militärische Zwecke nahe liege und diese Unterbringung der gedachten Schule doch in irgend eine Form zwischen Gemeinde und Staatssekretariat gebracht werden und geleitet werden könnte. Dies ist jetzt Aufgabe der Gemeinde¬ orstehung, sich darüber klar zu werden, sowie auch darüber, was beim Staatssekretariate für Heereswesen, bzw. der Linzer Landesregierung anzubahnen ist. Aus diesem Berichte wollen sie ersehen, daß sich der Ausschuß tatsächlich bereits so weit als möglich mit der ihm auf¬ erlegten Aufgabe beschäftigt hat und daß den Ausschuß eine Schuld trifft, wenn eine durchgreifende Erledigung noch nicht erfolgen konnte“ err GR. Prof. Brand: „Der Stadtschulrat hat sich alle Mühe gegeben, den ganztägigen Unterrichts¬ betrieb aufrecht zu erhalten, aber das Bauamt hat wie immer auch hier versagt und hat uns erklärt, daß ihm weder Holz noch Kohle für einen ganztägigen Unterrichts¬ betrieb zur Verfügung steht. Herr Bezirksschulinspektor Reinelt hat sich mit mir persönlich bemüht, um dieses Hindernis zu beseitigen und haben wir gemeinsam in den letzten Tagen Herrn Ing. Treml gebeten, er möge alles tun, damit die Kinder wieder den vollen Unter¬ richtsbetrieb genießen können. Aber leider konnte uns auch Herr Ing. Treml nicht helfen. Dies ist sehr be¬ dauerlich, aber es geht anderen Orten auch nicht besser Z. B. in meiner Heimat Leitmeritz, welches unmittelbar an der Grenze des Kohlengebietes liegt, gibt es tagelang einen Schulunterricht und ist dies aus dem Umstande zu erklären, daß Kohle aus den tschechischen Gebieten nicht ausgeführt werden darf. Seitens des Stadtschul¬ rates ist sicher alles geschehen, um den Unterricht nach Tunlichkeit aufrecht zu erhalten und wird der Stadt¬ chulrat auch zukünftig nichts unversucht lassen, um den ganztägigen Unterricht zu ermöglichen“ Herr GR. Dr. Harant: „Ich glaube, wir sind alle einig, daß wir gegen die Verwendung der Wehr¬ grabenschule als Unterkunft für die Gendarmerieschule sind. Auch ich bin in Uebereinstimmung mit den übrigen Herren, daß es höchste Zeit ist, daß mit den Schul¬ esuchsunterbrechungen sobald als möglich aufgeräumt wird. Andererseits muß ich doch aus gewissen formellen Bedenken gegen die Fassung des Dringlichkeitsantrages prechen. Die Dringlichkeitsannahme selbst kann ich nicht blehnen. Es heißt aber in dem Antrage, es sei für Interkunft der Gendarmerieschule in den Baracken oder m gräfl. Lambergschen Schloß vorzusorgen und wenn dort keine Unterkunft geschaffen werden könne, soll die Verlegung der Gendarmerieschule von Steyr nach Linz urchgeführt werden. Gegen diese Form des Antrages muß ich mich aussprechen; ich glaube, es ist nur zweck¬ näßig und zu begrüßen, wenn wir die Gendarmerie¬ chule in Steyr haben und möchte mich sehr dagegen iussprechen, daß die Gendarmerieschule wieder von Steyr weggebracht werden soll. Es wird auch nicht gehen, einfach zu dekretieren, die Gendarmerieschule ist entweder in den Baracken oder im gräfl. Lambergschen Schloß unterzubringen oder von Steyr zu entfernen und glaube ich, daß der Antrag dahin abzuändern sei,

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