Gemeinderatsprotokoll vom 28. Jänner 1919

Durchführungen dem Gemeinderate ein genauer Bericht erstattet werden wird“ Herr GR. Müller: „Ich bin über den Gang der Sache nicht unterrichtet gewesen und möchte bezug¬ nehmend auf die Aussprache in der außerordentlichen Gemeinderatssitzung die Anregung geben, daß in der nächsten Gemeinderatssitzung eine Neuwahl des Ver¬ treters in die Elektrizitätsgesellschaft vorgenommen wird, da der Herr Bürgermeister nach Ausführungen ver¬ chiedener Herren wirklich keine Zeit hat, sich dessen Aufgaben entsprechend zu widmen“ Herr Vorsitzender: „Diese Anregung, es möge Herr Bürgermeister seine Stelle aus Rücksichten wich¬ tiger obliegender Dienste zurücklegen, ist bereits durch Bekanntgabe dieses Wunsches an Herrn Bürgermeister erfolgt. Bezüglich des Wunsches des Herrn GR. Kirch¬ berger und des Herrn GR. Prof. Goldbacher wegen Wiederinstandsetzung der Straßen kann ich mitteilen, daß Herr Direktor Scheinig in der letzten Beleuchtungs¬ komiteesitzung zugesagt hat, selbst aus Linz Pflasterer zu schicken. Bezüglich der Anregung des Herrn GR. Chalupka wegen Gangbarmachung der Ennsleiten¬ stiegen habe ich das Bauamt strenge beauftragt, Nachschau zu halten. (Heiterkeit.) Ich kann nicht mehr tun“ Herr GR. Ing. Zwicker: „Ich habe vor sieben Monaten schon das Projekt für die Ennsleitenanlagen zur Verfügung gestellt. Vor acht Tagen hat mich der Herr Bürgermeister um das Projekt betrieben. Herr Bürgermeister hat also noch gar nichts gewußt, daß das Bauamt bereits im Besitze des Projektes ist“. Herr. GR. Dr. Harant: „Ich hätte zur Erklärung des Herrn GR. Witzany, betreffend den Uebertritt des Herrn GR. Krottenau zur sozialdemokratischen Partei einige Worte zu sagen. Ich kann selbstverständlich nichts dagegen einwenden, wenn ein Mitglied unserer Partei austritt, oder wenn einer hinsichtlich seiner politischen Gesinnung „umlernt“. Darum handelt es sich bei meinen Ausführungen nicht, sondern darum, daß durch den Austritt des Herrn GR. Krottenau aus der nationalen Partei in der Anzahl der Mandate im Gemeinderate, welche durch Parteivereinbarung festgesetzt und auf Grund deren die Ernennung durch die Landesregierung erfolgte, eine Verschiebung erfolgt ist. Das der Zusammen¬ setzung des provisorischen Gemeinderates zugrunde¬ gelegte Verhältnis wurde dadurch gestört. Ohne der Leitung meiner Partei vorzugreifen, möchte ich doch, nachdem sich der Obmann der Partei Herr GR. Prof. Erb bereits entfernt hat, namens meiner Partei er¬ klären, daß sie wohl die Mitteilung des Herrn GR. Witzany zur Kenntnis nimmt, daß aber ein weiteres Schweigen nicht das Einverständnis mit dieser Mitteilung beinhaltet, sondern daß sich die Partei vor¬ behält, zu dieser Frage noch Stellung zu nehmen“. Herr GR. Krottenau: „Trotz der vorgeschrittenen Zeit will ich noch einige Worte sprechen. Hervor¬ gegangen ist die Besetzung meines Mandates aus der Unzufriedenheit der ganzen Beamtenschaft in Steyr, was eine ganz natürliche Folge war, als die Beamten¬ chaft finanziell, wirtschaftlich und politisch oft geschädigt wurde. Aus diesen Ursachen hat sich eine große Versammlung herausgebildet, welche die Erklärung abgab, daß endlich mit der Vernachlässigung der Beamtenschaft aufgeräumt wird, daß bessere Lebensbedingungen für sie verlangt werden und wenigstens zwei bis drei Herren in den Gemeinderat kommen, welche hierauf Einfluß nehmen. Aus diesem Grunde sind auch drei Mandate nominiert worden, wovon mindestens eines von der nationalen Partei zugestanden wurde. Herr Vizebürger¬ ürgermeister Wokral, welcher in einer großen Ver¬ ammlung der Festbesoldeten anwesend war, hat sich einverstanden erklärt, daß aus allen drei Parteien Ver¬ treter der Festbesoldeten in den Gemeinderat genommen werden. Es wurde aber bei einer Vorsprache der Fest¬ besoldeten von Herrn GR. Prof. Erb daß Zugeständnis kurz und bündig nur auf ein Mandat zugeschnitten mit der Erklärung, daß die Partei nicht im Stande sei, mehr Mandate für Festbesoldete zu vergeben. Die Sache ist nun soweit gediehen, daß ich mich gezwungen ah, in das sozialdemokratische Lager überzugehen, welches mir dasselbe Mandat gesichert hat. Ich muß darauf verweisen, daß es ein reiner Zufall ist, da ich mit Herrn Rußmann in die Stichwahl kam. (Redner wird durch mehrere Zwischenrufe und Reden mehrmals unterbrochen, wodurch die vollständige Auf¬ nahme der Ausführung geschmälert wurde. Derselbe führt Beschwerde über die Behandlung im Klub und ergeht sich noch in längerer Ausführung über die Zu¬ stände in der Gemeindeverwaltung.) Auf den Einwurf des Herrn GR. Dr. Harant, daß Herr GR Krottenau seine Erklärung mißverstanden habe, erklärt Herr GR. Krottenau, seinen Standpunkt deswegen öffentlich vertreten zu haben, weil die Bericht¬ erstatter der Zeitungen noch anwesend sind. Hierauf schließt der Herr Vorsitzende den öffent¬ lichen Teil der Sitzung um 8 Uhr 12 Minuten.

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