Gemeinderatsprotokoll vom 28. Jänner 1919

10 Punkt XIV. Rekurs in Armensachen. a) Herr Referent GR. Harant: „Juliana Sandbauer hat gegen den abweislichen Beschluß des Armen¬ rates wegen Beschaffung von Kleidern, Schuhen und Wäsche für den 15jährigen a.=e. Sohn Josef Faist den Rekurs ergriffen, welcher nun dem Ge¬ meinderate zur Entscheidung vorliegt. Die Sektion hat hierüber eingehende Beratung gepflogen und ist zu folgendem Antrage gelangt: Der löbliche Ge¬ meinderat wolle unter grundsätzlicher Billigung des vom Armenrate eingenommenen Standpunktes der Gesuchstellerin mit Rücksicht auf ihre bedrängte Lage ausnahmsweise einen einmaligen Kleider¬ beschaffungsbeitrag von 50 K bewilligen der Sektionsantrag wird angenommen. Zl. 3632. b) Herr Referent GR. Dr. Harant: „Therese Effen¬ berg hat ebenfalls gegen eine abweisliche Entschei¬ dung des Armenrates wegen Beistellung eines voll¬ ständigen Anzuges für ihren Sohn Otto Effenberg rekuriert. Ueber die Richtigkeit der Rekursangaben ind jedoch noch Erhebungen notwendig, weshall die Sektion beantragt: Es sei über die Richtigkeit der Rekursangaben in tatsächlicher Beziehung vor¬ erst Erhebungen durch das Amt einzuleiten Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate ein¬ angenommen. Zl. 33991/18. hellig Punkt XV. Genehmigung eines Versorgungsver¬ trages. Herr Referent GR. Dr. Harant: „Es liegt uns Entwurf eines Versorgungsvertrages zwischen der der Stadtgemeinde einerseits und Fräulein Pauline Für¬ linger vor. Es muß bemerkt werden, daß die Ver¬ orgungswerberin zwar erst 39 Jahre alt ist und dieses Alter für eine Versorgung mit den Absichten einer solchen im Mißverhältnisse steht. Dessenungeachtet ist zu berücksichtigen, daß Pauline Fürlinger erblindet und dadurch vollständig erwerbsunfähig ist. Es werden für die Ver¬ sorgung 1000 K geboten, welcher Betrag allerding¬ bald aufgezehrt und für eine lebenslängliche Versorgung, wie es solcher Vertrag eigentlich bezweckt, viel zu gering wäre. Da nun Pauline Fürlinger niemand besitzt, der ie erhalten könnte, würde dieselbe über kurz oder lang owieso in die Armenversorgung fallen, weshalb die Sektion zu folgendem Entschlusse kam: Der Gemeinderal wolle mit Rücksicht auf die bestätigte Erwerbsunfähigkeit und Vermögenslosigkeit der nach Steyr zuständigen Pauline Fürlinger, deren Aufnahme in die Armen¬ verpflegung im Sinne des entworfenen Versorgungs vertrages bewilligen“ Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate an¬ genommen Die Sitzung wird auf fünf Minuten unterbrochen. II. Sektion: Referent Sektionsobmann Herr GR. Franz Kirchberger. Punkt XVI. Kassetagebuchabschluß pro Nov. 1918 Herr Referent trägt den Abschluß vor Zl. 10/Bh. Ausweis über die Einnahmen und Ausgaben der Stadtkasse in Steyr m Monat November 1918 1918 917 Dissrenz K h K h K h Einnahmen im Monat Nov. 726.528 0 555.292 24 828.764 0 Hiezu Kasserest vom Vormonat 100.444 87 9485 15 90.959 72 Gesamteinnahm. Monat Nov — 26.973 07 39 564.777 32 37.894 Ausgab. im Mo at November 44 51.565 5 528.090 67 1,176.52 Kasserest für den Mon. Dezemb. — 59 36.68 75.407 21 438.720 35 Seit Jahresbeg. bis Ende Nov. betrug. die Ge¬ 5 samteinnahm 120,225 2,7 3.408 2 44 3,406.817 d. Gesamtausg. 5,644.81797 09 2,676.720 88 2,968.097 Jandaurek, Stadtbuchhalter. Markut. Wird zur Kenntnis genommen Punkt XVII. Ansuchen der Theaterdirektion um Subventionserhöhung Herr Referent GR Kirchberger: „Der Theater¬ direktor Herr Josef Sergl=Sorelli hat eine Eingabe um Subventionserhöhung an den Gemeinderat gerichtet“: An den löbl. Gemeinderat der Stadt Steyr. Die unvorhergesehenen Zwischenfälle, die sich schon vor der Eröffnung der diesjährigen Spielzeit ergaben ind auch den bisherigen Betrieb äußerst ungünstig eeinflussen, zwingen mich, an die löbliche Stadtgemeinde die dringende Bitte um eine den derzeitigen Verhält¬ nissen angepaßte Erhöhung der Subvention zu stellen. Da infolge der verzögerten Erledigung der mili¬ tärischen Enthebungsgesuche gerade die notwendigsten mnännlichen Kräfte trotz aller Bemühungen nicht frei zu bekommen waren, konnte die ursprüngliche für den 28. September l. J. festgesetzte Eröffnung des — heaters erst am 8. Oktober stattfinden, den zu dem kontraktlich bestimmten Termine eingetroffenen Mit¬ gliedern mußte aber vom 24. September bis 8. Oktober die volle Gage bezahlt werden. Im Zusammenhange mit den Schwierigkeiten, welche die Zusammenstellung des Personales verursachte, ergaben sich auch ganz be¬ deutende Spesen für Auslagen (Vorauslagen), Reisen tach Wien, Fundustransport, Telegramme, telephonische Gespräche und sonstige Ausgaben. Da mir zur Be¬ leichung derselben keinerlei Einnahmen zur Verfügung tanden, hatte ich daher schon von vorneherein mit einem namhaften Defizit zu rechnen. Im Verhältnis zum Vorjahre hat der Gagenetat eine Er¬ höhung von mindestens 150 % aufzuweisen, nachdem mit Rücksicht auf die maßlose Teuerung aller Lebens bedürfnisse auch die Gagenforderungen der Mitglieder kolossal gesteigert wurden. Um Beispiele anzuführen Ein jugendlicher Komiker, der früher mit einer Monats¬ jage von 250 K zufrieden war, kostet jetzt 600 K, eine Sängerin, die noch im Vorjahre 300 K bezog, erlangt heuer ebenfalls 600 K; und in demselben Verhältnisse mußten auch alle übrigen Bezüge erhöht verden Die Rechnung der Autoren und Verleger für Aufführungsrecht, Materiale und Tantiemen, die Aus¬ jaben für Beheizung und Beleuchtung, sowie für Theaterzettel, Eintrittskarten und sonstige Drucksorten veisen gegen früher enorme Erhöhungen aus. So kosten beispielsweise die Theaterzetteln, die noch im Vorjahre mit 24 K per Vorstellung bezahlt wurden heuer 47 K, die Eintrittskarten über 1000 K usw. Die durchschnittlichen Einnahmen sind aber gegen früher wesentlich zurückgegangen und verden sich voraussichtlich auch in der Folge bedeutend chwächer gestalten, nachdem wegen der vielen Arbeiter¬ ntlassungen ein großer Teil der Theaterbesucher in Wegfall kommt. Trotz der Erhöhung der Eintrittspreise muß ich unter folgenden Umständen gefaßt sein, daß mein ehrliches Streben, das Kunstinstitut meiner Vaterstadt auf eine modernen Anforderungen ent¬ prechende Höhe zu bringen, mir ganz bedeutende inanzielle Opfer kosten wird, wenn mir nicht seitens der löblichen Stadtgemeinde eine entsprechende Unter¬ stützung zuteil wird. Nach allseits anerkannten Erfolgen, die mit den bisherigen Aufführungen, speziell auf dem Gebiete der Operette erzielt wurden, glaube ich aber auf eine günstige Erledigung meines Ansuchens hoffen zu dürfen zumal ja auch Städte wie Budweis und Zuaim dem eweiligen Direktor nicht nur freie Beheizung und Be¬ leuchtung gewähren, sondern auch Subventionen von — wie in Znaim der Fall — bewilligen. 7000 K Mit größter Hochachtung ergebenst J. Sergl=Sorelli. Steyr, 30. November 1918.

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