Gemeinderatsprotokoll vom 17. Jänner 1919

war ja der Einkauf von Holz und Kohle gewiß, aber noch not¬ wendiger wäre es gewesen, daß man einen anderen, hiezu ebenfalls befähigten Mann, anstellt und nicht das Bauamt damit belastet, das damit nur noch mehr geschwächt wurde. Ich bitte meine Herren, berücksichtigen Sie alle die vorgebrachten Fälle; ich brauche nichts davon zu wiederholen. Nehmen Sie den Antrag an, wodurch tatsächlich die Möglichkeit geboten ist, ie bestehenden Mißstände vollkommen auszumerzen. Herr Bürgermeister: „Was die Umschaltungen in Steyrdorf anbelangt, so sind diese deshalb notwendig gewesen, weil dort sonst der Betrieb hätte überhaupt nicht aufrecht erhalten werden können. Ich habe mich auch sofort um die Motorenfrage bekümmert und habe ich darauf die bereits erwähnte berühmte Auskunft bekommen, daß die Motore in Ungarn liegen. Meine in Linz weitergeführte Beschwerde hat es endlich erreicht, aß Motoren aus einem Lager angeschafft wurden und glaube ich, daß in Steyr die Motore jetzt ersetzt sind. Personen, die mich wegen Verkaufes von Gleichstrommotoren fragten, habe ich mitgeteilt, daß mit der Auswechslung des Motors keineswegs die Pflicht des Verkaufes desselben an das Elektrizitätswerk verbunden ist, sondern daß das Elektrizitätswerk verpflichtet ist den Drehstrommotor zum Selbstkostenpreise zu liefern. Bezüglich der Verwendung des Herrn Ing. Treml hat ja Herr G.=R. Ing. Zwicker gewiß recht, daß der Einkauf von Holz und Kohle nicht Sache eines städtischen Ingenieurs sei, aber leider Gottes bei dem geringen Stande unseres Bauamtes wäre niemand ge oesen, der für diese Tätigkeit besser entsprochen hätte. Herr Ing. Berndt ist noch immer nicht aus der englischen Gefangen¬ chaft zurückgekehrt, doch hoffe ich, daß derselbe recht bald zurückkommt und das Bauamt wieder auf einen besseren Stand gebracht wird.“ Herr Vizebürgermeister Wokral: „Ich möchte vorerst klar stellen, daß vor dem Umbau des Netzes eine Sitzung statt¬ jefunden hat, wobei das Elektrizitätswerk gefragt wurde, wie s mit den Motoren steht. Die Gesellschaft hat erklärt: Wir jaben die Motore in Linz lagern, wir haben jede Type, die ge¬ braucht wird.“ Herr G.=R. Prof. Erb: „Die berechtigten Beschwerden er Interessenten sind auf das genaueste geschildert worden. Ich nöchte hervorheben, daß wir es bei dem Elektrizitätswerke mit einer aalglatten Gesellschaft zu tun haben, welche uns immer entschlüpft ist. Es geht aber in Zukunft nicht an, weiterhin so ruhig über die Sache hinwegzugehen, sondern es muß, wenn es nicht anders geht, gegebenenfalls im Prozeßwege das Recht gesucht werden. Ich weiß es ja selbst, wie oft wir beisammen¬ gesessen sind und es ist tatsächlich wahr, daß uns durch die Windungen und Wendungen, die die Gesellschaft in der Um¬ ehung unserer Beschwerden gebraucht hat, vielfach das entschlüpft ist, was wir verlangten. Wie es bei jeder solcher Unternehmung der Fall ist, ist es auch hier. Die Angestellten trachten, für die Gesellschaft möglichst hohe Gewinne und Dividenden zu erzielen, was schließlich sogar eine Pflicht und Schuldigkeit derselben ist Das ist der materielle Standpunkt an der Sache. Wenn aber hiebei der andere Teil, der an den Aufgaben der Gesellschaft nitinteressiert ist, Schaden leidet, so ist dies unmoralisch, was auch beim Elektrizitätswerke Steyr der Fall ist, da es sich auf inen einseitigen Standpunkt gestellt und nur getrachtet hat, aius der Stadt und seiner Bevölkerung das Möglichste heraus ubringen, sei es auch mit Umgehung der bestehenden Verträge. Der dagegen eingesetzte Widerstand ist gewiß berechtigt und ist es ebenso notwendig, den Antrag des Beleuchtungskomitees mit der nötigen Tatkraft und Energie zu verfolgen. Mit Bitten und Vorstellungen scheint bei den Herren der Elektrizitätsgesellschaft nichts erreicht worden sein; es bleibt daher nichts anders übrig als daß wir dem Rechte, so weit es im Rahmen des Vertrages „öglich ist, zum Durchbruche verhelfen, nur möchte ich betonen gaß jene Faktoren, die zur Durchführung der heute zu fassender Beschlüsse notwendig sind, dem Herrn Bürgermeister und dem neleuchtungskomitee auch zur Verfügung gestellt werden. Es gätte aber auch keinen Zweck, wenn man solche Kontrollorgan¬ #ustellen würde, die sich in der Sache wiederum nicht auskennen. Es wird unbedingt und zwar so bald als möglich notwendig ein, daß unser Banamt entsprechend ausgestaltet wird und genn Herr G.=R. Ing. Zwicker erwähnte, daß Herr Ing. Treml „ Dingen verwendet wurde, die ihm gar nicht zustehen, so muß diesen Vorstellungen recht gegeben werden. Es wird auch im Rathause eine „Umformerstation“ (Bravorufe) für Gemeinde¬ engestellte errichtet werden müssen. Dazu werden zwar Beträge notwendig werden, die aber bei richtiger Ausnützung ihre Zinsen tragen werden. Ich will dem Herrn Bürgermeister durchaus nicht schöne Worte sagen. Wir haben aber schon im Jahre 1917 anläßlich der Präliminarsitzung, als Herr Vizebürgermeister davon gesprochen hat, gesagt, daß es so nicht bleiben kann unt in der Verteilung der Geschäfte eine Veränderung erfolgen muß. Der Bürgermeister kann nicht allein allen Dingen nachgehen sch möchte den Herrn Bürgermeister ersuchen, die beiden Herren Vizebürgermeister auf einen höheren Standpunkt zu stellen, als nur auf den eines bloßen Bearbeiters, der ihnen vom Gemeinde¬ rate übertragenen Aufgaben. Es sollen den Vizebürgermeistern ewisse Agenden im eigenen Wirkungskreise übertragen werden, damit der Bürgermeister entlastet wird, nicht daß der Bürger¬ meister in jedes Aktenstück hineinschauen und es durchlesen muß, ob es richtig geschrieben ist. Vom Bauamte sollte man eine ewisse Initiative verlangen können, nicht daß der Bürgermeister sich um den Zustand der Straßen kümmern muß. Dazu gehört ben ein ordentlicher Chef des Bauamtes. Unsere veraltete Geschäftsgebahrung muß aus dem Rathause verschwinden. Weiters st es ein von mir seit langem ausgesprochener Wunsch, daß die Sektionen auf einen selbständigen Standpunkt gestellt werden. Es ist meiner Ansicht gar nicht notwendig, daß der Bürger meister in jeder Sektionssitzung den Vorsitz haben muß; es ist ies auch in anderen Körperschaften, so z. B. beim Landtag nicht der Fall. Der Bürgermeister hat nur die großen Fragen zu behandeln und nur in besonders wichtigen Sachen ollen die Sektionsobmänner beim Bürgermeister sich die nötigen Informationen und Rat einholen. Wenn man auf die letzte Uebergangszeit des Umschwunges in unserem Staat zurückblickt ch der damit verbundenen so ungewöhnlich raschen Demobili¬ ierung und Abrüstung erinnert und beobachten konnte, welch Unmenge von Fragen an den Bürgermeister heranstürmte, so aß es einem Wunder nehmen muß, daß es möglich ist, alle diese Sachen im Kopfe zu behalten und überall die richtigen Anordnungen und Vorkehrungen zu treffen. Die gegenwärtige bestehende veraltete Geschäftsgebahrung paßt nicht mehr zu unserer heutigen Zeit, sondern es kann orkommen, daß wir auch andere ähnliche Zustände wie mit dem Elektrizitätswerke haben; dann würde vielleicht gesagt, hätte der Bürgermeister andere Hilfskräfte gehabt, wäre es anders jewesen. Ich will nicht sagen, daß alle Beamten schlecht ar eiten, aber einige sind gewiß, die an andere Plätze zu stellen ind. Ich bitte, mit der Lösung der heute aufgerollten Frage uch eine Neuordnung der Geschäftsgebahrung im Rathause zu verbinden und dementsprechende Beschlüsse zu fassen; so kann s nicht weitergehen; wir alle sind verantwortlich und bitte aher, meine Ausführungen, so wie sie sind, zur Kenntniszu nehmen. Herr G.=R. Kirchberger: „Zum Antrage des Be¬ euchtungskomitees wäre vielleicht die Ergänzung noch gut wenn verlangt würde, daß unser entsendeter Vertreter in den engeren Vollzugsausschuß hineinkommen muß. Im übrigen möchte ich noch bemerken, daß es sich für die Durchführung des Antrages auch um die nötige Aufsicht über dieselbe handelt. Die Bestimmungen des Vertrages, daß die Gemeinde jederzei laglos und schadlos zu halten ist, muß unbedingt zur An wendung kommen, damit die Gemeinde gegen private, an die Bemeinde zu erwartende Ersatzansprüche gedeckt ist. Herr Vorsitzender: „Ich fasse die erste Ausführung des Herrn G.=R. Kirchberger als Zusatzantrag auf und werde nach dem Schlußworte des Referenten hierüber abstimmen lassen. Herr G.=R. Krottenau: „Ich möchte zum Antrage betreffend die Ueberprüfung der Rechnungen auf die Parteien in den Gemeindezinshäusern verweisen, da auch diese Parteien geschädigt wurden. Ich möchte daher bitten, daß bei der Ueber¬ rüfung der Rechnungen auf diese Parteien nicht vergessen werde. Herr Vorsitzender: „Ich bin der Auffassung, daß die einzelnen Prüfungen der Rechnungen von Parteien nicht möglich sein wird, sondern es muß sich nach der Zusage des errn Direktors Scheinig überhaupt um alle Rechnungsprüfungen handeln. Herr G. R. Tribrunner: „Ich möchte fragen, wie es eigentlich mit dem seinerzeit angekündigten Werke in Sand steht. Wenn dasselbe noch in Aussicht ist, würde ich empfehlen, ich schon jetzt auf dasselbe den nötigen Einfluß zu sichern.“ err Bürgermeister: „Bezüglich des Werkes in Sand kann ich mitteilen, daß ich mich stets lebhaft interessier habe. Das Projekt für dieses Werk liegt vor, konnte aber während der Kriegszeit aus Mangel an Material, insbesondere in Beton, nicht ausgeführt werden. Bezüglich der Beteiligung der Stadt bemerke ich, daß das Werk nicht vom Elektrizitätswerk Steyr allein, sondern von der Aktien=Elelektrizitätsgesellschaft, der Tramway=Elektrizitätsgesellschaft Linz und dem Elektrizitätswerke Steyr errichtet werden soll, möglicherweise ist auch die Oest. Waffen¬ fabriksgesellschaft daran beteiligt. Durch den Tod Dr. Beurle¬ besteht die Gefahr, daß die ganze Frage ins Stocken kommt, wenigstens wurde mir gegenüber diese Befürchtung geäußert. Bezüglich der Ausführungen des Herrn G.=R. Prof. Erb begen Verwaltungsreform bemerke ich, daß eine solche Regelung, die er sie verlangt, sehr wünschenswert wäre, da die Arbeits¬ eistung in der letzten Zeit ins ungeheuerliche gestiegen ist. Zur Durchführung dieser Verwaltungsreform wird es notwendig sein, den Beamtenstand stark zu vermehren. Die Reform könnte ielleicht nach dem Muster der durch Dr. Dinghofer beim Magistrate Linz durchgeführten Einteilung erfolgen. Im übrigen habe ich schon in letzter Zeit einige Aenderungen durchgeführt und wurde beiden Herren Vizebürgermeistern verschiedene Agenden zur selbständigen Behandlung zugewiesen Was die Aeußerungen des Herrn G.=R. Zwicker anbelangt. bemerke ich, daß ich mich tatsächlich oft gegen die Geschäfts¬ jebahrung des Elektrizitätswerkes beschwert habe. Ich gebe zu, aß der Erfolg kein hervorragender war, da gegen den Haupt. urheber der Unzufriedenheit, Betriebsleiter Schaffenberger, nichts auszurichten war. Die Herren, insbesondere jene der III. Sektion wissen, daß ich stets und meist mit Erfolg die Interessen der Stadt zu vertreten gewußt habe Im Elektrizitätswerksfalle ist dies nicht zur Zufriedenheit gelungen. Ich hege aber die beste Zuversicht daß sich in Hinkunft eine wesentliche Besserung einfinden wird und abe volles Vertrauen zu den Zusagen des Herrn Direktors Scheinig, der grundlegende Aenderungen versprochen hat. 7

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2