Ratsprotokoll vom 27. Dezember 1918

8 Summe 182.702 K c) Kunst und Wissenschaft Museun 1. 300 K Theaterbeitrag 2. 2.400 Meisteratelier für Stahlschneidekunst 1.250 „ Musikweser 3 000 „ 5. Theaterausstattung * 5.000 6. Voraussichtliche Mehrauslagen 3.300 Summe 15.250 K Zusammen 204.302 K Herr G.=R. Fischer: „Ich möchte zu dieser Post noch die Einstellung eines Betrages für eine permanente schulärztliche Zahnklinik wünschen, welche für die Jugend von ganz besonderer Bedeutung ist. Weiters braucht die Stadt endlich eine moderne Badeanstalt, da die gegenwärtige viel zu klein und auch die in der Badgasse der Größe der Stadt in keiner Weise entspricht. Endlich ersuche ich, darauf zu wirken, daß der Sanitätsabteilung der freiwilligen Feuerwehr ein Sanitätsauto beigestellt werde Es soll ja ein Fond bereits vorhanden sein, vielleicht könnte aber doch die Stadtgemeinde den fehlenden Betrag für diesen umanitären Zweck ergänzen. Bezüglich der Ausführungen des Herrn G.=R. Kirchberger wegen Schaffung von modernen An¬ standsorten schließe ich mich vollkommen denselben an und vünsche lebhaft, daß diesem Thema eine besondere Aufmerksam keit gewidmet wird. Herr Bürgermeister: „Hierauf kann ich erwidern daß uns die schulärztliche Tätigkeit in keiner Weise entspricht und einer gründlichen Regelung unterzogen werden wird. (Herr Vizebürgermeister Wokral: „Das Wesen der schulärztlichen Tätigkeit scheint für unsere Schulärzte ein Amtsgeheimnis zu ein“.) Wegen des Sanitätsautos dürfte der bezügliche Inhal neines Berichtes in der vorletzten Sitzung übersehen worden ein, in der ich mitteilte, daß sich die Direktion der Waffenfabrik in hochherziger Weise entschlossen hat, der Sanitätsabteilung chenkungsweise ein Sanitätsauto zu überlassen und wird das¬ selbe im Laufe des Winters auch übergeben werden. Was die öffentlichen Anstandsorte anbelangt, muß zugegeben werden, daß die Benützung derselben ein öffentlicher Skandal ist, welcher einer grundlegenden Aenderung bedarf. Die Errichtung von Anstands¬ orten mit Abortanlagen scheitert zumeist an der Platzfrage, da uns entsprechende Plätze hiefür nicht zur Verfügung stehen.“ Herr G.=R. Prof. Brand: „Ich möchte gelegentlich der Beratung und der ausgesprochenen Wünsche über die Jugend¬ pflege fragen, wie es mit der Errichtung eines Jugendamtes steht, welches in erster Linie berufen wäre, die Interessen der Jugend zu schützen. Es ist der Gemeinde erste und heiligste Pflicht, daß sie ein gesundes Geschlecht heranzieht und die Schäden, die die Jugend durch den Krieg infolge Unterernährung erlitten hat, wieder langsam ausgeglichen werden. Zu diesem Zwecke möge die Gemeinde trachten, daß sie die Kinder auch im jächsten Jahre wieder auf einige Monate aufs Land bringe, wo sie sich, wie es der Erfolg des heurigen Jahres zeigte, in frischen Luft und genügender kräftiger Kost erholen können. Ich würde daher beantragen, daß an die Post „Gesundheitspflege“ noch eine Post unter dem Titel „Kinder aufs Land“ angegliedert und für diese ein Betrag von 10.000 K veranschlagt wird. Die Durchführung möge dem Stadtschulrate überlassen werden, welcher am sichersten zu beurteilen wissen wird, welche Kinder am meisten erholungsbedürftig sind.“ Herr Vizebürgermeister Wokral: „Mit der schul pflichtigen Tätigkeit hat sich der Gemeinderat schon mehrmals eschäftigt und sind die Schulärzte beauftragt worden, einen Bericht vorzulegen. Erst nach mehrfachem Druck ist uns im Vorjahre ein Bericht vorgelegt worden, der aber als äußerst mangelhaft bezeichnet wurde. Der Bericht ist eigentlich ein Skandal und als eine Frozzelei des Gemeinderates hinzustellen. Seitdem haben wir aber überhaupt keinen Bericht mehr er halten. Ich würde schon darauf dringen, einen entsprechender Bericht zu verlangen. Entweder haben wir einen schulärztlichen Dienst, dann muß auch hierüber berichtet werden, oder wi haben keinen, dann muß gesorgt werden, daß ein solcher tat¬ sächlich errichtet und getrachtet wird, daß andere Herren diesen chulärztlichen Dienst ausüben. Bezüglich der Zahnpflege ist erst kürzlich eine Notiz erschienen, in welcher der Staatsrat erklärte, die Errichtung von Schulzahnkliniken zu unterstützen. Ich möchte daher bitten, diese Gelegenheit nicht unbenützt vorübergehen zu lassen.“ Weiters möchte ich wünschen, daß Kinderspielplätzege¬ schaffen werden. Mit dem Antrage des Herrn G.=R. Prof. Brand, ür die Aktion „Kinder aufs Land“ 10.000 K zu widmen, bin ich vollkommen einverstanden, wenn ein solcher Betrag für die körperliche Kräftigung unserer Kinder verwendet wird. Nicht einverstanden bin ich aber, daß der Stadtschulrat ohneweiters ierüber verfügen könnte. Wenn der Gemeinderat die Widmung beschließt, so hat er auch das entscheidende Wort in dieser An¬ gelegenheit zu sprechen.“ Herr G.=R. Tribrunner: „Ich schließe mich den Ausführungen des Herrn Vizebürgermeisters Wokral an, möchte aber vorschlagen, eine solche Widmung unter „Rubrik VIII t Unterricht, Post 9 Subventionen“ einzustellen. derr G.=R. Ing. Huber: „Zur Post „Gesundheitswesen“ muß ich, wenn man sich schon mit Kindern beschäftigt, ersuchen, Summe 27.698 K c) Kunst und Wissenschaft. 1. Museun — „ Theater 2. 3. Meisteratelier für Stahlschneidekunst „ 4. Musikwesen — „ * * * * Summe — K 27.698 K Zusammen aß man sich auch der alten Leute und der Kranken annimmt und zwar in der Ausgabe von Weißbrot. Wie mit der Aus¬ jabe von Weißbrot vorgegangen wird, darüber ist es am besten man schweige sich lieber aus. Es müssen die alten und kranken Leute, um Weißbrot zu erhalten, ein mit 2 K gestempeltes Gesuch einbringen und dann wird erst mit einer Rücksichtslosigkeit vorgegangen, die den größten Unwillen erregt. Ich kann hier einen konkreten Fall bei meinem Werkmeister anführen, dessen hwerkranke Frau dringend ein Weißbrot vorgeschrieben wurde. der Werkmeister war beim Amtsarzt und wurde dort förmlich inausgeworfen. Das sind Zustände, die kaum in ganz Oesterreich zu finden sein werden; in Steyr wird diese Behandlung der alten und kranken Leute geduldet. Ich bitte, daß mit dieser Wirtschaft aufgeräumt wird. Herr Bürgermeister: „Es ist außerordentlich schwer, gegen amtsärztliche Verordnungen Stellung zu nehmen.Ich offe aber, daß binnen kurzem eine Erleichterung in dem Bezuge on Weißbrot eintreten wird und wir auch ein besseres Mehl zugewiesen erhalten.“ Bezüglich der Aktion „Kinder aufs Land“ liegt ein Ab¬ änderungsantrag des Herrn G.=R. Tribrunner vor, diesen in er Post VIII b bei Stipendien und Subventionen eine Er¬ höhung des Ansatzes, statt in Rubrik VII, anzugliedern Ich lasse über den Abänderungsantrag des Herrn G.=R Tribrunner abstimmen.“ Der Antrag wird einhellig angenommen Herr Vizebürgermeister Wokral: „Zu Post 7 der Kubrik VIII b hätte ich den Wunsch, daß infolge der ein¬ getretenen sehr hohen Preise der Lehrmittel, welche vielen Kindern die Anschaffung unmöglich macht und andererseits auch von den indern durch verspätetes Einlangen der Lieferungen nicht er¬ halten werden können, ein einheitlicher Einkauf aller Lehr¬ mittel durch die Gemeinde erfolge und weiter der grund ätzliche Standpunkt eingenommen werde, daß den Kindern ohne Unterschied des Standes der Angehörigen der Kinder die Lehr¬ mittel unentgeltlich verabfolgt werden. Eine nur teilweise Be¬ teiligung von Kindern mit unentgeltlichen Lehrmitteln würden ei den anderen wieder böses Blut machen, was unter allen Umständen vermieden werden soll. Es würde sich hier nur um ie Volks= und Bürgerschulen handeln können, während die Schüler der Realschule ausgeschlossen werden müßten. Der auf¬ uwendende Betrag, der 20.000 K nicht überschreiten dürfte, könnte sich bei anderen Posten wieder hereinbringen lassen auch könnten Eltern begüterter Schüler, sowie eine Reihe von kultus= und Religionsgenossenchaften zu den Anschaffungs¬ osten beitragen, nur soll gesorgt werden, daß bei der Ausgabe der Lehrmittel diese an alle Schüler kostenlos erfolge, amit keine Gefühlsverletzung einzelner Kinder vorkomme.“ Herr G.=R. Prof. Brand: „Man muß hier wohl unterscheiden, zwischen Lehrmittel und Lernmittel. Unter den Lernmitteln versteht man Bücher, Hefte u. dgl. Mit der un¬ ntgeltlichen Beteiligung der Schulkinder mit diesen Lernmitteln haben sich schon sämtliche Orts-, Bezirks= und Stadtschulräte befaßt und sich nur ein einziger Bezirksschulrat dafür ausgesprochen Bezüglich des Jugendamtes muß ich nochmals verweisen, daß ich nirgends eine Post eingesetzt finde.“ Herr Bürgermeister: „Für das erst zu errichtende Jugendamt kann schon deswegen heute noch nichts ausgeworfen werden, weil man noch gar keine Anhaltspunkte hat, was die Errichtung und der Betrieb desselben kosten wird.“ err G.=R. Prof. Brand: „Das Jugendamt wird aber im Jahre 1919 errichtet werden und sollte daher durch Ein¬ etzung einer Post entsprechend vorgesorgt werden.“ herr G.=R. Kirchberger: „Ich würde die Anregung eben, den Antrag zu stellen, daß auch für diesen Zweck unter III b Post 7 Subventionen und Stipendien die angesetzte Summe erhöht würde. Dabei verweise ich darauf, daß es, wie ich schon damals betonte, richtiger wäre, den Voranschlag vor er Vorlage auch der Finanzsektion zur Beratung zu übergeben, welche allen diesen Bedürfnissen durch Einsetzung von hiefür be¬ timmten Summen Rechnung tragen könnte.“ Herr G.=R. Prof. Erb: „Mit der Frage der unentgelt¬ lichen Verabfolgung von Lernmitteln — wohl zu unterscheiden von Lehrmitteln — hat man sich über Auftrag einer Unter¬ kommission des Unterrichtsministeriums schon vor Jahren be¬ chäftigt. Seinerzeit haben ja auch sämtliche Bezirks= und Stadt¬ chulräte ein Rundschreiben herausgegeben, in welchem hiezu Stellung genommen wurde. Auch der Stadtschulrat Steyr hat ich mit der Frage beschäftigt. Die Folge dieser unter nommenen Schritte war, daß eine Konferenz der Schulleiter zusammen,

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