Ratsprotokoll vom 9. Dezember 1918

Hälfte der Patienten der III. Klasse sind Oberösterreicher, so daß der der Stadtgemeinde durch diesen Revers verursachte Entgang an Verpflegsgeldern 60.000 K im Jahre ausmacht.“ Herr Bürgermeister: „70.000 K „Durch die erfolgte staatliche Umwälzung ist nun die Aus¬ sicht auf Aufhebung dieses unglückseligen Reverses dadurch viel besser geworden, als der Landesausschuß und die Landesregierung in eine Behörde vereinigt sind Redner beleuchtet in längerer Ausführung die Kompetenz der heutigen Landesregierung und des Landesausschusses und betont, daß die vorliegende heute den Gemeinderat beschäftigende Frage auch in weiterer Linie die Landesversammlung werde be¬ schäftigen müssen. Den Ausführungen des Herrn G.=R. Kirchberger, daß es dem Krankenhause noch an dem allernotwendigsten fehle, ist ohneweiters beizustimmen. Durch das stete Defizit muß eben außerordentlich gespart werden. Dem Krankenhause obliegt das charitative und humanitäre Moment, weshalb der Antrag der Spitalskommission einer Unterstützung bedarf. Das Defizit darf aber nicht jenen Leuten aufgehalst werden, die ihre letzten Spargroschen hernehmen, um sich oder ihren Angehörigen die Wohltaten der Verpflegung in der II. Klasse zu verschaffen, weshalb man sich diese ziemlich große Erhöhung in der II. Klasse doch überlegen soll, weil sie zum größten Teile Steyrer treffen würde. Die Erhöhung der Gebühren für die Schwester um 25 h täglich ist zur Aufbesserung der Kost unbedingt notwendig, aber ich möchte auch der An¬ schauung des Herrn G.=R. Zwicker zustimmen, auch diese Frage nach der präliminarmäßig genauen Feststellung der Bedürfnisse in den Ausgaben für das Krankenhaus vorzubehalten. Vielleicht ließe sich aber doch ein Weg finden, daß durch den Landesausschuß und die jetzige Landesregierung der Revers aufgehoben wird und müßte in der Landesversammlung darauf gedrungen werden. Weiters gehen wir aber mit dem Krankenhause noch einer Gefahr entgegen. Wir haben Hunderttausende von Kronen in anderen Ländern außen stehen und ist die Gefahr vorhanden, daß wir diese Außenstände nicht wieder hereinbringen, da die Gründung der selbständigen Staaten eine Ersatzleistung sehr in Frage stellt, so daß wir mit großen Verlusten rechnen müssen. Dem Bestreben des Antrages der Spitalskommission, unsere Tarife in der II. und I. Klasse mit Linz gleich zu halten, muß entgegnet werden, daß die Bevölkerung von Linz sich in viel besserer finanzieller Lage befindet als die von Steyr und daher höhere Gebühren leicht tragen kann. Ich möchte bitten, daß aus den bevorstehenden Gesichts¬ punkten der Antrag nochmals beraten wird. Der bestehende Re¬ vers mit dem Landesausschuß versetzt uns aber in einen un¬ haltbaren Zustand, der entschieden mit den zu Gebote stehenden Mitteln bekämpft werden muß.“ Herr G.=R. Tribrunner: „Zunächst möchte ich richtig stellen, daß ich mich nicht gegen die Erhöhung der Gebühren für die Frau Oberin, von 1 K 55 k auf 1 K 80 h gewendet habe, sondern dagegen, daß diese Erhöhung, sowie die der II. und 1. Klasse etwa auch die Erhöhung der Gebühren für die III. Klasse im Gefolge habe und mit der Bewilligung der vor¬ erwähnten Erhöhung schon der Beginn für eine folgende Er¬ höhung auch der III. Verpflegsklasse liege. Wenn uns der Herr Referent die Versicherung gibt, daß die III. Verpflegstaxe von der heutigen Entscheidung unberührt bleibt, habe ich nichts da¬ gegen einzuwenden. Ich muß aber darauf hinweisen, daß die Gebühren der II. Klasse mit nunmehr 14 K noch nicht alles ist, sondern daß hiezu noch verschiedene Kosten kommen, so daß in Hinkunft den mittleren Ständen Steyrs der Besuch der II. Klasse gänzlich unmöglich wird. Nachdem nun aus den Ausführungen der Herren Vorredner hervorgeht, daß die Präliminarberatung in das Defizit des Krankenhauses ein anderes Bild bringen wird, glaube ich, daß man bis dahin mit der Entscheidung zuwarten solle. Auf ein Monat kommt es schon nicht mehr an. Herr G.=R. Zwicker: „Ich möchte betonen, daß durchaus — wie Herr Referent bemerkte, — keine Verwechslung der Ge¬ bühren der Oberin mit den Verpflegstaxen der III. Klasse vor¬ liegt. Der Erhöhung der Gebühren für die Schwestern müssen wir unbedingt Rechnung tragen. Meine Absicht liegt nur darin, bei den Präliminarberatungen für das Krankenhaus zu schauen, ob es nicht möglich wäre, durch Ersparnisse vieles herein¬ zubringen, so daß die Erhöhung der Verpflegstaxen für die UI. Klasse entfallen könnte. Ich möchte deshalb bitten, auch im Sinne der Ausführungen des Herrn G.=R. Prof. Erb den Punkt zur Beschlußfassung einstweilen zurückzustellen.“ Herr G.=R. Kirchberger: „Ich habe gegen die Zurückstellung gewiß nichts dagegen, wenn das Ansuchen der Frau Oberin, damit den Kranken eine bessere Kost zu Teil wird, schon heute bewilligt wird. Weiters sollen die Preisansätze der ambulatorischen Behandlung, die ja keine Erhöhung erfahren, schon heute bestimmt werden, und endlich solle die 50 %ige Ermäßigung für die Mitglieder der Krankenkassen bewilligt werden. Es ist ja selbstverständlich, daß man gelegentlich der Präliminarberatung daran gehen wird, auch diesen unberechtigten Revers wegzuschaffen und ist es unbegreiflich, wie der Landes¬ ausschuß, statt das Krankenhaus zu fördern, der Entwicklung desselben immer Prügel vor die Füße wirft.“ Herr G.=R. Prof Erb warnt nochmals davor, die Ge¬ bühren für die II. Klasse hinaufzuschrauben und ersucht, die heutigen Beratungen nicht der Oeffentlichkeit preiszugeben, schon deshalb nicht, weil daraus gefolgert werden könnte, daß sich solche Ersparungen in dem präliminierten Auslagenansätzen für das Krankenhaus erwirken lassen, die unser Begehren auf Auf¬ hebung des Reverses hinfällig machen könnten. Herr G.=R. Kirchberger verweist darauf, daß es in den Statuten heiße, daß jeder Unbemittelte um eine Ermäßigung der Kosten ansuchen könne, daher es auch den Minderbemittelten möglich ist, die Wohltaten II. Klasse=Verpflegung zu genießen. Herr Vizebürgermeister Wokral empfiehlt,nochmals, heute nur die Erhöhung der Gebühren für die Frau Oberin, die Preise der ambulatorischen Behandlung sowie die 50%ige Er¬ mäßigung für die Mitglieder der Krankenkassen zu bewilligen, alles andere aber zurückzustellen. Nachdem noch Herr G.=R. Landa Aufklärung über die Bewilligung von Ermäßigungen mit der Begründung verlangte, daß der Landesausschuß durch die Gewährung dieser Er¬ mäßigungen eine Handhabe zur Verweigerung der Revers¬ aufhebung erblicken könnte, und Herr G.=R. Kirchberger er¬ widert, daß diese Ermäßigungen nichts neues sind und in anderen Städten schon vorher eingeführt wurden, beantragt Herr G.=R. Ing. Huber Schluß der Wechselrede. Herr Bürgermeister: „Ueber Antrag auf Schluß der Wechselrede ist sofort abzustimmen.“ Der Gemeinderat nimmt den Antrag auf Schluß der Wechselrede an. Herr G.=R. Prof. Brand: „Ich halte dafür, daß wir vor allem der Erhöhung der Gebühren für die Frau Oberin zustimmen sollen, damit sie mit 1. Jänner 1919 in Wirksamkeit treten können. Weiters wäre zu beschließen, darauf hinzuwirken, daß mit 1. Jänner 1919 auch die Wirksamkeit des mit dem Landesausschusse vereinbarten Reverses erlösche, wodurch eine teilweise Deckung des Defizites zu erreichen ist. Ich halte einen Revers als kein so rechtliches Dokument, das sich nicht infolge der geänderten Verhältnisse außer Kraft setzen ließe.“ Herr Referent G.=R. Dr. Harant: „Der Antrag der 1. Sektion hat eigentlich gelautet, die Sache der Spitalskommission zur neuerlichen Beratung zurückzustellen und bin ich ohne Er¬ mächtigung der 1. Sektion nicht in der Lage, von diesem Antrage abzugehen, glaube aber, daß zwecks Vereinfachung folgende An¬ träge gestellt werden können: 1. Der Gemeinderat beschließe, die Gebühren der Frau Oberin von 1 K 55 h auf 1 K 80 k mit der Wirksamkeit ab 1. Jänner 1919 festzusetzen, 2. die Gebühren ür die ambulatorische Behandlung nach den Ansätzen des An¬ trages der Spitalskommission festzusetzen, weil hierin eine Aenderung gegen früher nicht vorliegt und 3., daß den Mit¬ gliedern der Krankenkassen gegen Vorweis einer entsprechenden Anweisung eine 50 % Ermäßigung gewährt werde. Im übrigen sei aber der Antrag der Spitalskommission betreffend die Er¬ höhung der Verpflegsgebühren für die l. und II. Klasse der Spitalskommission zurückzustellen. err Bürgermeister „Gegenüber dem Antrage der I. Sektion auf Zurückverweisung des ganzen Antrages der Spitalskommission an dieselbe, liegen Gegenanträge der Herren Gemeinderäte Kirchberger, Zwicker und Vizebürgermeister Wokral, dahingehend, es sei der ganze Antrag bis auf die Erhöhung der Gebühren für die Frau Oberin, ferner der Gebühren für die ambulatorische Behandlung und der 50 %igen Ermäßigung für die Mitglieder der Krankenkassen in der ambulatorischen Be¬ handlung zurückzustellen, vor. Ich lasse über diesen weitergebe#den Gegenantrag abstimmen“ Der Gegenantrag wird vom Gemeinderate mit Mehrheit angenommen. Herr Bürgermeister: „Weiters liegt noch ein Antrag der Herren Gemeinderäte Erb und Brand vor, sofort um die Aufhebung des bestehenden Reverses einzuschreiten.“ Herr G.=R. Prof. Erb: „Mein Antrag geht dahin, die Spitalskommission zu beauftragen, sofort einen derartigen Antrag nach der Richtung der Ausführungen des Herrn G.=R. Prof. Brand auszuarbeiten, mit der Landesregierung wegen Aufhebung des Re¬ verses zu verhandeln und zweitens, sollte auf diese Weise kein Erfolg zu erzielen sein, eine Petition an die Landesversammlung zu richten.“ Herr Bürgermeister: „Ich lasse über den Antrag der Herren Gemeinderäte Prof. Erb und Prof. Brand abstimmen.“ Die Anträge werden vom Gemeinderate angenommen. Herr Vizebürgermeister Fendt: „Ich erinnere an den zufolge des Dringlichkeitsantrages des Herrn G.=R. Kirchberger wegen der Kasernangelegenheit zu wählenden Ausschuß.“ In den Ausschuß werden sodann die Herren Gemeinderäte Prof. Erb, Zwicker, Witzany, Tribrunner, Prof. Brand, Nothhaft und Kirchberger gewählt. Herr Bürgermeister: „Die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung ist somit erschöpft. Da das Wort zu Anträge oder Anfragen nicht gewünscht wird, erkläre ich den öffentlichen Teil der Sitzung für geschlossen.“ Schluß der Sitzung um 11 Uhr vormittags.

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