Ratsprotokoll vom 23. November 1918

Herr GR. Prof. Erb: „Ich schlage zur Wahl den bisherigen bestverdienten Herrn Bürgermeister Julius Gschaider vor“ Von den Herren Gemeinderäten Prof. Goldbacher und Tribrunner werden die Stimmzettel gesammelt und die Stimmen gezählt Herr GR. Prof. Goldbacher verkündet das Wahl ergebnis: „Es wurden 35 gültige Stimmzettel abgegeben. Von diesen lauten 34 Stimmen auf Herrn Bürgermeister Julius Gschaider und eine Stimme auf Herrn GR. Prof. Erb“ (Allgemeiner Beifall.) Herr Bürgermeister: „Meine sehr geehrten Herren Sie haben mich soeben zum Bürgermeister der Stadt Steyr und zwar in provisorischer Eigenschaft bis zur definitiven Neubesetzung des Gemeinderates gewählt. Ich fülle nun dieses Amt seit 6 ¾ Jahren aus. In dieser Zeit haben sich in Stehr Ereignisse von weit tragendster Bedeutung abgespielt, Ereignisse, die sowohl für die Stadt Steyr selbst und auch für die weitere Umgebung maßgebend waren und Ereignisse, die von außen her unsere Stadt auf das tiefste berührten. In solchen schweren Zeiten, in denen folgenreichste Entschlüsse gefaßt werden mußten, wäre es sehr leicht möglich gewesen, daß das Oberhaupt der Stadt durch Fehlgriffe oder durch nicht der Allgemeinheit dienendes Verhalten ich des Vertrauens der Bevölkerung und des Gemeinde rates verlustig gemacht hätte. Umsomehr ehrt mich ihr einstimmiges Vertrauensvotum, als ich daraus ersehe, daß sie mit meiner bisherigen Führung der Gemeinde¬ geschäfte einverstanden waren. Diese Geschäfte waren gewiß sehr schwierig, ja man kann sagen aufreibend. Ich weiß, daß die nächste Zeit keine Erleichterung bringen wird, daß die gesamten Geschäfte dieselben Schwierigkeiten bieten werden; schwer wird die Last ein, die auf mir ruhen wird, aber gestützt auf ihr allseitiges Vertrauen und gestützt auf die Liebe zur Vaterstadt, erkläre ich die Wahl anzunehmen.“ (Bravo und Heilrufe!) Punkt 5. Wahl zweier Vizebürgermeister. derr Bürgermeister: „Gemäß § 41 des Gemeinde¬ statutes und gemäß der Verfügung der oberösterreichischen Landesregierung ist die Wahl zweier Vizebürgermeister vorzunehmen. Ich bitte die Herren Stimmenzähler, die Wahl durchzuführen“ derr GR. Prof. Erb: „Ich schlage zur Wahl die derren Gemeinderäte Fendt, den bisherigen Vizebürger¬ meister und GR. Wokral vor“. Die Stimmzettel werden von den Herren Gemeinderäten Prof. Goldbacher uni Tribrunner gesammelt und Herrn Bürgermeister über¬ geben err Bürgermeister: „Ich gestatte mir, das Ergebnis der Vizebürgermeisterwahl zu verkünden. Es wurden 35 gültige Stimmzettel abgegeben und entfielen 34 Stimmen auf den bisherigen Herrn Vizebürgermeister Paul Fend und 34 Stimmen auf Herrn GR: Josef Wokral Meine sehr geehrten Herren! Ich gestatte mir die beiden neugewählten Herren Vizebürgermeister auf das herzlichste zu begrüßen. Herr Vizebürgermeister Fendt wirkt ja seit einer Reihe von Jahren, nur unterbrochen durch die freiwillige Kriegsdienstleistung als solcher; ich weiß selbst, welche wertvolle Dienste Herr Vizebürger¬ meister Fendt der Stadt geleistet hat und bin auch überzeugt, daß derselbe seine frühere Tatkraft und Unterstützung für mich aufbringen wird. Ichrage Herrn Vizebürgermeister Fendt, ob er die Wahl an¬ nehmen wolle“ Herr Vizebürgermeister Fendt: „Jawoh Herr Bürgermeister: „Ebenso begrüße ich Herrn Vizebürgermeister Wokral, welcher ebenfalls schon seit einer Reihe von Jahren im Gemeinderate, in den Sektionen und verschiedenen Kommissionen erfolgreichst latig ist. Herr Vizebürgermeister Wokral hat stets ein großes Verständnis für die Gemeindegeschäfte gezeigt und war stets bereit, mir mit Rat und Tat an die Hand zu geben insbesondere hat Herr Vizebürgermeister Wokral sich in letzter schwieriger Zeit überaus tatkräftig bewährt. Ich bin überzeugt, daß er seine Stelle voll und ganz ausfüllen wird. Indem ich ihn nochmals 3 begrüße, frage ich, ob Herr Vizebürgermeister die auf Sie gefallene Wahl annehmen Herr Vizebürgermeister Wokral: „Vorerst möchte ich danken, daß sie durch die Wahl zum Ausdrucke brachten, daß ich die Funktionen des Vizebürgermeisters übernehmen soll. Beruflich allerdings stark beschäftigt vird es mir wohl kein Leichtes sein, dieses Amt aus¬ nüben, dennoch will ich mich aber bemühen, soweit es n meinen Kräften steht, diese Funktion auszufüllen Diese Funktion erfordert nicht nur, daß man den Platz ausfüllt, sie erfordert auch Tatkraft. Ich möchte dabei betonen, daß ich allerdings bestrebt sein werde, meinem parteimäßigen Programm zum Durchbruche zu verhelfen, nöchte aber von vornherein ausdrücklich versichern, daß ch, wenn ich in die Lage kommen sollte, irgend eine mtshandlung vorzunehmen, immer nach Recht und Gesetz handeln, daß ich mich nicht von einer Seite der Parteiansicht beeinflussen lasse, sondern zum Wohle der gesamten Bevölkerung und zum Besten der Stadt Steyr wirken will. In diesem Sinne bitte ich meine zustimmung zur Annahme der Wahl hinzunehmen“ Zustimmung. Herr Vizebürgermeister Fendt: „Ich danke recht sehr für das mir entgegengebrachte Vertrauen und erkläre, daß ich die neuerlich auf mich gefallene, mich ehr ehrende Wahl zum Vizebürgermeister annehme Ich werde stets bemüht sein, Herrn Bürgermeister in er Führung seiner Geschäfte kräftigst zu unterstützen“ Bravorufe. □ Herr Bürgermeister: „Ich bitte nun die beiden Herren Vizebürgermeister ihre Plätze am Präsidialtische einzunehmen Meine sehr geehrten Herren! Während der Ein¬ rückung des Herrn Vizebürgermeisters Fendt war an essen Stelle der bisherige Herr Vizebürgermeister Gründler zur Amtsführung für die Vizebürgermeister¬ geschäfte bestimmt. Herr Vizebürgermeister Gründler hat durch mehr als 3 ½ Jahre das Amt des Vize¬ bürgermeisters in tadellosester und aufopferndster Weise versehen. Ich habe an ihm eine außerordentlich kräftige Stütze gehabt. Sein klares Denken, sein energisches Eingreifen hat oft und oft zu den besten Erfolgen eführt. Trotz geschäftlicher Ueberanstrengung hat er die Zeit gefunden, seine Kräfte voll und ganz in den Dienst der Sache seiner Vaterstadt zu stellen. Ich gestatte mir ihm von dieser Stelle aus für alle die vielen guten Dienste, die er in aufopferndster Weise der Stadt ge¬ widmet hat, den herzlichsten Dank auszusprechen. Gleich¬ zeitig bedauere ich lebhaft sein Scheiden. Ich bitte die Herren Gemeinderäte sich zum Zeichen des Dankes und der Anerkennung von den Sitzen zu erheben. Die Herren Gemeinderäte sind einhellig meinem Ersuchen achgekommen; ich werde Sorge tragen, daß diese ihre Dankeskundgebung dem Protokolle einverleibt werde“ Herr Gemeinderat Gründler: „Meine sehr geehrten Herren Der sehr geehrte Herr Bürgermeister hat soeben in liebenswürdigster und für mich höchst ehrender Weise meiner Tätigkeit als Vizebürgermeister während er schweren Kriegsjahre gedacht. Vor mehr als 3 ½ Jahren atte ich die Ehre, von dem sehr geehrten Gemeinde rate für die Zeit der Einrückung des Herrn Vize¬ bürgermeisters Fendt zum Vizebürgermeister einstimmig gewählt zu werden. Es waren ernste bewegte Zeiten, die in meine Tätigkeit als Siellvertreter des Herrn Bürgermeisters gefallen sind. Jahre voll ernster Arbeit, jahre reich an Aufregung, reich an Sorgen und Kümmernisse. Der Krieg ist nun zu Ende gegangen Meine Herren! Unser verehrter Herr Vizebürger¬ meister Fendt ist glücklich wieder in unsere Mitte zurück¬ ekehrt. Ich gestehe es offen, daß ich auch aus geschäft¬ lichen und gesundheitlichen Rücksichten seine Wiederkehr und meine Ablösung von dieser verantwortungsvollen Stelle auf das lebhafteste begrüßt habe. Wenn ich nun heute von der Stelle als Vizebürgermeister scheide, so glaube ich dies mit dem Bewußtsein tun zu können, daß ich ewiß mit allen meinen besten Kräften bemüht war, meine Pflichten zu erfüllen und das Vertrauen zu

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