Ratsprotokoll vom 2. Oktober 1918

4 nachlässigen, sowie gegebene Zusagen nicht einhalten, so fordere die Versammlung den Wirtschaftsrat der Stadt Steyr auf, seine Stellen zurückzulegen und der Statthalterei allein und zur vollen Gänze die Verantwortung für die kommenden Folgen zu über lassen Diese Entschließung ist zu übersenden: Sr. Exzellenz dem Herrn k. k. Ministerpräsidenten Dr. Freiherrn von Hussarek Sr. Exzellenz dem Herrn Ernährungsminister Dr. Paul, Seiner Exzellenz dem Herrn Minister des Innern Dr. v. Geyer, Seiner Exzellenz dem Herrn k. k. Statthalter von Oberösterreich Erasmus Freiherrn v. Handel und dem Herrn k. k. Statthalterei=Vize¬ räsidenten Rudolf Grafen Thun Die Sektion ist überzeugt, daß der löbliche Gemeinderat dem Gegenstande die vollste gebührende Beachtung schenken un die Dringlichkeit zuerkennen wird. Es ist ganz sicherlich richtig, daß der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr und deren Wirt chaftsrat von jeher alles getan haben, was in ihrer Macht ge¬ legen ist, um diese ganz unglaublichen traurigen Verhältnisse zu einem Besseren zu wenden; leider waren die zahlreich unter nommenen Schritte bisher ein Schlag ins Wasser und ist es in Steyr seither nicht besser geworden. Die in der vorgedachten Versammlung gefaßte Entschließung erscheint daher gewisser¬ maßen als ein letztes Aufgebot an die zuständigen Behörden, endlich eine Besserung eintreten zu lassen, damit diese unhalt¬ aren Zustände vielleicht in letzter Stunde gebessert werden. Deshalb stellt die Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle sich dieser Entschließung instimmig anschließen und diese tatkräftigst fördern und unter tützen.“ Herr G.=R. Wokral: „Ich möchte bitten, daß die Ent¬ schließung und der Antrag der Sektion die einmütige Zustim mung des Gemeinderates finden möge. Weiters möchte ich be¬ merken, daß trotz der dringendsten Vorstellungen des Herrn Bürgermeisters, des Gemeinderates und des städtischen Wirt¬ chaftsrates nunmehr doch die Freigabe der Kartoffel verfügt vurde, allerdings mit der Einschränkung, daß den Wienern der Einkauf in Oberösterreich verboten wurde. Durch die sonstige Freigabe ist aber dessenungeachtet amtlich eine Anarchie ge chaffen worden, für deren Folgen wir das schlimmste befürchten müssen. Es ist gerade das Gegenteil von dem verfügt worden, was vom Gemeinderat und Wirtschaftsrat angeregt und empfohlen wurde. Unter diesen Umständen ist es für den Gemeinderat und Wirtschaftsrat furchtbar schwer zu arbeiten und bedauerlich, daß nun diese Körperschaften die Verantwortung übernehmen sollen eine Verantwortung, die sie nicht tragen können. Es muß hier ganz deutlich zum Ausdrucke gebracht werden, daß es so auf die Dauer nicht mehr geht und wenn die verantwortlichen staatlichen Stellen dies nicht begreifen, so wird nichts anderes übrig bleiben, als die Forderung der Entschließung, daß die Mitglieder des tädtischen Wirtschaftsrates ihre Stellen zurücklegen, wahr zu machen, weil sie die Verantwortung im Bewußtsein ihrer er¬ üllten Pflicht nicht länger übernehmen können und nicht zu¬ ehen können, daß die Bevölkerung diesen geschaffenen anarchi¬ schen Zuständen ausgeliefert wird.“ (Unmutsäußerungen. derr Bürgermeister: „Ich lasse über den Sektions¬ antrag abstimmen. Der Gemeinderat stimmt der Entschließung einstimmig zu. Herr Bürgermeister: „Es liegt ein weiterer Dring¬ lichkeitsantrag der I. Sektion betreffend Einführung von Auto¬ tandfuhrwerk vor und ersuche ich Herrn G.=R. Dr. Harant hiezu zu sprechen.“ derr G.=R. Dr. Harant: „Auch dieser Gegenstand kann wie der vorhergehende aus demselben Grunde nur im dring¬ lichen Wege behandelt werden; er behandelt Verkehrsfragen, so daß die Dringlichkeit von selbst gegeben erscheint. Ich bitte da¬ her, auch diesem Gegenstande die Dringlichkeit zuzuerkennen. Herr Bürgermeister: „Wird gegen die Dringlichkeit ein Einwand erhoben? Dies ist nicht der Fall; ich ersuche Herrn B.=R. Dr. Harant zum Gegenstande selbst zu sprechen. Herr G.=R. Dr. Harant: „Vom Herrn Bürgermeister ist der I. Sektion folgender Bericht zugekommen: An die I. Sektion des Gemeinderates! Die seit einiger Zeit mit der Wiener Fiakergenossenschaft eführten Verhandlungen haben diese veranlaßt, um Konzession für zehn Fuhrwerke bei der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr inzureichen. Diese Konzession wird erteilt werden mit dem Standplatze am Stadtplatze und gegen die Verpflichtung, zu jedem Zuge mindestens ein Fuhrwerk beim Bahnhofe stellig zu machen. Die Fiakergenossenschaft will den Betrieb vorläufig mit vier Autos aufnehmer Gleichzeitig hat die Genossenschaft Tarifvorschläge gemacht dahingehend, daß in Steyr der jeweils in Wien für Taxameter¬ Standfuhrwerk in Kraft stehende Tarif giltig sei. Dieser Antrag hat den Vorteil, daß Streitigkeiten zwischen der Stadtgemeinde ind den Konzessionsinhabern vermieden werden, da eben der jeweilige Wiener Tarif sofort in Kraft tritt Der gegenwärtige Tarif ist nachstehend angegeben Autotaxameter: Tarif II, d. i. für die ersten 666 m 1•— K für je weitere 333 m —•40 „ die vom Zählwerk angezeigte Summe ist 3fach einzuheben. Fiaker (Zweispänner): 1·20 K Tarif 11, d. i. für die ersten 666 m 30 für je weitere 333 m „ benfalls 3fach Einspänner: K —·60 Tarif II, d. i. für die ersten 666 m für je weitere 333 m „ —.20 * *3 benfalls 3fach. Zuschläge für Fahrten von den Bahnhöfen und für K 1•— größeres Gepäc 2•— * ür bestellte Wagen Wie aus den früheren Ausführungen hervorgeht, kommt für Steyr derzeit nur der Autotarif in Frage. Nach diesem ommt beispielsweise eine Fahrt vom Stadtplatze zum Staats bahnhofe, vom Stadtplatze zum Steyrtalbahnhofe, von der Frauen 4•20 gasse bis zum Staatsbahnhofe au K 5•60 vom Stadtplatz zur Artilleriekaserne „ 13·80 vom Staatsbahnhofe zum neuen Krankenhause auf omit wesentlich billiger als die heute verlangten Gebühren Es obwaltet somit kein Anstand, die Zustimmung zur Einführung der Wiener Tarife zu geben und ersuche ich die Sektion, diese, um keine Verzögerung zu schaffen, im Wege eines Dringlichkeitsantrages zu bewirken. Steyr, am 1. Oktober 1918. Julius Gschaider Bürgermeister. Die Wiener Fiakergenossenschaft hat sich in ihrer Zuschrift ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß der für Wien je¬ weils geltende Tarif auch in Steyr seine Giltigkeit habe. Es st gewiß zu begrüßen, wenn in Steyr die Möglichkeit geboten vird, ein Fuhrwerk aufnehmen zu können, da die Kriegsver¬ hältnisse dazu geführt haben, daß Fiaker oder sonstiges Lohn¬ uhrwerk überhaupt nicht oder nur zu horrenden Preisen zu be¬ kommen ist; oft mußte man stundenlang warten, bis eingespannt oder überhaupt ein Fuhrwerk zur Verfügung gestellt werden konnte. Durch die Einstellung des Wiener Standfuhrwerkes wird nun diesem Uebelstande abgeholfen werden, da sohin jederzeit in Fuhrwerk am Standplatze zu erreichen sein wird Die Sektion beantragt daher: Der Gemeinderat be¬ schließe, die Erklärung der Fiakergenossenschaft, nach welcher sie ich verpflichtet, in Steyr die jeweils in Wien für Taxameter¬ fuhrwerk geltenden Tarife einzuhalten, genehmigend zur Kennt¬ nis zu nehmen und damit diese Tarife als in Steyr für Taxa¬ meter=Standfuhrwerk giltig zu erklären. Herr Bürgermeister: „Ich lasse über den Sektions¬ abstimmen. antra Der Gemeinderate nimmt den Sektionsantrag einhellig an. Herr Bürgermeister: „Somit kommen wir zur Er¬ ledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Karl Harant. 1. Personalansuchen. 2. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindever¬ band Die Punkte 1 und 2 werden der vertraulichen Sitzung vorbehalten 3. Aenderung der Benennung, des neu einverleibten Gebietes 18256 Herr Referent G.=R. Dr. Harant: „Der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 26, Oktober 1917 beschlossen, das hat aus dem Gebiete der Gemeinde Gleink einzuverleibende Aereale ach der bereits bestehenden Ortschaft „Stein“ zu benennen, da es zur Durchführung der Inkorporierung notwendig war, das einzuverleibende Gebiet mit einem Namen zu bezeichnen. Der Hemeinderat hat sich damals auf den Standpunkt gestellt, diesem Gebiete, wie gesagt, den Namen „Stein“ zu geben, weil es seit lter Zeit diesen Namen innehatte und derselbe landläufig be¬ annt ist. Nun würde aber, wie zwar schon in der Sitzung von 26. Oktober ausgeführt wurde, die Neubenennung eines Stadt eiles mit dem § 1 des Gemeindestatutes dadurch im Wider spruche stehen, als hiezu ein Landtagsbeschluß erforderlich ist Damals wurde von der Erwägung ausgegangen, daß im Wege des Landesausschusses ein Gesetz auf Benennung des neuinkorpo¬ rierten Gebietes zu erwirken sei, was sich jedoch nach dem Be¬ cheide der Statthalterei als untunlich erwies. Nachdem nun uch in nächster Zeit der Zusammentritt des Landtages nicht zu erwarten steht, somit ein Landtagsbeschluß nicht zu erwirken ist, bleibt nichts anderes übrig, als das neuinkorporierte Gebiet nach einem der beiden bestehenden und angrenzenden Stadtteiler Wieserfeld oder Ort zu benennen. Von diesen beiden Orten ommt jedoch der Stadtteil Wieserfeld vorerst in Betracht, als derselbe zum größeren Teile an das inkorporierte Gebiet an renzt und die Benennung des neuen Gebietes nach diesem Stadtteile baher im Grunde der Bestimmungen des Gemeinde statutes geboten erscheint Die Sektion stellt daher den Antrag: Bei dem Um¬ tande, als die Bezeichnung des Gebietes nach den Namen „Stein“ mit Rücksicht auf den Wortlaut des Statutes nicht möglich ist, die Schaffung eines Landesgesetzes zum Zwecke einer enderung des Statutes dermalen aber gleichsfalls nicht angeht und um die Einverleibung des Gebietes nicht länger zu ver¬ zögern, stellt die Sektion den Antrag: das fragliche Gebiet 1. Der seinerzeit gefaßte Beschluß Stein“ zu benennen, wird zurückgezogen 2. der Gemeinderat beschließe, dieses Gebiet lediglich als Vergrößerung der im § 1 des Gemeindestatutes verzeichneten Vorstadt „Wieserfeld“ anzusehen.

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