Ratsprotokoll vom 23. Juli 1918

4 des Gemeinderates zu ersehen, daß die Staatsbahn¬ verwaltung nunmehr zur Erkenntnis der Notwendig keit dieses Neubaues gelangt ist. Es bleibt nun noch die Frage offen, in welchem Umfange der Neu= bzw. Umbau geplant ist und in welchem Zeitpunkte er vorgenommen werden soll. Diesbezüglich steht es außer Zweifel, daß nur eine der grundlegende Erneuerung und Vergrößerung Bahnhofanlagen unsere so traurigen Bahnhofverhält¬ nisse regeln kann. Unerläßlich ist ein vollständiger Neubau des Aufnahmsgebäudes, der Magazins= und Kanzleiräume, der Verladerampen, der Heizhäuser, sowie eine aus¬ giebige Vergrößerung der Schienenanlage, sowie die Hereinführung der Steyrtalbahn bis zum Staatsbahn¬ hofe mit Umlademöglichkeit. Nur durch Erfüllung aller dieser Notwendigkeit wird den Verkehrsbedürfnissen der Stadt, die bestehenden Bahnhofanlagen betreffend, Rechnung getragen und die lange Zurücksetzung Steyrs in der Bahnhoffrage einigermaßen gutgemacht Der Neubau ist sehr dringend und wäre ehe¬ tens vorzunehmen. Wenn die große Linzer Bahn¬ so ist hofanlage im Kriege ausgebaut werden kann nicht einzusehen, warum nicht auch die unendlich kleinere Steyr Anlage ebenfalls ohne Verzug in Angriff genommen werden könne Die Verkehrskommission stellt daher den Antrag: Der löbliche Gemeinderat beschließe: Die Staatsbahnverwaltung werde ersucht, den des Staatsbahnhofes in Steyr Neu= bzw. Umbau eheftens in vorgeschilderter Weise vorzunehmen und die bezüglichen Pläne raschestens zur Kenntnis der Stadtgemeinde Steyr zu bringen. Die Staatsbahnverwaltung wird weiters ersucht, ohne Verzug Verhandlungen mit der Steyrtalbahn rnzuknüpfen, behufs Einmündung dieser Bahn in den Staatsbahnhof. Steyr. Die Stadtgemeindevorstehung wird ermächtigt, ich in Ausführung dieses Beschlusses mit einer ent¬ sprechenden Eingabe an die k. k. Staatsbahnverwal¬ tung zu wenden und die maßgebenden Vertretungs¬ kreise Oberösterreichs um die Unterstützung dieser An¬ gelegenheit zu ersuchen Steyr, am 23. Juli 1918. Gründler m. p. Der Vizebürgermeister F. Wie die Herren schon Herr Bürgermeister: aus dem Berichte ersehen konn ten, handelt es sick um zwei Dringlchkeitsanträge; ch glaube daher auch im Sinne des Gemeinderates empfehlen zu sollen, behandeln. beide Anträge zusammen zu er gemeinsamen Be Der Gemeinderat stimmt handlung beider Dringlichkeitsanträge zu. Herr Referent Vizebürgermeister Gründler: „Die Dringlichkeit der Anträge brauche ich wohl kaum näher begründen zu müssen, da es sich um Fragen handelt, die absolut nicht länger hinausgeschoben werden können; die rascheste und ehefte Durchführung in den Dringlichkeitsanträgen niedergelegten er Wünsche kann nur begrüßt werden. Der Gemeinderat stimmt der Dringlichkeit der beiden AAnträge einhellig zu. verlesenen Dringlichkeitsantrage Zum bereits führt Herr Referent Vizebürgermeister Gründler aus: „Unsere Stadt ist in Eisenbahnangelegenheiten seit jeher sehr stiefmütterlich behandelt worden. Es wäre vielleicht interessant und auch am Platze, auf die ganze Entwicklungsgeschichte des Eisenbahnwesens und der Bahnanlagen in unserer Stadt zurückzu¬ greifen; es würde jedoch zu weit führen und werden wir ja in nächster Zeit, sowohl in der Verkehrs¬ kommission als auch im Gemeinderate noch sehr viel Gelegenheit haben, uns mit Verkehrsfragen ein ehendst zu beschäftigen. Für heute sei nur festge¬ tellt, daß über die meisten Bahnfragen der Stadt kein guter Stern gewaltet hat und daß manches ge¬ chehen, was zu ungunsten unserer Bahnverhältnisse war. Es muß dafür gesorgt werden, daß Uebersehenes aus früherer Zeit wieder möglichst gutgemacht wi d und es ist unsere ganz besondere Aufgabe, beim Projekte des Neu= bzw. Umbaues unserer Bahnhof¬ anlage darauf zu dringen, daß dieses in einer Weise durchgeführt wird, welche den Bedürfnissen unserer Stadt und deren Bevölkerung vollkommen zu ent¬ sprechen vermag und der Größe und Bedeutung Steyrs als Industriestadt nach jeder Richtung Rech¬ nung trägt Unsere heutige Bahnhofanlage muß als voll¬ kommen ungenügend bezeichnet werden. Die Klagen über die Rückständigkeit unserer Bahnhofanlage gehen aber schon auf Jahrzehnte zurück und schon damals wurde gesagt, daß manches Dorf einen schöneren und praktischer angelegten Bahnhof besitzt, als un¬ ere große Industriestadt Steyr. Es war daher seit Jahren Aufgabe des Gemeinderates, bei der Staats¬ bahndirektion dahin zu wirken, daß endlich auch die Stadt Steyr eine neue, modernen Anforderungen entsprechende Bahnhofanlage erhält. Lange genug haben die Wünsche und Forderungen der Stadt taube Ohren gefunden, bis endlich in letzter Zeit bei den maßgebenden Behörden die Ueberzeugung Platz ge griffen hat, daß es für die Stadt Steyr mit Rück¬ sicht auf ihre Größe und die gewaltige Steigerung es Verkehres höchste Zeit sei, eine Regelung und durchgreifende Verbesserung der Bahnhofs= und Ver¬ kehrsverhältnisse zu denken. Diesbezüglich soll.n be¬ eits die Vorarbeiten gemacht sein; nur konnten wir bisher noch keinen Einblick in die Pläne und Pro¬ ekte gewinnen. Dem Herrn Bürgermeister wurde je doch seitens des Eisenbahnministeriums auf seine Be¬ mühungen hin versprochen, der Stadt ehemöglichst die Pläne zur Einsicht zu übermitteln und steht hoffent¬ zu erwarten, daß der Stadt Steyr auch tatsäch¬ lich lich bald das Bahnhofprojekt vorgelegt wird Es muß schon jetzt darauf hingewiesen werden, aß an diesem Projekte eine ganze Reihe von indu¬ striellen Betrieben, Handels= und Gewerbetreibenden und nicht zuletzt die ganze Bevölkerung ganz bedeu¬ end an der Neugestaltung unserer Bahnhofverhält¬ nisse interessiert sind Anlehnend an diese Frage des Neu= bzw. Um¬ baues unseres Staatsbahnhofes liegt weiters eine Nie¬ derschrift des Herrn Bürgermeisters über die Frage der anzustrebenden Einmündung der Steyrtalbahn in den Staatsbahnhof Steyr vor, welche lautet: Der Wert der Hereinführung der Steyr¬ talbahn für die Stadt Steyr. Die Konzessionsurkunde der Steyrtalbahn lautet auf Erbauung einer schmalspurigen Eisenbahn von Steyr nach Grünburg, gegebenenfalls nach Agonitz Bei Erbauung der ersten Strecke wurde jedoch aus Ersparungsgründen die Bahn nicht ab Steyr, sondern ab Garsten geführt, während andere Schmalspur¬ in bahnen unter Benützung des Staatsbahngeleises den Bahnhof des Hauptortes einmünden, z. B. die Salzkammergut=Lokalbahn nach Ischl Eine Hereinführung der Steyrtalbahn böte eine ganze Reihe von Vorteilen für unsere Stadt. In rster Linie käme der Frachtenverkehr mit den von der Steyrtalbahn berührten Ortschaften in Betracht. Der Bahnhof Steyrdorf ist, was Zufuhr anbelangt, denkbar ungünstig gelegen. Will man Güter von so Ennsdorf, der Stadt oder Ort dorthin bringen. muß man durch die durch ihre Enge so ungünstige Pfarrgasse fahren oder den fast unfahrbaren steilen Schloßberg benützen. Von Steyrdorf, Wieserfeld oder Aichet hingegen muß man tief in das Steyrtal hin¬ unter und dann wieder steil zum Bahnhof hinauf¬ di ahren. Der Staatsbahnhof jedoch ist durch breite, eine sehr geringe Steigung aufweisende Bis¬ marckstraße leicht erreichbar. Auch sind die Verlade¬ elegenheiten in Steyrdorf sehr beschränkte, während ie am Staatsbahnhofe nach dessen Ausbau zweifel¬ los reichlich vorhanden sein werden Auch für den Personenverkehr wäre die Herein¬ ührung der Steyrtalbahn nach Steyr recht günstig, da die Bewohnerschaft von Ennsdorf, die ja im Ver¬ aufe von 5 Jahren eine Bevölkerungsvermehrung auf mehr als das fünffache erfahren hat, diese Verkehrsmöglichkeit jedenfalls begrüßen würde und auch Teile der Stadt, sowie der Vorstadt Ort und die stadtwärts gelegenen Teile von Steyrdorf viel näher beim Staatsbahnhofe liegen, also jedenfalls die Fahrtmöglichkeit von diesem Bahnhofe aus lieber be¬ nützen, als von Steyrdorf aus. Schließlich käme auch noch ein Punkt in Betracht der für den Fremdenverkehr in Friedenszeiten nicht lußeracht zu lassen wäre. Durch die Hereinführung er Steyrtalbahn würde Steyr Ausgangspunkt die¬ ser Bahn, somit auch Umsteigestation, da die Züge der Staatsbahn, welche heute des Anschlusses wegen bis Garsten laufen, dann in Steyr halten bleiben würden. Heute ist in den meisten Fahrplänen, bzw n deren Karten, die von jedem der eine Reise unter¬ nimmt, behufs Aufsuchen der Strecken benützt werden owie in den Streckenverzeichnissen wohl Garsten, nich aber Steyr enthalten, was zur Folge hat, daß Steyr, wie wohl keine andere Stadt von ähnlicher Größe und Bedeutung ein dem reisenden Publikum fast un¬ ekanntes Dasein führt. Dies würde dadurch, daß in Steyr umgestiegen würde, und insbesondere durch

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