Ratsprotokoll vom 22. März 1918

2 17) Mein Anwesen, Garstenerstraße Nr. 5 und 7, vermache ich der Stadtgemeinde und hat mein ehemaliger Vormund noch ein Jahr die Benützung der Wohnung samt Garten. (Das ge¬ samte Mobilar und Inventar gehört nach Punkt 9 des Testa Herrn Hanns Millner.) nentes Sämtliche Legate sind gemäß Testament ohne Erbsteuer¬ auszubezahlen. abzu dieses Testament zeigt von einer Liebe zur Vaterstadt wie sie beispiellos dasteht. Herr Leopold Werndl hat in allen die Stadt anbelangenden Zweigen Gutes gestiftet und zwar in einer Weise, die es der Stadt und dem Gemeinderate ermög licht, ohne Einschränkung nach bestem Wissen und Gewissen darüber verfügen zu können. Der Name Leopold Werndl wird in Hinkunft als der eines größten Wohltäters der Stadt genannt sein. Die Stadt Steyr wird ihm stets ein hochehrendes Andenken bewahren. Wir be¬ dauern tief, daß dieser edle Mann in so jungen Jahren sein Leben lassen mußte. Die Herren haben sich zum Zeichen der Trauer und des Dankes von den Sitzen erhoben; ich werde Sorge tragen, daß diese Kundgebung dem Protokolle einverleibt werde Herr Vizebürgermeister Gründler hat zu dieser Kund¬ gebung des Gemeinderates einen Dringlichkeitsantrag einge¬ bracht den ich hiemit anschließend zur Kenntnis und zur Be¬ ratungbringe Dringlichkeitsantrag. Unser allverehrter hochherziger Mitbürger und Sohn un¬ erer Stadt, Herr Leopold Werndl, k. u. k. Leutnant im In¬ fanterie=Regiment Nr. 85, mußte leider allzufrüh sein junges hoffnungsvolles Leben auf dem Schlachtfelde dem Vaterlande zum Opfer bringen Der Wohltätigkeitssinn des gefallenen Helden, der sich ja bereits zu seinen Lebzeiten bei den verschiedensten Anlässen be¬ vährt hat, ist aber ganz besonders in seinem letzten Willen zum Ausdrucke gekommen In treuer Anhänglichkeit und Liebe zu seiner Vaterstadt hat er diese zum Erben eines namhaften Vermögens für humanitäre und wohltätige Zwecke eingesetzt und ihr außerdem noch seinen herrlichen, wertvollen Realbesitz als Eigentum zuge¬ sprochen In aufrichtiger Verehrung und inniger Dankbarkeit ge¬ denkt die Bevölkerung unserer Stadt des teueren Toten, der sich durch seinen Edelsinn und seine Menschenfreundlichkeit ein dauerndes Andenken in den Herzen seiner Mitbürger gesichert hat Der Name dieses hochherzigen wackeren Mannes soll für alle Zeiten der Mitwelt erhalten bleiben, auf daß auch künftige Generationen in Dankbarkeit und Verehrung dieses großen Wohltäters gedenken Ich erlaube mir daher den Antrag zu stellen, die Garstener¬ traßezu Ehren dieses edlen getreuen Sohnes unserer Stadt nach ihm „Leopold Werndl=Straße“ zu benennen. Steyr, am 20. März 1918. F. Gründler, Vizebürgermeister. Der Dringlichkeitsantrag trägt eine große Zahl von Unter¬ schriften, ist daher genügend unterstützt. Ich bitte Herrn Vizebürgermeister Gründler zur Dring¬ lichkeit des Antrages das Wort zu nehmen. Herr Vizebürgermeister Gründler: Zur Begründung der Dringlichkeit will ich nur kurz sagen, daß die heute erfolgte offizielle Mitteilung der so hochherzigen Vermächtnisse des Herrn Leopold Werndl an die Stadt die Stellung des vorgedachten Dringlichkeitsantrages am passendsten erscheinen läßt, womit uch die Dringlichkeit des Antrages gegeben ist. Die Dringlichkeit des Antrages wird vom Gemeinderate einstimmig angenommen zum Antrage selbst führt Herr Vizebürgermeister Ferd. Gründler aus Neine sehr geehrten Herren! derr Leopold Werndl ist wohl einer der größten Wohl täter der Stadt. Es ist ein Gebot der Pflicht und der Dank barkeit, das Andenken an diesen hochedlen Mann dauernd zu ichern und seinen Namen für alle Zeiten der Mitwelt zu er haltenWas Herr Leopold Werndl für seine Vaterstadt, für das Wohl seiner Mitbürger und für das Wohl der leidenden Mensch¬ heit getan hat, haben Sie aus dem Berichte des Herrn Bürger¬ meisters über das Testament gehört. Die Stadt Steyr schulde diesem edlen Manne großen Dank und glaube ich keinen besseren Ausdruck unserer innigen Verehrung und großen Dankbarkei nden zu können, als den Antrag zu stellen, die Straße, in welcher das Geburtshaus Leopold Werndls steht und in welchem er seine Kinder= und Jugendjahre verlebt hat, nach ihm zu be¬ iennen. Der Name „Leopold Werndl=Straße“ soll der heutigen Generation und den künftigen Geschlechtern künden, daß hier ein Mann geboren wurde und gelebt hat, der seine Vaterstadt treu geliebt, ein Menschenfreund, dem das Wohl seiner Mit bürger stets am Herzen lag, ein edler Sohn unserer Stadt, der bis zu seinem Lebensende dieser in treuer Anhänglichkeit und Liebe zugetan war hre dem Andenken des gefallenen Helden, Ehre dem An¬ denken dieses guten edlen Sohnes unserer Stadt Ich bitte um einstimmige Annahme meines Dringlichkeits antrages Herr Vorsitzender: Wünscht einer der Herren zum Antrage das Wort? Es ist nicht der Fall. ch bitte somit die Herren, welche für die Annahme des Dringlichkeitsantrages sind, sich von den Sitzen zu erheben Der Dringlichkeitsantrag erscheint einstimmig angenommen. Herr Bürgermeister: Ein weiterer Trauerfall hat vor kurzem unsere Stadt bewegt. Herr Baron von Buddenbrock, Vizepräsident der Oesterr. Waffenfabriks=Gesellschaft, ist gestorben err Baron von Buddenbrock kam in den 70er=Jahren nach Steyr und ist ihm unsere Stadt zur zweiten Heimat geworden. diesem Gefühle hat er in seinem Testamente Ausdruck gegeben ndem er für die Armen der Stadt einen Betrag von 1000 K hinter lassen hat. Ich gedenke auch dieses Mannes in dankbarer Erinnerung; wir werden auch ihm ein dankbares Andenken be¬ vahren. Ich bitte, sich zum Zeichen der Trauer und des Dankes von den Sitzen zu erheben. (Geschieht.) Sodann führt Herr Bürgermeister aus Wie schon seit langer Zeit bekannt, hat die Stadtgemeinde das Bestreben, den an das Krankenhaus unmittelbar anschließen¬ den und zum Krankenhause gehörenden Teil, die sogen. Leiten und das Gebiet um das Wasserreservoir, welche Gebietsteile im Gebiete der Gemeinde Sierning sich befinden, in das Stadt¬ ebiet einzubeziehen, da es sehr unangenehm ist, wenn Teile ines einheitlichen Betriebes in einer anderen Gemeinde liegen und durch den Stadtbesitz eine Gemeinde= und in diesem Falle auch Bezirksgrenze geht, so daß dieser außer der Stadtgrenze lie gende Besitz nicht der stadtsanitätspolizeilichen Verwaltung, sondern er der Bezirkshauptmannschaft Steyr=Land untersteht. Besonders drückend ist die Sache geworden, als man den Beschluß faßte, die Leiten zu Spazierwegen für rekonvaleszente Patienten aus¬ zugestalten und damit auch diesen Teil dem Krankenhausbetriebe nmittelbar anzuschließen. Es sind nun mit der Gemeinde Sierning Verhandlungen gepflogen worden und hat schon am 5. Juli 1917 eine kommissionelle Begehung des zur Einver¬ leibung in das Stadtgebiet beantragten Gebietsteiles der Ge¬ meinde Sierning stattgefunden, an welcher sich sowohl Vertreter der Stadtgemeinde Steyr, wie auch Vertreter der Gemeinde Sierning unter Führung des Herrn Bürgermeisters Bauernebl beteiligten und welch' letztere sich dahin aussprachen, das An suchen der Stadtgemeinde Steyr im Gemeindeausschusse Sierning efürworten zu wollen, da dieser Gebietsteil für die Gemeinde Sierning eine kaum nennenswerte Steuer abwerfe und außer dem der Entgang an solcher der Gemeinde Sierning durch die Stadtgemeinde Steyr vergütet würde. Nachdem trotz mehrfacher Betreibungen keine Entschließung der Gemeinde Sierning er¬ lgte, habe ich mich mit Schreiben vom 8. März l. J. neuer¬ lich an die Gemeinde Sierning um Bekanntgabe ihrer Ent¬ chließung gewendet, worauf folgendes Schreiben einlangte Gemeinde=Amt Sierning Zl. 1915 am 14. März 1918. An die Gemeinde=Vorstehung Steyr In Erledigung der dortamtlichen Zuschrift vom 8. Juni 1917, Z. 25.548, beehre ich mich höflichst mitzuteilen, daß der Gemeinde=Ausschuß Sierning in seiner Sitzung vom 11. März 1918 einstimmig beschlossen hat, auf das dortamtliche mit ein gangserwähnter Zuschrift gestelltes Ansuchen auf Abtrennung eines Gebietsteiles der Gemeinde Sierning und Einverleibung in das Gebiet der l. f. Stadt Steyr nicht eingehen zu können Der Gemeinde=Vorsteher: 79638 L. S. Bauernebl m p. Ich muß offen sagen, daß ich es unverständlich finde, daf der Gemeinde=Ausschuß nun plötzlich diesen abweislichen Beschluß aßte, nachdem die Gemeinde Sierning durch die Abtrennung gar keinen Verlust gehabt hätte, für das Krankenhaus es aber aus den vorangeführten Gründen sehr lästig ist, wenn die Ge¬ neindegrenze mitten durch den Parkbesitz desselben geht. Ich verde nochmals versuchen, mit der Gemeinde=Vorstehung Sier¬ ning ein Einvernehmen zu erzielen; auf die Dauer wird dieser Zustand unhaltbar und wird es auch der Bezirkshauptmannschaft nicht angenehm sein, wenn die Grenze ihres Gebietes durch einen Besitz der Stadt geht Herr G.=R. Kirchberger ersucht, das Kommissions¬ protokoll vom 5. Juli 1917 zur Verlesung zu bringen, worin ich die Vertreter der Gemeinde Sierning, wenn seitens des errn Landeshauptmannes keine Einwendung dagegen erhoben wird, zustimmend zur Abtrennung äußerten. Es möge in dieser Angelegenheit weiter verhandelt werden. Es könnte der Fall intreten, daß einem Patienten des Krankenhauses in dem zum bemeinde Sierning gehörigen Parkteil plötzlich ein Unfall zu ößt, so daß in diesem Falle die behördliche Kommission der Bezirkshauptmannschaft in dem der Stadt Steyr gehörigen Krankenhause amtshandeln würde. Es liegt also die Einver¬ leibung nicht nur im sanitätspolizeilichen, sondern auch im öffentlichen Interesse. Es möge daher mit Zuhilfenahme der Statthalterei auf die Gemeinde Sierning ein Druck ausgeübt werden; die Gemeinde Sierning wird keinen Schaden erleiden, da ihr ja alle Einnahmenentgänge ersetzt werden. Herr G.=R. Prof. Erb bemerkt hiezu, das Gebietsabtren¬ nungen einer Gemeinde gar nicht der Zustimmung einer anderen Gemeinde bedürfen; wenn die Statthalterei und der Landes¬ ausschuß einig sind, steht der Abtrennung nichts im Wege. Ich würde mich auch gar nicht mehr an die Gemeinde Sierning wenden, sondern direkt an den Landesausschuß.

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