Ratsprotokoll vom 22. März 1918

III. Sitzung. Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Mittwoch den W8. März 1918 um 3 Uhr nachmittags. Tages=Ordnung: Mitteilungen. I. Sektion. 1. (Vertraulich.) Personalansuchen. 2. Beschlußfassung über die Satzungen der städtischen Ar¬ heitsvermittlungsstelle. 3. Aenderungsanträge für die Hausordnung für das All¬ gemeine Krankenhaus. 4. Beschlußfassung wegen Weitereinhebung der bestehenden Mautgebühr am Gehstege bei der Eisenbahnbrücke nächst Garsten. 5. Feststellung eines neuen Theatervertrages. 6. Ansuchen um Erhöhung der Leichenbeschaugebühren. 7. Beschlußfassung über einen Versorgungsvertrag II. Sektion. (Sektionssitzung am Samstag den 16. März um 3 Uhr nachmittags.) 8. Stadtkasse=Tagebuchabschluß pro Februar 1918. 9. Anregung betreffend Erbauung eines neuen Stadttheaters. 10. Jahresbericht des hierstädtischen Museums. 11. Beschlußfassung wegen Beteiligung an der zu gründen¬ den Gemüse= und Obstbaugesellschaft m. b. H. 12. Erhöhung der Wagkartengebühr für die städtische Brückenwage. 13. Zuschrift der oberösterr. Landeskommunal=Kreditanstalt betreffend Geldbeschaffung für die VIII. Kriegsanleihe. 14. Unterstützungsansuchen. III. Sektion. (Sektionssitzung am Dienstag den 19. März um 3 Uhr nachmittags.) Gegenwärtig: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Julius Gschaider. Vorsitzender=Stellvertreter: Herr Vizebürgermeister Ferd. Gründler. Die Herren Gemeinderäte: Franz Aigner, Heinrich Amer¬ storfer, Heinrich Bachmayr, Wilhelm Denkmayr, Prof. Leopold Erb, Josef Haidenthaller, Leopold Haller, Dr. Karl Harant jun., Ing. Josef Huber, Franz Kattner, Franz Kirchberger, August Mitter, Viktor Ortler, Franz Schwertfelner, Franz Tribrunner und Karl Wöhrer. Seitens des Stadtamtes: Herr Stadtamtsrat Dr. Franz Habl. Als Schriftführer: städt. Protokollführer Karl Ridler. Entschuldigt abwesend: die Herren Gemeinderäte Otto Dunkl und Gottlieb Dantlgraber, welche beruflich verreist sind, ebenso Herr Josef Wokral und Herr Ludwig Binderberger wegen Krankheit. Zur militärischen Dienstleistung eingerückt sind: Herr Vizebürgermeister Paul Fendt und die Herren Gemeinderäte: Anton Kurz, Josef Langoth und Anton Sighart. Der Herr Vorsitzende begrüßt die erschienenen Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates fest und erklärt die Sitzung um 3 Uhr nachmittags für eröffnet. Als Verifikatoren dieses Protokolles werden die Herren Ge¬ meinderäte Josef Haidenthaller und Dr. Karl Harant jun. ge¬ wählt. Herr Bürgermeister: Meine sehr geehrten Herren! Vor kurzer Zeit ist die Bestätigung der traurigen An¬ nahme, daß Herr Leopold Werndl den Heldentod am Felde der Ehre gefunden hat, hier amtlich eingetroffen. (Der Ge, meinderat erhebt sich von den Sitzen.) 15. Anbot der Firma Kröger für die Lieferung eines Niveau¬ planes für das neueinverleibte Stadtgebiet. 16. Ansuchn der k. k. Post= und Telegraphen=Direktion in Linz wegen Legung eines Fernsprechkabels von der Zentrale Grün¬ markt 1 zur neuen Autofabrik. 17. Ansuchen der Oesterr. Waffenfabrik um Bewilligung zur Benützung von öffentl. Straßengrund zur Herstellung einer Kühlwisserleitung zur neuen Waffenfabrik. 18. Ansuchen der Elektrizitätswerke in Steyr um Bewilli¬ gung zur Errichtung von Transformatorenstationen in städtischen Gebäuden und auf öffentlichem Grund. 19. Ansuchen um Ueberlassung des Stadttheaters zu Wohl¬ tätigkeits=Vorstellungen. IV. Sektion. (Sektionssitzung am Montag den 18. März um 3 Uhr nachmittags.) 20. Verleihung der Jahresinteressen aus der Alois Zwey¬ thurn=Stiftung 21. Verleihung der Jahresinteressen aus der Kaiser Franz Josef= und Elisabeth=Stiftung. 22. Verleihung der Jahresinteressen aus der Ludwig Werndl=Stiftung 23. Verleihung der Jahresinteressen aus der Landerlschen Stiftung. 24. Ansuchen um eine Abfertigung aus der Elise Duckart¬ schen Stiftung. 25. Ansuchen eines mobil. Aushilfslehrers um Quartier¬ geldnachzahlung. Der Verstorbene ist bei der Mobilisierung voller Begeiste¬ rung zu den Waffen eingerückt, und zwar als Reserveleutnant des k. u. k. Infanterie=Regiments Nr. 85. Leider war es ihm nicht gegönnt, das Ende des großen Ringens zu erleben, denn schon nach kurzer Zeit, am 20. Oktober 1914, erlitt Herr Leo¬ pold Werndl auf den galizischen Schlachtfeldern den Heldentod. Die Eröffnung seines Testamentes hat gezeigt, daß er in hochherzigster und großzügigster Weise seiner Vaterstadt gedacht hat. Er hat vielen Anstalten der Stadt große Mittel zur Ver¬ fügung gestellt, hat der Stadt außerdem große Summen zur freien Verfügung hinterlassen, sowie er seinen schönen Realbesitz der Stadt zum Eigentum vermacht hat. Ich gestatte mir, aus dem Testamente die der Stadt zu¬ kommenden Vermächtnisse mitzuteilen: 1) 100.000 K (Hunderttausend Kronen) für den Spitalbau. 2) 100.000 K (Hunderttausend Kronen) für arme Waisen, welche nach Steyr zuständig sind und die Stadtgemeinde zu ver¬ sorgen hat. 3) 50.000 K (Fünfzigtausend Kronen); die Zinsen hievon sind von der Gemeinde Steyr zu wohltätigen Zwecken nach freiem Ermessen zu verwenden. 4) 100.000 K (Hunderttausend Kronen) für Armenhaus¬ zwecke in „Aichet“ 5) 100.000 K (Hunderttausend Kronen); die Zinsen sind an Frl. Fanny Konwallin, meiner langjährigen Erzieherin, von der Stadtgemeinde zeitlebens auszubezahlen. Nach dem Tode des Frl. Fanny Konwallin fällt der gesamte Betrag der Gemeinde zur freien Verfügung zu. — L. Werndl m. p. 6) 16.000 K (Sechzehntausend Kronen); die Zinsen sind von der Gemeinde an Rosa Ruetzinger, langjährige Haushälterin, zeitlebens auszubezahlen. Nach dem Tode der Rosa Ruetzinger fällt genannter Betrag der Gemeinde zur freien Verfügung zu. 8) 6000 K (Sechstausend Kronen); die Zinsen der Stadt¬ gemeinde zur Instandhaltung und alljährlichen Dekoration meiner Familiengruft zu den Sterbetagen meiner Eltern.

2 17) Mein Anwesen, Garstenerstraße Nr. 5 und 7, vermache ich der Stadtgemeinde und hat mein ehemaliger Vormund noch ein Jahr die Benützung der Wohnung samt Garten. (Das ge¬ samte Mobilar und Inventar gehört nach Punkt 9 des Testa Herrn Hanns Millner.) nentes Sämtliche Legate sind gemäß Testament ohne Erbsteuer¬ auszubezahlen. abzu dieses Testament zeigt von einer Liebe zur Vaterstadt wie sie beispiellos dasteht. Herr Leopold Werndl hat in allen die Stadt anbelangenden Zweigen Gutes gestiftet und zwar in einer Weise, die es der Stadt und dem Gemeinderate ermög licht, ohne Einschränkung nach bestem Wissen und Gewissen darüber verfügen zu können. Der Name Leopold Werndl wird in Hinkunft als der eines größten Wohltäters der Stadt genannt sein. Die Stadt Steyr wird ihm stets ein hochehrendes Andenken bewahren. Wir be¬ dauern tief, daß dieser edle Mann in so jungen Jahren sein Leben lassen mußte. Die Herren haben sich zum Zeichen der Trauer und des Dankes von den Sitzen erhoben; ich werde Sorge tragen, daß diese Kundgebung dem Protokolle einverleibt werde Herr Vizebürgermeister Gründler hat zu dieser Kund¬ gebung des Gemeinderates einen Dringlichkeitsantrag einge¬ bracht den ich hiemit anschließend zur Kenntnis und zur Be¬ ratungbringe Dringlichkeitsantrag. Unser allverehrter hochherziger Mitbürger und Sohn un¬ erer Stadt, Herr Leopold Werndl, k. u. k. Leutnant im In¬ fanterie=Regiment Nr. 85, mußte leider allzufrüh sein junges hoffnungsvolles Leben auf dem Schlachtfelde dem Vaterlande zum Opfer bringen Der Wohltätigkeitssinn des gefallenen Helden, der sich ja bereits zu seinen Lebzeiten bei den verschiedensten Anlässen be¬ vährt hat, ist aber ganz besonders in seinem letzten Willen zum Ausdrucke gekommen In treuer Anhänglichkeit und Liebe zu seiner Vaterstadt hat er diese zum Erben eines namhaften Vermögens für humanitäre und wohltätige Zwecke eingesetzt und ihr außerdem noch seinen herrlichen, wertvollen Realbesitz als Eigentum zuge¬ sprochen In aufrichtiger Verehrung und inniger Dankbarkeit ge¬ denkt die Bevölkerung unserer Stadt des teueren Toten, der sich durch seinen Edelsinn und seine Menschenfreundlichkeit ein dauerndes Andenken in den Herzen seiner Mitbürger gesichert hat Der Name dieses hochherzigen wackeren Mannes soll für alle Zeiten der Mitwelt erhalten bleiben, auf daß auch künftige Generationen in Dankbarkeit und Verehrung dieses großen Wohltäters gedenken Ich erlaube mir daher den Antrag zu stellen, die Garstener¬ traßezu Ehren dieses edlen getreuen Sohnes unserer Stadt nach ihm „Leopold Werndl=Straße“ zu benennen. Steyr, am 20. März 1918. F. Gründler, Vizebürgermeister. Der Dringlichkeitsantrag trägt eine große Zahl von Unter¬ schriften, ist daher genügend unterstützt. Ich bitte Herrn Vizebürgermeister Gründler zur Dring¬ lichkeit des Antrages das Wort zu nehmen. Herr Vizebürgermeister Gründler: Zur Begründung der Dringlichkeit will ich nur kurz sagen, daß die heute erfolgte offizielle Mitteilung der so hochherzigen Vermächtnisse des Herrn Leopold Werndl an die Stadt die Stellung des vorgedachten Dringlichkeitsantrages am passendsten erscheinen läßt, womit uch die Dringlichkeit des Antrages gegeben ist. Die Dringlichkeit des Antrages wird vom Gemeinderate einstimmig angenommen zum Antrage selbst führt Herr Vizebürgermeister Ferd. Gründler aus Neine sehr geehrten Herren! derr Leopold Werndl ist wohl einer der größten Wohl täter der Stadt. Es ist ein Gebot der Pflicht und der Dank barkeit, das Andenken an diesen hochedlen Mann dauernd zu ichern und seinen Namen für alle Zeiten der Mitwelt zu er haltenWas Herr Leopold Werndl für seine Vaterstadt, für das Wohl seiner Mitbürger und für das Wohl der leidenden Mensch¬ heit getan hat, haben Sie aus dem Berichte des Herrn Bürger¬ meisters über das Testament gehört. Die Stadt Steyr schulde diesem edlen Manne großen Dank und glaube ich keinen besseren Ausdruck unserer innigen Verehrung und großen Dankbarkei nden zu können, als den Antrag zu stellen, die Straße, in welcher das Geburtshaus Leopold Werndls steht und in welchem er seine Kinder= und Jugendjahre verlebt hat, nach ihm zu be¬ iennen. Der Name „Leopold Werndl=Straße“ soll der heutigen Generation und den künftigen Geschlechtern künden, daß hier ein Mann geboren wurde und gelebt hat, der seine Vaterstadt treu geliebt, ein Menschenfreund, dem das Wohl seiner Mit bürger stets am Herzen lag, ein edler Sohn unserer Stadt, der bis zu seinem Lebensende dieser in treuer Anhänglichkeit und Liebe zugetan war hre dem Andenken des gefallenen Helden, Ehre dem An¬ denken dieses guten edlen Sohnes unserer Stadt Ich bitte um einstimmige Annahme meines Dringlichkeits antrages Herr Vorsitzender: Wünscht einer der Herren zum Antrage das Wort? Es ist nicht der Fall. ch bitte somit die Herren, welche für die Annahme des Dringlichkeitsantrages sind, sich von den Sitzen zu erheben Der Dringlichkeitsantrag erscheint einstimmig angenommen. Herr Bürgermeister: Ein weiterer Trauerfall hat vor kurzem unsere Stadt bewegt. Herr Baron von Buddenbrock, Vizepräsident der Oesterr. Waffenfabriks=Gesellschaft, ist gestorben err Baron von Buddenbrock kam in den 70er=Jahren nach Steyr und ist ihm unsere Stadt zur zweiten Heimat geworden. diesem Gefühle hat er in seinem Testamente Ausdruck gegeben ndem er für die Armen der Stadt einen Betrag von 1000 K hinter lassen hat. Ich gedenke auch dieses Mannes in dankbarer Erinnerung; wir werden auch ihm ein dankbares Andenken be¬ vahren. Ich bitte, sich zum Zeichen der Trauer und des Dankes von den Sitzen zu erheben. (Geschieht.) Sodann führt Herr Bürgermeister aus Wie schon seit langer Zeit bekannt, hat die Stadtgemeinde das Bestreben, den an das Krankenhaus unmittelbar anschließen¬ den und zum Krankenhause gehörenden Teil, die sogen. Leiten und das Gebiet um das Wasserreservoir, welche Gebietsteile im Gebiete der Gemeinde Sierning sich befinden, in das Stadt¬ ebiet einzubeziehen, da es sehr unangenehm ist, wenn Teile ines einheitlichen Betriebes in einer anderen Gemeinde liegen und durch den Stadtbesitz eine Gemeinde= und in diesem Falle auch Bezirksgrenze geht, so daß dieser außer der Stadtgrenze lie gende Besitz nicht der stadtsanitätspolizeilichen Verwaltung, sondern er der Bezirkshauptmannschaft Steyr=Land untersteht. Besonders drückend ist die Sache geworden, als man den Beschluß faßte, die Leiten zu Spazierwegen für rekonvaleszente Patienten aus¬ zugestalten und damit auch diesen Teil dem Krankenhausbetriebe nmittelbar anzuschließen. Es sind nun mit der Gemeinde Sierning Verhandlungen gepflogen worden und hat schon am 5. Juli 1917 eine kommissionelle Begehung des zur Einver¬ leibung in das Stadtgebiet beantragten Gebietsteiles der Ge¬ meinde Sierning stattgefunden, an welcher sich sowohl Vertreter der Stadtgemeinde Steyr, wie auch Vertreter der Gemeinde Sierning unter Führung des Herrn Bürgermeisters Bauernebl beteiligten und welch' letztere sich dahin aussprachen, das An suchen der Stadtgemeinde Steyr im Gemeindeausschusse Sierning efürworten zu wollen, da dieser Gebietsteil für die Gemeinde Sierning eine kaum nennenswerte Steuer abwerfe und außer dem der Entgang an solcher der Gemeinde Sierning durch die Stadtgemeinde Steyr vergütet würde. Nachdem trotz mehrfacher Betreibungen keine Entschließung der Gemeinde Sierning er¬ lgte, habe ich mich mit Schreiben vom 8. März l. J. neuer¬ lich an die Gemeinde Sierning um Bekanntgabe ihrer Ent¬ chließung gewendet, worauf folgendes Schreiben einlangte Gemeinde=Amt Sierning Zl. 1915 am 14. März 1918. An die Gemeinde=Vorstehung Steyr In Erledigung der dortamtlichen Zuschrift vom 8. Juni 1917, Z. 25.548, beehre ich mich höflichst mitzuteilen, daß der Gemeinde=Ausschuß Sierning in seiner Sitzung vom 11. März 1918 einstimmig beschlossen hat, auf das dortamtliche mit ein gangserwähnter Zuschrift gestelltes Ansuchen auf Abtrennung eines Gebietsteiles der Gemeinde Sierning und Einverleibung in das Gebiet der l. f. Stadt Steyr nicht eingehen zu können Der Gemeinde=Vorsteher: 79638 L. S. Bauernebl m p. Ich muß offen sagen, daß ich es unverständlich finde, daf der Gemeinde=Ausschuß nun plötzlich diesen abweislichen Beschluß aßte, nachdem die Gemeinde Sierning durch die Abtrennung gar keinen Verlust gehabt hätte, für das Krankenhaus es aber aus den vorangeführten Gründen sehr lästig ist, wenn die Ge¬ neindegrenze mitten durch den Parkbesitz desselben geht. Ich verde nochmals versuchen, mit der Gemeinde=Vorstehung Sier¬ ning ein Einvernehmen zu erzielen; auf die Dauer wird dieser Zustand unhaltbar und wird es auch der Bezirkshauptmannschaft nicht angenehm sein, wenn die Grenze ihres Gebietes durch einen Besitz der Stadt geht Herr G.=R. Kirchberger ersucht, das Kommissions¬ protokoll vom 5. Juli 1917 zur Verlesung zu bringen, worin ich die Vertreter der Gemeinde Sierning, wenn seitens des errn Landeshauptmannes keine Einwendung dagegen erhoben wird, zustimmend zur Abtrennung äußerten. Es möge in dieser Angelegenheit weiter verhandelt werden. Es könnte der Fall intreten, daß einem Patienten des Krankenhauses in dem zum bemeinde Sierning gehörigen Parkteil plötzlich ein Unfall zu ößt, so daß in diesem Falle die behördliche Kommission der Bezirkshauptmannschaft in dem der Stadt Steyr gehörigen Krankenhause amtshandeln würde. Es liegt also die Einver¬ leibung nicht nur im sanitätspolizeilichen, sondern auch im öffentlichen Interesse. Es möge daher mit Zuhilfenahme der Statthalterei auf die Gemeinde Sierning ein Druck ausgeübt werden; die Gemeinde Sierning wird keinen Schaden erleiden, da ihr ja alle Einnahmenentgänge ersetzt werden. Herr G.=R. Prof. Erb bemerkt hiezu, das Gebietsabtren¬ nungen einer Gemeinde gar nicht der Zustimmung einer anderen Gemeinde bedürfen; wenn die Statthalterei und der Landes¬ ausschuß einig sind, steht der Abtrennung nichts im Wege. Ich würde mich auch gar nicht mehr an die Gemeinde Sierning wenden, sondern direkt an den Landesausschuß.

err Bürgermeister entgegnet, daß dem allerdings die Erklärung des Herrn Landeshauptmannes gegenüberstehe, nach velcher nur im Einvernehmen der Gemeinden, welche durch die beantragte Gebietsabtretung betroffen werden, der Landesaus schuß einer Gebietsabtretung zustimmen kann. Ich werde des¬ halb mit dem Herrn Landeshauptmann Rücksprache pflegen. Herr Bürgermeister erstattet nunmehr folgenden Bericht: Ich gestatte mir zu berichten, daß ich Seiner Exzellenz den Herrn Landeshauptmann anläßlich seiner Ernennung zum wirklichen Geheimen Rote die Glückwünsche der Stadt Steyr entbot und sofort hierauf den Dank drahtlich erhielt Die Fleischversorgung hat in der letzten Zeit mancherlei Schwierigkeiten begegnet, und mußten deshalb die bezüglichen Vorschriften wegen Verteilung des Fleisches an Wirte und Pri ale wieder streng gehandhabt werden Die Versorgung lediglich aus dem Bezirke Steyr Land vird auf die Dauer unhaltbar werden, da dieser Bezirk, der schon so stark hergenommen ist, nicht mehr im Stande sein wird unseren Fleischbedarf zu decken, soll nicht durch Schlagen von Milchkühen die Milchversorgung unserer Stadt auf das schwerste gefährdet werden. Ich werde mich deshalb bemühen, die neuerliche Zuweisung des Bezirkes Kirchdorf, der ja schon früher Vieh nach Steyr lieferte, zu erreichen. Gleich anschließend an meinen Bericht über die Fleisch¬ versorgung möchte ich den Amtsbericht des Herrn Stadttierarztes zur Kenntnis bringen: Dieser lautet Amtsbericht über den Stand der Fleischversorgung der Stadt Steyr. Steyr, am 22. März 1918. In Stadt Steyr ist mit dem heutigen Stand an zu ver¬ pflegender Bevölkerung in Bezug auf Fleisch für 28.440 Per¬ onen, abzüglich 800 Kinder unter einem Jahre somit für 27.640 Personen vorzusorgen. Das ergibt bei einem Durchschnitts¬ 10 dkg=Konsum per Tag einen Fleischbedarf von 13.820 kg per Woche zu 5 Fleischtagen, beziehungsweise in Lebendgewicht ausgedrückt 30.680·4 kg Lebendgewicht. Da für diese Versor¬ gungswoche infolge Auflassung eines fleischlosen Tages für sechs Tage vorzusorgen ist, sind 36.816 kg erforderlich Die Anlieferungsziffer betrug bis 21. März 1918 30.045 kg, Nachtragslieferungen bis zum 22. März 1918 34.606 kg. durch Falls auf die Wursterzeugung nicht ganz verzichtet werden soll, sind 39.000 kg Lebendgewicht erforderlich. Es muß daher eit den letzten Wochen ein Ausfall von 5000 bis 6000 Kilo estgestellt werden, bei einem gleichzeitigen Tiefstand der Mehl¬ ilchversorgung. und 2 Ursachen dieses Zustandes sind in erster Linie in der Er¬ schöpfung des Viehstandes in dem zur Versorgung der Stadt zugewiesenen Bezirke Steyr=Land, wo der Viehstand von 19.751 Kühen auf 14.699, von 3979 Kalbinnen auf 2389, von 3633 Ochsen auf 3032, von 1289 Stiere auf 301 Stück gesunken ist, in einem Zeitraume vom Oktober 1916 bis zum heutigen Tage. Ganz besonders aber muß auch festgestellt werden, daß seitens der Stadtgemeinde=Vorstehung sowie seitens der k. k. Be¬ zirkshauptmannschaft nichts unterlassen wurde, bei der k. k. Statt¬ halterei in Linz auf diese Verhältnisse aufmerksam zu machen, erners, daß entgegen dem gegebenen Versprechen, aus dem Be¬ zirke Steyr=Land zu anderen Versorgungszwecken als für den Eigenbedarf von Steyr=Stadt und Land kein Vieh abzuziehen, dennoch größere Mengen nach der Viehsammelstelle Urfahr ab¬ geliefert werden mußten. Die Stadtgemeinde=Vorstehung hatte in Voraussicht der kommenden Verhältnisse zur Zeit eines höheren Angebotes an Schlachtvieh auf dieses zu gunsten der gleichmäßigen nach den nun bestehenden Einführungen genau kontrollierten Versorgung verzichtet, um sich dadurch eine lebende Schlachtviehreserve zu schaffen, entgegen viel unrationellerer und kostspieliger Konser¬ vierungsverfahren. Als jedoch seitens der k. k. o.=ö. Statthalterei zuf Grund der allmonatlichen Ausweise festgestellt wurde, daß die vorgeschriebene Stückzahl nicht zum Verbrauche kommt, wurde, wie erwähnt, das Vieh nach Linz abgezogen und damit die ge¬ troffene Vorsichtsnahme der Stadt Steyr ausgeschaltet Ein weiterer Grund für den rapiden Verbrauch und Ver¬ fall des Viehstandes ist auch die Anlieferung nach Stückzahl und nicht nach Gewicht, was eine Schädigung sowohl für den Kon¬ umenten in Bezug auf Qualilät, als auch eine solche für den Piehhälter bedeutet. So zum Beispiel liefert eine Gemeinde zehn Stück Jungvieh mit einem Gesamtlebendgewicht von nicht ganz 2000 kg, um ihrem Auftrage nachzukommen, während sie mit ein paar Ochsen von je 850 kg und einer Kuh von 500 kg der Pflicht gegenüber den Konsumenten besser entsprochen hätte zur Behebung des gegenwärtigen Zustandes erscheint die Herabsetzung der Fleischquote nach der Fleischkarte auf 12 dkg oro Kopf und Fleischlag unbedingt geboten und erscheint für diese Verbrauchsmenge der Zuschub gesichert. Zur Sicherung iner dauernden Versorgung der Stadt Steyr müssen folgende Forderungen genauest eingehalten werden: Die Reservierung des Bezirkes Steyr=Land ausschließ 1. lich für die Versorgung des Bezirkes selbst und der Stadt Steyr. 2. Ergänzungszuschübe aus and ren Bezirken zur Wurst erzeugung 3. Die vorläufige Herabsetzung der Fleischquote auf 12 dkg für Haushaltungen und 15 dkg für Gastwirtschaften, was einem Durchschnittskonsum von 9 dkg ent prechen wird und 4. die Anlieferungsorganisation eingestellt auf Gewichts¬ ablieferungsaufträge an die einzelnen Gemeinden, wodurch bei leichzeitiger Qualitätsverbesserung eine Schonung der Vieh¬ bestände im Interesse der Milch= und Buttererzeugung möglich ist, andererseits eine Anregung zur Produktion von Fleisch ge¬ geben wird. Alfred Schopper Amtstierarzt der Stadt Steyr Ich muß leider mitteilen, daß auf Grund der Beratungen über diese Frage im städtischen Wirtschaftsrate und auf Grund dieses Amtsberichtes die Fleischquote entsprechend gekürzt werden muß; es ist dies umso peinlicher, als gerade die Österfeiertage or der Tür stehen, an welchen Tagen seitens der Bevölkerung eine vollkommene Ausnützung der zugestandenen Fleischquote zu erwarten steht. Wir werden aber trachten, hoffentlich doch wieder auf 15 dkg pro Kopf und Fleischtag hinaufzukommen. Herr G.=R Prof Erb ersucht, die Debatte über diesen Amtsbericht auf die Tagesordnung zu setzen und erwidert Herr Bürgermeister, daß er eben vorschlagen wollte, diesen Punkt der Beratung nach Beendigung der Tagesordnung vorzubehalten. Wird zur Kenntnis genommen. Ferner gestatte ich mir mitzuteilen: Unsere Kartoffel haben gut überwintert und konnte nun¬ mehr an diejenigen Personen, die Karloffel von den städtischen Ausgabestellen beziehen, die letzte Rate mit 20 kg per Person ausgegeben werden, mit welcher Menge das Auslangen bis zur nächsten Ernte gefunden werden muß Ausländische Eierteigwaren wurden als Zubuße mit ½ kg für die Person ausgegeben In der Milchversorgung waren in letzter Zeit viele Klagen über Sauerwerden von Milch zu verzeichnen. Dieser unangenehme mstand trat lediglich bei der aus Frankenmarkt angelieferten Nilch zu Tage, da dort dermalen noch keine Einrichtungen für asteurisierung bestehen. Viel Schuld trägt hieran auch die äußerst langsame Beförderung mit der Bahn, die es mit sich brachte, daß Milchsendungen, die zeitlich früh einlangen sollten, rst spät abends ankamen. Laut Mitteilung der aus dieser Gegend Milch liefernden Firma Wild in Neumarkt—Kalham, soll jedoch auch in Franken markt eine Pasteurisierungsanlage errichtet werden, so daß das Sauerwerden der Milch in Hinkunft wohl zu den Seltenheiten gehören dürfte. Da in erster Linie unbedingt zu trachten ist, daß kleine kinder nur süße Milch erhalten, habe ich im Einverständnisse tit dem städtischen Wirtschaftsrate verfügt, daß die von den städtischen Ausgabestellen Milch beziehenden Parteien Legitima¬ tionen erhalten, aus denen die Menge der auf Kinder bis zu wei Jahren entfallenden Milch ersichtlich ist. Die Milchabgabe¬ stellen haben strenge Weisung. für diese Kinder unbedingt nur ollwertige gute Milch zu verabfolgen In letzter Zeit waren — scheinbar von Prag ausgehend Gerüchte über eine neuerliche Herabsetzung der Mehl= und Zuckerquote verbreitet, die lebhafte Beunruhigung in der Bevöl¬ terung erregten. Ich habe mich diesbezüglich erkundigt, und kann auf Grund der erhaltenen Auskünfte mitteilen, daß solche Kürzungen nicht zu befürchten sind. Die städtische Kehrrichtabfuhr, die sich in der inneren Stadt bereits recht gut eingeführt hat, wurde auf Ennsdorf ausge¬ ehnt. Ende der Woche wird sie in der Vorstadt Ort durchge¬ ührt und hierauf auch in Steyrdorf eingerichtet werden Der Ennskai, der früher allgemein trotz erlassener Verbote zur Kehrrichtablagerung benützt wurde und daher ein unsauberes örendes Bild bot, wurde gereinigt und ist seitdem mit Aus¬ nahme eines Falles, der die gebührende Strafe erhielt, keine kehrrichtablagerung dort vorgekommen Ueber Beschluß der Bausektion soll dort der Versuch ge¬ macht werden, unter Wahrung des Floßländerechtes und der Zufahrtsmöglichkeit zu den Häusern Bäume zu pflanzen und war sollen vorläufig 3 bis 4 Probebäume gesetzt werden, um zu erfohren, ob eine alleegemäße Bepflanzung trotz der mehr¬ mals im Jahre auftretenden Hochwässer möglich ist. Im Falle des Gelingens würde dadurch eine bedeutende Verschönerung des heute vollständig kahlen Ennskai's erreicht verdet Die Wassermessungen für die geplante allgemeine Wasser¬ leitung wurden eifrigst fortgesetzt und soll in nächster Zeit unser Sachverständiger Herr Bauinspektor Schneider hieherkommen die Ergebnisse dieser Untersuchungen fachmännisch beurteilen ind Die Telephon=Hausvermittlungsstelle im Rathause hat ihren Betrieb begonnen. Es ist somit jetzt möglich, daß sowohl alle Kanzleien des Rathauses untereinander sprechen können, als auch von sämtlichen auswärtigen Telephonstellen mit jedem einzelnen Referate unmittelbar verkehrt werden kann, was gewiß im In¬ eresse der raschen Abwicklung der Stadtamisgeschäfte liegt Die Stadtbuchhaltung hat einen längeren Bericht über¬ reicht, worin sie sagt, daß eine Fertigstellung des Jahresberichtes für das Jahr 1917 bis 31. März 1918 nicht möglich sein kann Ich teile diesen Bericht der II. Sektion zu. Ferner liegt folgender Dringlichkeitsantrag des Herrn G.=R. Prof. Erb vor: Dringlichkeitsantrag Wie verlautet, besteht die Absicht, in der der Stadtgemeinde Steyr gehörigen Kopalkaserne eine Heilstätte für tuberkulöse 3

4 Krieger zu errichten. So außerordentlich wichtig und von höchster Bedeutung derartige Heilstätten sind, so muß dennoch getrachtet werden, deren Errichtung in Gegenden zu verlegen, die die Ge¬ für Heilung oder doch Besserung der Kranken bieten. währ Die Stadt Steyr mit ihrer Umgebung gehört gewiß nicht zu jenen Gegenden, die für Lungenkranke Heilung oder Linde rung versprechen. Steyr eignet sich weder klimatisch für eine Lungenheilstätte, noch weniger aber dadurch, daß sie eine Fabriks¬ tadt geworden ist. Dazu reichen bis Steyr die Donau= und Ennsnebel und gerade die Schlüsselhofgründe, auf denen die Jägerkaserne errichtet wurde, sind der nebeligste Teil der Stadt. Man sollte meinen, daß Lungenheilstätten vor allem draußen, in staubfreien, von größeren Wäldern umgebenen, onnigen Höhenlagen errichtet werden, die möglichst geschützt vor rauhen Nord= und Ostwinden gegen Süden gelagert sind. Die Jägerkaserne ist dem direkten Nord= und Ostwinde ausgesetzt, ist der tiefste Punkt der Stadt Steyr und eignet sich deshalb in keinerlei Weise für eine Lungenheilstätte Der Transport der Tuberkulosen in die Jägerkaserne muß durch die ganze Stadt erfolgen und bedeutet somit auch eine große Gefahr für die Bewohner unserer Stadt und insbesondere auch der Arbeiterschaft der Waffenfabrik. Befremdend muß noch insbesondere die Tatsache wirken, daß die Errichtung dieser Tuberkulosenheilstätte ohne jedes Be fragen und ohne jede Mitteilung gegenüber der Stadtgemeinde¬ Vorstehung und des Gemeinderates der Stadt Steyr erfolgt ist. Man sollte ferner meinen, daß in einer derart wichtigen ie sanitären Verhältnisse der Stadt Steyr betreffenden Frage nicht nur das Physikat der Stadt Steyr zur Beratung heran jezogen, sondern auch die maßgebenden Vertretungen der Stadt nicht rücksichtslos übergangen werden dürfen Steyr Die Angelegenheit hat deshalb unter der Bevölkerung der Stadt große Besorgnis und eine tiefe Mißstimmung auch über die Art und Weise, wie dabei vorgegangen wurde, hervorgerufen Die Unterzeichneten beantragen daher: der Herr Bürger¬ meister werde dringendst ersucht und aufgefordert, bei den maß ebenden Stellen in Anbetracht der gegen die Errichtung der Lungenheilstätte in der Jägerkaserne geäußerten außerordentlich begründeten Bedenken vorstellig zu werden und dahin zu wirken, daß die Lungenheilstätte nicht in Stadt Steyr, sondern dort er richtet werde, wo sie hinpaßt, an einen sonnigen, staubfreien, windstillen Höhenplatz draußen am Lande Steyr, am 22. März 1918 Leopold Erb m. p. Franz Schwertfelner m. p Heinrich Bachmayr m. p Karl Wöhrer m. p. Franz Kattner m. p. erd. Gründler m. p. Dr. Karl Harant m. p. Viktor Ortler m. P. August Mitter m. p Franz Tribrunner m. p. Leopold Haller m. p. Ing. Josef Huber m. Franz Kirchberger m. p. p der Antrag ist mit einer großen Zahl von Unterschriften unterstützt. Ich bitte Herrn G.=R. Prof. Erb zur Dringlichkeit des Antrages das Wort zu ergreifen Herr G.=R. Prof. Erb: Die Dringlichkeit des Antrages ergibt sich von selbst, da bereits ein Teil von lungentuberkulösen Kriegern in Steyr eingetroffen und in der Kopalkaserne unter¬ gebracht ist. Die Dringlichkeit des Antrages wird vom Gemeinderate einstimmig angenommen. Zum Antrage selbst führt Herr G.=R. Prof. Erb aus: Die wichtigsten Umstände, die gegen die Errichtung einer Tuber kulosenheilstätte in der der Stadtgemeinde Steyr gehörigen Kopalkaserne sprechen, sind im Antrage selbst schon niedergelegt und sind die Bevölkerung sowie die Aerzte darüber einig, das eine Tuberkuloseheilstätte nicht in eine Fabriksstadt gehört; solch Heilstätten gehören in sonnige Höhenlagen, in die reine Luft, n die Nähe eines Waldes, wo auch eine bessere Verpflegung für die Kranken gesichert werden kann. Das sonderbarste aber ist, daß sich die verschiedenen Militärbehörden und damit verbunden indere Kreise um die Meinung der Stadtvertretung einfach gan nicht kümmern und die Gemeinde=Vorstehung, den Gemeinderat sowie das Physikat unserer Stadt einfach übergehen, unbekümmert, ob die Stadt hiedurch einen Schaden erleidet. Gegen dieses Vorgehen muß sich der Gemeinderat energisch wenden; es be¬ deutet eine Zurücksetzung und Kränkung, wenn man mit der Ge¬ meinde=Vorstehung und dem Gemeinderate so herumspringt. Dies muß hier öffentlich zum Ausdrucke gebracht werden und insbe¬ sondere gegen Personen ausgesprochen werden, die sich ohne jede Berechtigung immer wieder in die Rechte der Stadt einmischen Ich ersuche daher um Annahme des Dringlichkeitsantrages. Herr Bürgermeister leitet die Abstimmung ein und der Dringlichkeitsantrag einstimmig zum Beschlusse erhoben wird Herr Bürgermeister geht nunmehr zur Tagesordnung über. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Karl Harant jun Dr. 1. Personalansuchen Wird der vertraulichen Sitzung vorbehalten. 2. Beschlußfassungen über die Satzungen der städt. Arbeitsvermittlungsstelle Hiezu berichtet der Herr Vorsitzende, daß bereits die Drucklegung der beratenen Satzungen, die von der I. Sektion beschlossen wurden, im Gange war. Plötzlich ist nun von der Regierung eine Pflichtsatzung herabgelangt, nach welcher der Gemeinde jeglicher Einfluß auf diese Arbeitsvermittlungsstelle entzogen würde. Nachdem aber die Stadtgemeinde zumindestens die Hälfte der Kosten zu tragen haben wird, habe ich das An innen der Regierung für ungerechtfertigt befunden und veran laßt, daß eine Besprechung zwischen den leitenden Beamten der Städte Linz, Steyr, Wels und Ried bei der Statthalterei statt¬ inde, in welcher sich auch die Statthalterei geneigt zeigte, darau einzugehen, daß der Stadtgemeinde ein Einfluß auf die Arbeits¬ vermittlungsstelle gewahrt bleibe. Es werden aber noch einige Verhandlungen notwendig sein und wird nach Beendigung der¬ selben dieser Punkt neuerlich dem Gemeinderate vorgelegt werden Für heute setze ich die Beratung hierüber von der Tages¬ ordnung ab. Wird zur Kenntnis genommen. 3. Aenderungsanträge für die Hausordnung für das Allgem. Krankenhaus Herr Bürgermeister: Auf die Anregung des Herrn G.=R. Wokral wurden diese Anträge auf die heutige Tages¬ ordnung gesetzt. Nachdem jedoch die von Herrn G.=R. Wokral versprochenen schriftlichen Anträge von demselben noch nicht ein¬ gebracht wurden und Herr G.=R. Wokral selbst heute beruflich verhindert ist, an der Sitzung teilzunehmen, setze ich auch diesen Punkt von der Tagesordnung ab. Wird zur Kenntnis genommen 4. Beschlußfassung wegen Weitereinhebung der be¬ tehenden Mautgebühr am Gehstege bei der Eisenbahn¬ brücke nächst Garsten Herr Referent G.=R. Dr. Harant bringt nachstehenden Amtsbericht zur Kenntnis: Mit Beschluß des o.=ö. Landtages vom 26. Februar 1914 wurde den Gemeinden Steyr, Garsten und St. Ulrich die Be¬ billigung zur Weitereinhebung der bestehenden Mautgebühr am ehstege bei der Eisenbahnbrücke nächst Garsten auf 5 Jahre as ist bis 31. Dezember, 1918 erteilt. Das Amt stellt mit Rücksicht auf den bevorstehenden Ablauf dieser Bewilligung an den löblichen Gemeinderat das Ansuchen, um Beschlußfassung ob beim o.=ö. Landtage in Gemeinschaft mit den beteiligten Ge¬ meinden Garsten und St. Ulrich um die Genehmigung der Fort¬ einhebung dieser Mautgebühren eingeschritten werden soll Steyr, am 28. Februar 1918 500 Der Stadtamtsrat: Dr. Habl m. p. Die Sektion stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe, es sei beim o.=ö. Landesaus¬ chusse im Einvernehmen mit den Gemeinden Garsten und Sankt Ulrich um Weitereinhebung der gegenständlichen Brückenmaut inzuschreiten.“ Der Sektionsantrag wird einstimmig angenommen. Z. 7609. 5. Feststellung eines neuen Theatervertrages. Herr Referent G.=R. Dr. Harant: Die I. Sektion wurde mit der Ausarbeitung eines neuen Theatervertrages beauftragt, welcher dem Gemeinderate zur Beschlußfassung vorzulegen ist. Ein solcher Entwurf, welcher nach Beratung die Genehmigung der 1. Sektion gefunden hat, liegt Ihnen heute im Abzuge vor und ist derselbe im allgemeinen den bestehenden Verträgen anderer größerer Theater gleichgehalten und trägt auch den modernen Anforderungen für die Führung eines Theaters voll¬ ommen Rechnung 3244 J% Die Sektion stellt den Antrag: „Der Gemeinderat geruhe den vorliegenden Theatervertrag zu genehmigen. Derselbe lautet Vertrag ibgeschlossen zwischen der Stadtgemeinde Steyr einerseits und Herrn Josef Sergl, Opernsänger in Zuaim, andererseits I. Gegenstände der Pachtung Die Stadtgemeinde Steyr überläßt auf Grund des Be¬ chlusses des Gemeinderates der l. f. Stadt Steyr vom 25. Jänner 918 Herrn Josef Sergl das Stadttheater Steyr samt allem zubehör zur Veranstaltung von Theatervorstellungen für die eit vom 1. Oktober 1918 bis Palmsonntag 1919. Desgleichen überläßt die Stadtgemeinde die ihr gehörigen Dokorations- und Einrichtungsgegenstände dem Unternehmer während der Ver¬ ragsdauer zur Benützung. Die Stadtgemeinde behält sich das Recht vor, im Vorhause des Theatergebäudes zwei Zuckerbäcker¬ tände zur Aufstellung bringen zu lassen II. Uebergabe. Die Uebergabe der von der Stadtgemeinde beigestellten Dekorationen, Bühnen= und sonstigen Gebrauchsgegenstände hat mindestens 14 Tage vor Beginn der Spielzeit auf Grundlage des Sachbestandsverzeichnisses zu erfolgen Hierüber ist gleichzeitig ein genaues, jede Post des Sach¬ bestandsverzeichnisses enthaltendes Uebergabsprotokoll anzufertigen, as von der Bausektion und dem Unternehmer eigenhändig zu interfertigen ist und im Besitze der Stadtgemeinde zu ver bleiben hat.

Dem Unternehmer ist über sein Verlangen und auf seine Kosten eine beglaubigte Abschrift zu erteilen. In dem Uebergabsprotokolle ist bei jeder Post der Wert es Gegenstandes nach dem Anschaffungspreise und falls der Gegenstand sich in einem beschädigten Zustande befinden sollte, dieser genau anzugeben Insoweit der Unternehmer den Wert oder die Beschaffen¬ heit der einzelnen Gegenstände nicht ausdrücklich bemängelt hat at der angesetzte Wert als von dem Unternehmer anerkann ind der Zustand des betreffenden Gegenstandes als vollkommen gut und unbeschädigt, bezw. mit der im Protokolle enthaltenen Schadensbeschreibung genau übereinstimmend zu gelten. Das Gebäude, sämtliche Einrichtungsstücke und Bühnen¬ gebrauchsgegenstände, soweit letztere von der Stadtgemeinde bei¬ gestellt wurden, sind durch die Bausektion alljährlich nach Schluß der Spielzeit und vor Beginn derselben zu untersuchen (Absatz IV) Hiebei hat diese Kommission unter Zuhilfenahme der Sachbestands¬ verzeichnisse die allfälligen Beschädigungen und Abgänge zu er heben, die dann nach Maßgabe des Absatzes I bis IV zu be¬ handeln sind. III. Benützung der Pachtgegenstände. der Unternehmer ist nicht berechtigt, Gegenstände des Sachbestandsverzeichnisses anders als zur Aufführung am Stey¬ rer Stadttheater zu verwenden oder verwenden zu lassen. V. Rückübergabe der Pachtgegenstände Der Unternehmer ist verpflichtet, bei Endigung dieses Vertrages, sei es zufolge Ablaufes der bedungenen Dauer, sei es zufolge einer Auflösung sämtliche ihm laut Sachbestandsver zeichnis übergebenen Gebrauchsgegenstände und Vorrichtungen in vollkommen tauglichen, unbeschädigten und gründlich gereinigtem Zustande zurückzustellen und der Unternehmer hat nur jene Ab¬ nützungen nicht zu verantworten, die sich aus dem ordentlichen Gebrauche ergeben. Ergeben sich bei der Uebernahme Verschlechterungen der Gegenstände, die sich auf den ordnungsmäßigen Gebrauch nicht zurückführen lassen, so ist der Unternehmer verpflichtet, den Wertunterschied zwischen dem in den Sachbestandsverzeichnisse ausgedrückten und dem bei der Zurückstellung sich ergebenden Werte des betreffenden Gegenstandes unter Berücksichtigung einer ntsprechenden Amortisationsquote in Barem zu ersetzen. Fehlen einzelne Gegenstände, so ist der Unternehmer verpflichtet, den in dem Sachbestandsverzeichnisse angesetzten Wert der fehlenden Gegenstände unter Berücksichtigung einer ent¬ sprechenden Amortisationsquote an die Stadtgemeinde in Barem zu ersetzen. Für alle diese, dem Unternehmer obliegenden Ersatzver¬ bindlichkeiten haftet der von ihm erlegte Sicherstellungbetrag. Bei der Rückübergabe darf der Schätzwert einzelner Stücke nicht höher angenommen werden, als er in dem Sachbestands¬ verzeichnisse bestimmt worden ist. Auch kann der Unternehmer ür etwaige Verbesserungen einzelner Gegenstände eine Ver¬ jütung nicht beanspruchen. 2. Spielbehelfe des Unternehmers Die seitens der Stadtgemeinde nicht beigestellten, jedoch für die Aufführungen erforderlichen Dekorationen, Bühnenanzüge Bücher und sonstigen Gebrauchsgegenstände hat der Unternehmer auf eigene Kosten beizustellen; er hat durch geeignete An= und Nachschaffungen zu erzielen, daß bei jeder Aufführung nur eit= und milieugerechte Dekorationen und Kostüme in Ver¬ wendung kommen 3. Spielzeit. Wohltätigkeitsvorstellungen. Die Spielzeit beginnt in der Zeit zwischen dem 1. und 10. Oktober 1918 und endet am Palmsonntag 1919. Der Stadtgemeinde steht die Verfügung über das Theatergebäude amt Zubehör und sämtlichen den Gegenstand des Pachtes bil denden, im Absatze 1 näher bezeichneten Gegenständen allmonat¬ lichen einem von ihr zu bestimmenden Tage zur Gestattung von Dilettantenaufführungen frei 4. Zahl und Dauer der Vorstellungen. Der Unternehmer hat monatlich mindestens 10 Theater vorstellungen zu veranstalten Die Theatervorstellungen beginnen regelmäßig um 7½ Uhr abends. Einer Ausnahme hievon muß erst die Stadtgemeinde Vorstehung zustimmen. Zur Veranstaltung von Nachmittagsvor tellungen hat die Direktion die Genehmigung der Stadtgemeinde Vorstehung einzuholen und die für dieselben festgesetzten Bedin¬ jungen genau zu beachten. Jedenfalls muß zwischen einer Nach¬ mittags= und Abendvorstellung des gleichen Tages ein Zeitraum on zwei Stunden liegen, der insbesondere auch für die Lüftung der Theaterraume zu verwenden ist Der Zeitpunkt des voraussichtlichen Endes der Theater vorstellung ist auf den Theaterzetteln bekanntzugeben 5. Konzession. Persönliche Leitung. Auswär¬ tige Vorstellungen Der Unternehmer ist verpflichtet, die Konzession zur Ver¬ anstaltung von Theatervorstellungen im Stattheater in Steyr für eine Person zu erwerben, seinen Wohnsitz in Steyr zu nehmen ind das Theater in künstlerischer sowie in technischer und ad¬ ministrativer Beziehung persönlich zu leiten. In Krankheits= und onstigem dringenden Verhinderungsfalle ist mit Zustimmung der Stadtgemeindevorstehung ein von derselben zu genehmigen¬ der Stellvertreter von dem Unternehmer zu bestellen. Es ist dem Unternehmer während der Spielzeit nicht ge¬ tattet, außerhalb Steyr ohne Bewilligung der Stadtgemeinde¬ Vorstehung Vorstellungen zu veranstalten. Ebenso hat der Unter¬ lehmer dafür Sorge zu tragen, daß solche auswärtige Vorstel¬ lungen auch seitens der Mitglieder ohne Bewilligung der Stadt¬ gemeinde=Vorstehung während der Spielzeit nicht veranstaltet werden. In gleicher Weise ist es dem Unternehmer untersagt, ohne Zustimmung der Stadtgemeinde=Vorstehung während der Spiel¬ zeit ein anderes derartiges Unternehmen gleichzeitig zu leiten. . der Vorstellungen. Erwerbung der Ort Aufführungsrechte. Personal Bei der Führung des Unternehmens muß darauf gesehen werden, daß die Darstellungen in einer würdigen, berechtigten Anforderungen entsprechenden Weise stattfinden. Der Stadt¬ emeinde steht das Recht zu, die Aufführung von Stücken, welche ie für die hiesigen Verhältnisse als nicht passend erklärt, nach reiem Ermessen zu untersagen, ohne daß dem Unternehmer ieserwegen ein Ersatzanspruch zusteht. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Spielplan der Stadt gemeinde=Vorstehung an jedem Freitage für die darauffolgende Woche in zwei Stücken vorzulegen und möglichst einzuhalten. Er hat in den Spielplan in entsprechender Abwechslung Trauer¬ Schau= und Lustspiele, Possen, Operetten und nach Möglichkeit Opern aufzunehmen und Neuheiten in guter Auswahl und mit geeigneten Darstellern ausreichend besetzt, vorzuführen Das Aufführungsrecht neuer Theaterstücke, welche der Un¬ ernehmer im Steyrer Stadttheater zur Aufführung bringt, muß von dem Unternehmer für das Steyrer Stadttheater er¬ worben werden. Eine Entschädigung hiefür anzusprechen ist der Unternehmer nicht berechtigt. Die Erwerbung des Aufführungs¬ rechtes neuer Stücke für die Stadtgemeinde Steyr bezw. das Steyrer Stadttheater hat der Unternehmer von Fall zu Fall er Stadtgemeinde=Vorstehung nachzuweisen. Die diesbezüglichen Verträge sind nach Ablauf oder Auflösung des gegenwärtigen Vertrages der Stadtgemeinde ins Eigentum unentgeltlich zu übergeber Der Unternehmer ist nicht berechtigt, das Theater ohn besondere Genehmigung der Stadtgemeinde zu Darstellungen, ie außer dem Bereiche der Schauspielkunst, der Musik und des Ballets liegen, zu verwenden, doch ist ihm die Abhaltung von wissenschaftlichen oder künstlerischen Vorträgen gestattet. Der Unternehmer verpflichtet sich, nur deutsches Personal u beschäftigen. Ausnahmen hievon sind lediglich mit Zustim¬ mung der Stadtgemeinde=Vorstehung gestattet. Auch das tech nische Personal und die Billeteure hat der Unternehmer zu be¬ stellen und zu bezahlen Der Unternehmer ist verpflichtet, auf seine Kosten ganz¬ jährig einen Theatermeister zu bestellen, der auch außerhalb der Spielzeit das Theater in Ordnung zu halten und welcher den Aufträgen des Unternehmers und der Bausektion nachzukommen hat; für die Folgen von Handlungen oder Unterlassungen desselben ist der Unternehmer gegenüber der Stadtgemeinde haftbar. 7. Eintrittspreise, Zahl der Plätze, vorbe haltene Plätze Die Bestimmung der Eintrittspreise, und zwar sowohl die der Preise für die einzelnen Plätze, als auch für die Stammsitze obliegt dem Unternehmer. Für das Stehpaterre dürfen nicht mehr als 170 Karten ür die Galerie nicht mehr als 120 Plätze für die einzelne Vorstellung ausgegeben werden. Ausgenommen bei Kindervorstellungen dürfen Kinder, und ausgenommen bei Kinder= und volkstümlichen Vorstellungen ürfen jugendliche Personen bis zum vollendeten 16. Lebens¬ ahre nur in Begleitung ihrer Eltern zu dem Besuche der Theatervorstellungen zugelassen werden. Die Stadtgemeinde behält sich die Mittelloge 5 als Re¬ präsentanzloge für Festvorstellungen und ferner vier Inspektions¬ itze und zwar zwei im Paterre und zwei in der Fremden¬ oge vor. Erhaltung des Gebäudes samt Zubehör. 8. Die Stadtgemeinde übernimmt die Erhaltung des Theater¬ gebäudes, sowie alle baulichen Ausbesserungen, soweit hiezu der Bestandgeber eines Gebäudes nach den Bestimmungen des allg. bgl. Gesetzbuches verpflichtet ist, und verpflichtet sich, derlei Ar¬ eiten auf eine den Betrieb möglichst wenig behindernde Weise ausführen zu lassen. der Unternehmer ist zur sorgfältigsten Behandlung der Objekte verpflichtet und hat alle übrigen Reparaturen am Ge¬ bäude und Arbeiten der vorgedachten Art auf seine Kosten durch ie Stadtgemeinde besorgen zu lassen, wenn der zu behebende Schaden durch sein oder seiner Angestellten vertretbares Ver schulden verursacht worden sein sollte. Reparaturen an den Beheizungs= und Beleuchtungsan¬ lagen sowie Nachschaffungen an Beleuchtungsgegenständen (Glüh lampen, Sicherungsstöpsel, Kohlenstifte usw.) samt allem Zube¬ hör hat der Unternehmer auf eigene Kosten beizustellen. 9. Instandhaltung der Gebrauchsgegen stände. der Unternehmer ist verpflichtet, alle Sorgfalt auf die Erhaltung der ihm überlassenen, sowie der später hiezu ge¬ ommenen Dekorationen, Möbel, Teppiche, Vorhänge, Maschinen¬ inrichtungen, Geräte usw. während der Dauer dieses Vertrages 5

6 zu verwenden, also die Sachen vor anderer als durch den ordentlichen Gebrauch verursachter Wertminderung zu schützen Sollten durch ein vertretbares Verschulden des Unter¬ nehmers oder seiner Angestellten einzelne Sachbestandsstücke be¬ chädigt oder gänzlich untauglich gemacht werden, so ist er ver¬ pflichtet, sofort die Ausbesserung des beschädigten Stückes auf seine Kosten zu veranlassen, bezw. für das untauglich geworden Stück ein neues, dem untauglich gewordenen völlig gleiches oder gleichwertiges anzuschaffen, was insbesonders im Falle des Ab satzes I—11I zu gelten hat Die Mitglieder der Bausektion und die beauftragten An¬ gestellten der Stadtgemeinde sind, nach vorgängiger Benachrich¬ igung des Unternehmers und zu einer Zeit, wo es ohne Stö rung der Vorstellung oder der Probe geschehen kann, berechtigt eine Besichtigung der Sachbestandstücke in Gegenwart des Un¬ ternehmers oder seines verantwortlichen Vertreters vorzunehmen. 10. Beobachtung der auf den Betrieb, insbe¬ sondere auf die Feuersicherheit bezughaben¬ den gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Anordnungen Das Rauchen ist in sämtlichen Räumen des Theaters strengstens untersagt und ist die Theaterinstruktion vom 17. Fe¬ bruar 1882, Zl. 2478, strengstens seitens des Unternehmers und unter dessen Haftung seitens seines Personales zu befolgen der Zutritt zur Bühne, zum Bühnenraum' und zu den Garderoben, während gespielt wird, ist niemanden als dem Un¬ ternehmer, den dort beschäftigten Personen, dem Arzte, dem Inspektionsbeamten, der Sicherheitswache und den zum Dienste im Theater bestimmten Feuerwehrmännern gestattet 11. Feuerversicherung. Kosten des Feuerwehr¬ und Sicherheitsdienstes. Die Kosten der Feuerversicherung des Theaters und des ür die Aufbewahrung der Dekorationen verwendeten Gebäudes erner der der Stadtgemeinde gehörigen für den Theaterbetrieb zur Verfügung gestellten Gegenstände übernimmt die Stadt¬ gemeinde. Die Vergütung an die Feuerwehr und an die städt. Sicherheitswache im jeweils vom Gemeinderate festgesetzten Be¬ trage hat für jede Vorstellung der Unternehmer zu tragen. 12. Heizung, Beleuchtung, Wasserverbrauch und Reinigung Der Unternehmer hat für die Heizung, Beleuchtung, ein chließlich Notbeleuchtung und für die Reinigung sämtlicher Räume des Theatergebäudes und Zugänge zu denselben au seine Kosten Sorge zu tragen Als Beitrag zum Betriebe des Theaters erhält der Un¬ ternehmer seitens der Stadtgemeinde eine monatliche, im Nach¬ hinein fällige Subvention von 400 K (vierhundert Kronen) für jedes abgespielte Monat 13. Einstellung des Betriebes infolge unab¬ wendbarer Ereignisse Der Unternehmer hat keinen Anspruch auf eine Entschäl digung, wenn die Abhaltung von Theatervorstellungen au allerhöchsten Befehl, aus anderen wichtigen Gründen, z. B wegen Landestrauer, Epidemien u. dgl. untersagt wird, oder wenn aus einer was immer für Ursache die unaufschiebbare Notwendigkeit einer baulichen Aenderung, Ausbesserung oder Wiederinstandfetzung am Theatergebäude oder an einzelnen Bestandteilen desselben sich ergibt, wodurch das Theater der Benützung ganz oder teilweise entzogen wird Im Falle einer aus einem solchen Anlasse länger als ein Monat dauernden Unterbrechung der Theatervorstellungen steht dem Unternehmer das Recht zu, den Vertrag ohne Kündigung sofort zu lösen, wenn die Unterbrechung nicht auf sein oder seiner Angestellten vertretbares Verschulden zurückzuführen ist Wenn das Theater ganz oder teilweise durch einen Brand zerstört werden sollte, ist die Stadtgemeinde zu keiner Ent¬ chädigung an dem Unternehmer verpflichtet In einem solchen Falle ist, wenn das Theater von dem Unternehmer nicht mehr benützt werden könnte, der letztere berechtigt, den gegenwärtigen Vertrag sogleich als aufgelöst zu erklären. 14. Sicherstellung Als Sicherstellungsbetrag für die Einhaltung aller Ver¬ tragsbedingnisse hat der Unternehmer der Stadtkassa bei Unter sertigung dieses Vertrages einen Betrag von 2000 K (zwei¬ tausend Kronen) in Barem, in Sparkassabücheln oder in börsen mäßigen zum Tageskurse des Erlages zu verrechnenden mün delsicheren oder in anderen von der Gemeinde annehmbar be¬ undenen Papieren zu erlegen und bei einer aus welchem Grunde immer eintretenden Verminderung auf dieser Höhe zu erhalten Der Sicherstellungsbetrag gilt als Faustpfand für alle Forderungen, welche die Stadtgemeinde gegen den Unternehmer, sei es wegen Unterlassungen in Erfüllung seiner Vertragsver¬ indlichkeiten, sei es wegen einer schuldbaren Beschädigung des städt. Theatergebäudes oder der dem Unternehmer überlassener Sachbestandstücke zu stellen hat. Die Uebergabe des Theaters hat erst nach Erlag des Sicherstellungsbetrages zu erfolgen Die von der Sicherstellung jeweils fällig werdenden Zins¬ scheine oder Zinsen oder Dividenden werden an den Unter¬ nehmer ausgefolgt. Bei Beendigung oder nach Auflösung des Vertrages ist der Sicherstellungsbetrag dem Unternehmer sofort zurückzustellen, soweit auf dieser Sicherstellung keine Forde¬ rungen der Stadtgemeinde aus diesem Vertrage haften. 15. Vertragsstrafen Wenn der Unternehmer, ungeachtet vorausgegangener wiederholter schriftlicher Verwahrung die von ihm eingegangenen bliegenheiten nicht erfüllt, und den ihm auf Grund des Ver¬ rages erteilten Weisungen nicht nachkommt, steht es der Stadt¬ emeinde=Vorstehung (sofern die Stadtgemeinde nicht von den Bestimmungen des Absatzes 17 Gebrauch macht) frei, dem Un¬ ternehmer eine Vertragsstrafe bis zur Höhe von 1000 K auf¬ zuerlegen. 16. Auflösung des Vertrages. Wenn die Theatervorstellungen durch grobes Verschulden des Unternehmers ohne vorher eingeholte Bewilligung der Stadtgemeinde bis längstens den 10. Oktober der Spielzeit licht aufgenommen werden oder unterbleiben oder die Bestim¬ mungen der Absätze 5 und 6 bezüglich der persönlichen Leitung des Theaters ungeachtet wiederholter Abmahnungen der Stadt¬ gemeinde=Vorstehung übertreten werden, endlich, wenn mit Außerachtlassung der Vorschrift des Absatzes 6 auch nur einmal ohne Zustimmung der Stadtgemeinde=Vorstehung eine Vor¬ stellung in einer anderen als der deutschen Sprache veranstalte vürde, ist der Gemeinderat berechtigt, den Vertrag sogleich als aufgehoben und alle dem Unternehmer eingeräumten Rechte ohin als erloschen zu erklären. Dies gilt auch für die Fälle, wenn er unter Kuratel gesetzt oder über sein Vermögen der konkurs eröffnet wurde, oder wenn infolge von Pfändungen auf die ihm gehörigen, für den Theaterbetrieb notwendigen Gegenstände oder die Theatereinnahmen die Gefahr einer Stö¬ rung der Vorstellungen eintreten oder wenn ihm die Konzession rechtskräftig entzogen werden sollte und endlich, wenn der Un¬ ernehmer, sei es durch unzweckmäßige Auswahl der Vor tellungen das Mißvergnügen der Besucher anhaltend erregt, oder den Weisungen der Stadtgemeinde=Vorstehung, welche in Uebereinstimmung mit den ihr in diesem Vertrage eingeräumten Rechten ergehen, anhaltend nicht Folge leistet und in dem einen wie in dem anderen Falle trotz vorausgegangener schrift licher Verwarnung der Stadtgemeinde=Vorstehung eine Aende¬ ung dieser Verhältnisse herbeizuführen unterläßt In allen diesen Fällen steht es dem Gemeinderate frei wegen Fortführung des Theaters bis zum Ende der Pachtzeit der bis zum Eintritte eines neuen Unternehmers eine vor¬ läufige, den aufrechten Betrieb des Theaters sichernde Verfü¬ gung zu treffen, für die diesfälligen, durch die Theatereinnahmen nicht zu deckenden Kosten den Sicherstellungsbetrag des Unter lehmers in Anspruch zu nehmen und die vorhandenen, sowie auch die dem Unternehmer gehörigen Theaterbedarfsgegen¬ stände zur Fortsetzung der Vorstellungen bis zum Ende der achtzeit oder bis zum Eintritte eines neuen Unternehmers zu benützen die Art der Fortführung des Theaterbetriebes wird le¬ diglich dem Ermessen des Gemeinderates überlassen. Seinem Belieben ist es auch anheimgestellt, ob er von dem Rechte der Fortsetzung des Betriebes auf Gefahr und Kosten des Unter¬ ehmers Gebrauch machen will oder nicht. Der Unternehmer leibt für alle Ersatzansprüche der Stadtgemeinde, welche sich entweder aus der Fortführung der Unternehmung oder aus der lotwendig gewordenen Bestellung eines neuen Direktors er¬ geben, haftbar. Der gegenwärtige Vertrag gilt blos für die Person des Internehmers. Sollte er während der Dauer des Vertrages terben, so sind seine Erben verpflichtet, die Theaterunter¬ ehmung noch bis Ende des Vertrages fortzuführen, dergestalt, daß dieselben einen tüchtigen mit der Leitung eines Thea¬ ters vollkommen vertrauten Mann als Leiter der Unterneh¬ mung auf ihre eigenen Kosten anzustellen haben. Hiebei behält ich die Stadtgemeinde das Recht zur Bestätigung dieses Bühnen¬ leiters vor 17. Steuern und Gebühren. Der Unternehmer hat die Erwerbssteuer und Einkommen¬ teuer, wie auch die Landes=, städtifchen und sonstigen Umlagen und Abgaben aus eigenem zu bestreiten, dagegen keinerle Steuer oder Umlagen, welche mit Bezug auf Grund und Bo¬ den oder Gebäude zu zahlen sind. Letztere sind von der Stadt¬ gemeinde zu tragen. Von dem Unternehmer werden die Kosten der Ausferti¬ jung und Vergebührung dieses Vertrages und der beglaubigten lbschrift getragen. 18. Gerichtsstand. Ausfertigung des Ver¬ trages. Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrage sind bei dem k. k. Bezirksgerichte in Steyr anhängig zu machen Von diesem Vertrage, auf dessen Anfechtung wegen Ver etzung über die Hälfte beide Teile verzichten, wird nur ein Stück ausgefertigt, daß bei der Stadtgemeinde aufbewahrt wird. Dem Unternehmer wird eine beglaubigte Abschrift aus¬ ausgefertigt. Der Entwurf des neuen Theatervertrages wird vom Ge¬ meinderate einstimmig genehmigt.

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