Ratsprotokoll vom 2. April 1917

2 ätige Wirkung hievon wenig zu spüren, da sich anderseits wieder die Fälle mehren, in welchen Landwirte die Lieferung von Mild an einzelne Kunden einstellen, was natürlich die städtische Milch¬ versorgung wieder mehr belastet. Recht unerfreulich waren die Verhältnisse in der Fleisch versorgung. War die angelieferte Menge schon zur Zeit der drei fleischlosen Tage sehr knapp, was hauptsächlich auf die niemals vollständige Erfüllung der für Steyr zugewiesenen Rinder= und Kälberanzahl zurückzuführen ist, so war sie nach Aufhebung des dritten fleischlosen Tages ganz ungenügend. Die Statthalterei hatte diesem Umstande durch Mehrbewilligung von 80 Rindern in der Woche Rechnung getragen. Steyr hatte aber bisher nichts davon, da von einer erhöhten Lieferung kein Rede war; im Gegenteile die Lieferungen auf Grund der alten Vorschrift nicht einmal ganz ausgeführt wurden. Ich habe mich im Vereine mit dem Approvisionierungsausschuß energisch geger ine solche mangelhafte Ausführung der Lieferungen verwahrt und hoffe, daß nunmehr bald Ordnung in die Fleischzufuhren kommen wird. Im Einvernehmen mit dem Approvisionierungsausschuß habe ich, da dem Verbrauche der Gastwirte seitens der Bevölkerung viel Schuld gegeben wird, Erhebungen über die urch diese verbrauchte Fleischmenge angestellt und beabsichtige durch freiwillige Rayonierung und durch Einführung von Bezugscheinen den Fleischbezug der Gasthäuser zu regeln. Diese Maßnahmen sollen keine Spitze gegen das Gast¬ jewerbe enthalten, das infolge der vielen Menschen, die dort hre Verpflegung suchen müssen — nach den aufliegenden Listen verköstigen sich in hiesigen Gastwirtschaften bei 4500 Personen — eine besondere Wichtigkeit besitzt, sondern sollen dazu dienen, der Behörde jederzeit ein Bild über den Verbrauch dieses Gewerbes zu geben und eine gleichmäßige Verteilung zu bewirken Sehr drückend wirkte auf die Bevölkerung die Einschrän¬ kung des Verschleißmehles, da hiedurch die ohnehin nicht reichliche Zuweisung noch wesentlich vermindert wurde. was viel Unzufriedenheit auslöste, da der Umstand, daß die durch die Waffenfabrik versorgten Haushalte nicht verkürzt wurden, vielfach als Ungerechtigkeit empfunden wurde. Da die Kürzung insbe ondere von den Schwerarbeitern bitter empfunden wurde, trachtete ich deren Lage durch Vorsprachen bei der vorgesetzten Behörde zu verbessern, allerdings mit wenig Erfolg. Immerhin konnte ich aber, allerdings fast nur unter eigener Verantwortung, diese Woche den Schwerarbeitern mehr Mehl zuweisen, was auch besonders im Interesse unserer Mittelindustrie gelegen erscheint. Auf die Anlieferung einer größeren Menge von Kar¬ toffeln kann leider in nächster Zeit kaum gerechnet werden, da in Polen, woher sie kommen sollen, nach Auskünften, die ich in Linz erhielt, ein Witterungsrückschlag bis zu 25° unter Null rfolgte, was jede Anlieferung unmöglich macht Infolge der wieder erneut einsetzenden Kälte schien auch die Anlieferung von Wrucken nicht ratsam und sind daher die estellten sechs Waggon noch immer nicht eingetroffen Dagegen ist das Dörrgemüse angekommen und fand in der Bevölkerung gute Aufnahme. Es wird in vier Sorten in Paketen abgegeben. kg. Bei dieser Gelegenheit freut es mich, der Leitung des Mädchen=Lyzeums für die Beistellung von Schülerinnen, ie das Einpacken besorgten, und diesen freiwilligen Arbeits¬ kräften für ihre fleißige Tätigkeit den besten Dank aussprechen zu können Auch die Leitung der Oberrealschule hat anläßlich des letzten großen Schneefalles in bereitwilligster Weise Arbeits¬ gruppen zur Straßensäuberung beigestellt. Ihr und den frei¬ willigen Arbeitskräften sei hiemit der beste Dank gesagt. Von verschiedenen Vorsprachen und Dienstreisen st zu berichten, daß ich anfangs März mit Herrn Reichsrats¬ abgeordneten Erb und Herrn Direktor Neef f des Gaswerkes in Wien war, um der aus Kohlenmangel drohenden Betriebs¬ einstellung des Gaswerkes vorzubeugen. Wir begaben uns zunächst zu Generaldirektor=Stellvertreter Dr. Pollak der Waffenfabriks¬ gesellschoft, dem wir die Sachlage schilderten und gingen sodann nit ihm zum Direktor Fanta der Berg- und Hüttenwerksgesell¬ chaft, mit dem wir die zu unternehmenden Schritte eingehen besprachen. Sodann sprachen wir bei der Kohlenkommission des Arbeitenministeriums vor, um dem Herrn Sektionschef von homann und hierauf den Herrn Oberbergrat Wenger unser An¬ liegen vorzutragen und ihnen rascheste Abhilfe dringend nahe¬ zulegen. Wir erhielten auch im Allgemeinen beruhigende Ver¬ icherungen. Auch in der Zentraleinkaufsgesellschaft sprachen wir wegen Gemüseanlieferung vor. Das Ergebnis dieser Vorsprachen var die schon vorerwähnte Anlieferung des Dörrgemüses und ie wider alles Erwarten erfolgte Einteilung des Gaswerkes in die erste Gruppe der mit Kohle zu versehenden Betriebe auf vier Wochen Mittlerweile war die neue niederösterreichische Milchver¬ ordnung erschienen, die die Lieferung von Milch aus den benach¬ arten niederösterreichischen Gemeinden nach Steyr aufs schwerste bedrohte. Ich wendete mich sofort an die Wiener Statthaltere mit einer diesbezüglichen, bereits in den Zeitungen veröffent¬ lichten Eingabe und bat den Vizepräsidenten des Ernährungs ninisteriums, Hofrat Baron Frieß um seine Unterstützung, wie ch mir auch die Hilfe des Ernährungsamtes der Linzer Statt halterei sicherte Um diese Eingaben zu unterstützen und da auch einige Enthebungsangelegenheiten, die sich nicht mehr gut schriftlich rledigen ließen, vorlagen, auch die Kohlenanlieferung für das Gaswerk trotz aller Zusicherungen sehr unbefriedigend blieb, fuhr ich am 29. wieder mit Abgeordneten Erb nach Wien Der Besuch im Ministerium für Landesverteidigung, wo wir bei Oberleutnant Dübel, sowie beim ersten Referenten, Oberst Hofer vorsprachen, bewirkte, daß den Eingegebenen vorläufig Ein rückungsaufschübe erteilt und eine nochmalige genaue Prüfung der Angelegenheit zugesagt wurde Hierauf begaben wir uns in der Milchangelegenheit zu Hofsekretär Riedl des Ernährungsministeriums und von dor aus zu Herrn von Metaxa der niederösterreichischen Statthalterei. Der Erfolg dieser Vorsprache war ein recht erfreulicher und onnte ich unmittelbar darauf die Stadtgemeinde=Vorstehung rahtlich von der Zusicherung in Konntuts setzen, der Milchbezug us Niederösterreich bleibe bis auf Weiteres wie bisher. Um diese Frage endgiltig zu regeln, werden Verhandlungen zwischen der niederösterreichischen und der oberösterreichischen Statthaltere eingeleitet werden und hosse ich hievon ein günstiges Ergebnis, damit uns diese für den Milchbezug so wichtige Gegend als Versorgungsgebiet erhalten bleibt Bezüglich der Kohlenfrage für das Gaswerk besuchten wir wieder Direktor Fanta und Oberbergrat Wenger. Der Fehler heint bei den Karwiner Larischscheu Werken selbst zu liegen da die Hindernisse seitens der Regierung aus dem Wege geräumt rscheinen. Wir baten daher um energisches Einschreiten gegen das Kohlenwerk. Dieses wurde uns auch zugesichert und uns auch die erfreuliche Mitteilung gemalt, daß die Einreihung des Steyrer Gaswerkes in die erste Gruppe eine Verlängerung bis zum 22. April erfahren habe. Bis dorthin hoffe ich durch kräf¬ tiges Einwirken auf alle Kreise, die in Betracht kommen, die Kohlenlieferung für das Gaswerk gesichert zu haben. des weiteren besuchte ich auch noch die Zentraleinkaufs¬ gesellschaft, um nach dem Verbleibe des bestellten Salzgemüses zu fragen. Ich erhielt die Auskunft, daß dieses bereits abge jangen sei und erwarte nun das baldige Eintreffen dieser für unsere Bevölkerung sehr wichtigen Sendung In Linz sprach ich wiederholt bei der Statthalterei in Ernährungsfragen, insbesonders wegen Butter, Fleisch, Eiern und Mehl vor. Auch führte ich eine Abordnung, bestend aus en Herren Sommerhuber als Vertreter des Gewerbevereines, Huber der Industriellen, Aigner des Gewerbe=Genossenschafts¬ verbandes, Wolfahrtsberger des Handelsgremiums und Kageren er Gastwirte zur Vorsprache bei der Statthalterei in Sachen der Mehleinschränkung und es wurden auch tatsächlich Er eichterungen für die Gastwirte und die Schwerarbeiter erreicht Auch hatte ich Gelegenheit, mit Abgeordneten Erb an einer in der Waffenfabrik abgehaltenen Besprechung über Lebensmittel ragen teil zu nehmen, der unter anderen auch Hofrat Baron Frieß des Ernährungsamtes, Oberkommissär Sochor der Statt¬ halterei und Direktor Weiß der Kriegsgetreide=Verkehrsanstalt anwohnten. Wir hatten als Vertreter der Stadt Steyr wiederholl elegenheit, zu den verschiedenen Fragen Stellung zu nehmen und versuchten insbesondere, der nicht in der Waffenfabrik ver orgten Bevölkerung zu gedenken, da eine Zurücksetzung derselben bitter empfunden werde. Auf Grund von Zusagen, die wir hiebe erhielten, hoffe ich in absehbarer Zeit Wrucken und, was noch verhindern vichtiger erscheint, auch Kartoffel zu erhalten, doch die Frostrückschläge leider noch deren Verfrachtung. Da der Typhus nun fast ganz aufgehört hat, richtete ich Herrn Oberstabsarzt Professor Graßberger das Ersuchen, ab an 1. April Steyr von der militärischen Sperre zu befreien, damit ie auf Österurlaub gehenden Soldaten zu ihren Angehörigen elangen könnten. Nach mittlerweile erhaltenen Auskünften ürfte allen jenen, in deren Wohnhäusern seit drei Wochen kein Typhusfall mehr vorgekommen ist, das Verbringen des Urlaubes in Steyr gestattet werden. Das Gerücht, es käme keine Offiziersschule mehr nach Steyr, hat sich nicht bewahrheitet. Die Schule wird zwar aus Raumrücksichten auf Steyr und Freistadt verteilt, doch sollen hieher Mitte April immerhin wieder 800 Mann kommen. Mit Rücksicht auf diesen Umstand ersuchte ich in einer Eingabe um ieherverlegung der Einjährig=Freiwilligen des 14. Infanterie¬ Regiments, da hiedurch den dort dienenden Steyrern das Hieher¬ kommen ermöglicht und dadurch ihnen und ihren Angehörigen jewiß eine Wohltat erwiesen würde. Dieser Bericht wird zur Kenntnis genommen. Hierauf wird zur Erledigung der Tagesordnung ge¬ chritten. Sektion. Referent: Sektionsobmannstellvertreter Herr B.=R. Leopold Erb 1. Besetzung der Stadtsekretärstelle. 2. Personalansuchen. 3. Ansuchen um Verleihung einer Sekundar¬ arztensstelle im neuen Krankenhause I. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindeverband Die Punkte 1, 2, 3, 4 der Tagesordnung werden in der ertraulichen Sitzung behandelt 5. Ansuchen um Befreiung von der Gemeinde¬ imlage für ein neuerbautes Haus. Der Referent führt aus: „Mit Bewilligungder Stadtgemeinde=Vorstehung vom 12.2““ 916, Z. 12.774, hal Herr Richard Fritsche auf dem Bauplate!?

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