Ratsprotokoll vom 26. Juli 1912

2 5. Rekurs gegen eine Entscheidung des Herrr germeisters Bür Herr Alois Menhardt, Baumeister und Hausbesitzer Direktionsstraße 10, erhielt über seine Eingabe vom 10. Juni l. J. auf Grund der kommissionellen Lokalverhandlung vom 19. Juni d. J. und des hiebei abgegebenen Gutachtens des Stadtbauamtes und des Stadtphysikates folgende Erledigung eitens des Herrn Bürgermeisters: Gemüsebeete im Garten des Gegen die Düngung der „1. Alois Lang ist nichts einzuwenden, weil hiedurch von einer ge undheitsschädlichen Gefährdung der Nachbarschaft nicht die Rede ein kann. Auch eine Beeinflussung des auf Ihrem Grunde be¬ findlichen Ziehbrunnens ist ausgeschlossen, da die Düngemittel erst eine zirka 2 m starke Hummusschichte passieren müßten, ehe sie in das Brunnenwasser gelangen können, daher eine genügende Boden=Filtration vorhanden ist. In hygienischer Beziehung muß aber die Forderung er¬ hoben werden, daß Sie den Brunnenkranz Ihres Brunnens allseits freilegen lassen und über das Terrain erhöhen, damit kein verunreinigtes Wasser von oben eindringen kann 2. Nachdem als Ursache des Wasserzudranges in den Nachbargarten ein Rohrgebrechen festgestellt wurde, wurden die Besitzer dieser Wasserleitung beauftragt, sofort die Reparatum derselben zu veranlassen Herrn Alois Lang wurde der Aafitingg erteilt, die bestehende Pfütze mit Materiale zu verschütten und zu planieren, da die¬ elbe mit Rücksicht auf das ebenda bestehende Rutschterrain nich geduldet werden kann. Gegen diese Entscheidung steht Ihnen der binnen 14 Tagen einzubringende Rekurs an den Gemeinderat der Stadt Steyr offen. Gegen den Punkt 1 dieses Bescheides hat nun Herr Alois Menhardt tatsächlich den Rekurs an den Gemeinderat ergriffen Der Herr Referent bringt denselben zur Verlesung. Ir — dem Rekurse stellt der Rekurrent zum Schlusse folgende Bitte an den Gemeinderat 1. Diese Angelegenheit nochmals durch Sachverständig genau prüfen zu lassen und sohin 2. den angefochtenen Beschluß der Stadtgemeinde=Vor stehung Steyr aufzuheben und im Sinne meiner Eingabe dahin zu entscheiden: 1. daß dem Herrn Alois Lang die Düngung seines Gartens mit Mist und Jauche 2c. aus seiner Senkgrube oder anders woher untersagt und 2. ich entbunden werde, den Brunnenkranz meines Brunnens allseits freilegen zu lassen und über das Terrain zu erhöhen. Außerdem hat der Rekurrent ein Zertifikat der Unter suchungsanstalt für Nahrungs= und Genußmittel in Wien bei¬ geschlossen, nach welchem das Resultat des von dortanstalts untersuchten Wassers aus diesem Brunnen folgendes war: das Wasser ist hart, enthält viel Chloride, Nitrate und gelöste organische Stoffe. Die Gegenwart von salpetriger Säure weist auf eine direkte Infiltration von Verwesungsprodukten hin. Das vorliegende Wasser ist daher infolge seines Gehaltes an den ge nannten Verunreinigungen zum Genusse untauglich Die Sektion stellt daher folgenden Antrag: Durch das nunmehr vorliegende Zertifikat der Unter uchungsanstalt für Nahrungs= und Genußmittel scheint es tat¬ ächlich richtig zu sein, daß das Wasser im Menhardt'schen Brunnen durch eindringende gesundheitsschädliche Substanzen, die ihrer chemischen Zusammensetzung nach auf die Düngemitte des Nachbargartens hinweisen, verunreinigt wird Es kann nicht angenommen werden, daß die Verunreini¬ des Brunnens schon aus früherer Zeit datiert, nachden gung Herr Menhardt behauptet, das Wasser sei vor dem Düngen des Nachbargartens einwandfrei gewesen. Diese Behauptung wird auch noch dadurch erhärtet, daß sich Herr Menhardt dort gewiß kein Haus erbaut hätte, wenn das Brunnenwasser wirklich schon früher schlecht gewesen wäre, was dem Rekurrenten gewiß hätt bekannt sein müssen, nachdem der Brunnen schon nahezu zwanzig Jahre besteht. al Die Abhaltung einer neuerlichen Kommission wird dieser Sachlage nichts mehr ändern Mit Rücksicht auf den vorhin angeführten, gewiß maß gebenden Grund gebe der Gemeinderat dem vorliegenden Re kurse Folge und hebe den Bescheid der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr vom 22. Juni 1912, Z. 15.314, au Herr Vizebürgermeister Fendt erklärt bei dieser Gelegen heit den Verlauf der am 19. Juni l. J. in dieser Sache abge haltenen kommissionellen Besichtigung, worauf über diesen Punkt eine längere Debatte entsteht, an welcher sich die Herren Ge¬ meinderäte Dautlgraber Mitter Aigner der Herr Referent und Herr G.=R. Huber beteiligen, wobei letzterer den Antrag stellt, das Verbot des Düngens nicht auf den ganzen Garten zu erstrecken, sondern für den Brunnen des Herrn Menhardt einen Schutzrayon, welchen die Bausektion zu be stimmen hätte, zu schaffen, welchen Antrag Herr G.=R. Tri¬ brunner unterstützt. Der Herr Vorsitzende schreitet hierauf zur Abstimmung, bei welcher der Sektionsantrag abgelehnt, der Gegenantrag des Herrn G.=R. Huber jedoch mit Majorität angenommen wird Z. 17.917/12. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Franz Kirchberger 6. Kaffajournalsabschluß pro Juni 1912. Die Stadtbuchhaltung berichtet: Differenz 1911 1912 K K K Es betrugen die Einnahmen im Mo 1 86 15.494 32.974 72 nate Juni 17.480 ezu Kassarest von 99 +45.607 98 68.18 97 Vormonat 113.791 Gesamt = Einnahmen 85 30.113 84 6 101.15 im Monate Juni 131.272 Ausgaben im Mo 16 P 5.629 89 73 30.794 nate Juni 36.423 den Kassarest für 59 24.484 11 70.36 80 7 94.84 Monat Juli Seit Jahresbeginn bis Ende Juni betrugen: 35 +34.612 434.469 66 37 469.081 die Gesamteinnahmer 66 20 10.127 364·105 86 374.232 die Gesamtausgaben Wird über Antrag der Sektion zur Kenntnis genommen Z. 18.612s12 7. Antrag des Herrn G.=R. Hofer betr. Verfügungs¬ recht des Herrn Bürgermeisters. Ueber diesen Antrag, welcher in der Sitzung des Ge¬ meinderates am 28. Juni l. J. eingebracht und der 11. Sektion zur Behandlung zugewiesen wurde und den Herr G.=R. Hofer als Antragsteller nochmals begründet und um dessen Annahme bittet, beantragt die Sektion Der Gemeinderat ermächtige den Herrn Bürgermeister Anschaffungen von städtischen Lieferungen bis zum Werte von 400 K machen zu dürfen. Bestellungen im höheren Werte unterliegen wie bisher dem Beschlusse der Sektion bezw. des Gemeinderates Wird einstimmig angenommen. — Z. 17.143/12. 8. Ansuchen des Handelsgremiums der Stadt Steyr um eine Subvention für eine Privat=Handelsschule. Der Herr Referent bringt dieses Ansuchen zur Ver¬ lesung und beantragt namens der Sektion der Gemeinderat beschließe, im Falle der Errichtung und Fortführung einer Privat=Handelsschule durch den Proponenten Herrn Ippen, demselben eine jährliche Subvention von 100 K zu bewilligen. Herr G.=R. Hofer befürwortet dieses Ansuchen, indem er darauf hinweist, daß es im Interesse des Handelsstandes wünschenswert wäre, wenn der bis jetzt bestandene Privat Handelskurs auch in Zukunft fortbestehen würde, nachdem die hiesige Kaufmannschaft dadurch gut ausgebildete Kräfte erhält und auch für den Minderbemittelten Gelegenheit vorhanden wäre, sich eine bessere soziale Stellung zu erringen. Der bis¬ herige Leiter dieses Kurses, der jetzt nach Wien versetzt wurde hat bis jetzt auch in sehr verdienstvoller Weise in der hiesigen kaufmännischen Fortbildungsschule gewirkt und würde es dem Handelsgremium in Steyr sehr schwer fallen, für ihn einen ent¬ sprechenden Ersatz zu finden. Bei Stattgebung des Ansuchen¬ aber würde derselbe in Pension gehen und den Privat=Handels¬ urs in Steyr fortführen. Weiters gibt Redner bekannt, daß der Unterricht in Tageskursen mit einer Anzahl von 20 bis 25 Schülern geplant st, sowie daß der Lehrplan, mit Ausnahme Bürgerkunde, den einer zweiklassigen Handelsschule gleichkomme, obwohl derselb chon in einem Jahre bewältigt werden wird. Später wäre such der Ausbau dieses Privat=Handelskurses in eine öffentliche Handelsschule gedacht, welche Schule für Steyr von größter Be deutung wäre. Er bittet daher die Herren Gemeinderäte, den Ansuchen des Handelsgremiums durch Erfüllung der gestellten Bitte stattgeben zu wollen Herr G.=R. Wokral erklärt, er habe wohl nichts dagegen inzuwenden, wenn der Gemeinderat diesen Privat=Handelskurs durch Bewilligung einer Subvention und Ueberlassung eine¬ Lehrzimmers unterstützt, aber er glaube auch, daß in diesem Falle dem Gemeinderate auch irgend ein Recht auf Einflus nahme auf diese Unterrichtsanstalt eingereiht werden müsse, und zwar meine er in der Weise, daß es über Vorschlag des Ge meinderates auch unbemittelten Schülern und Schülerinnen welche das nötige Schulgeld nur teilweise oder gar nicht be¬ zahlen können, möglich wird, diesen Kurs besuchen zu können. Der Herr Referent erwidert, daß jetzt mit dem Leiter dieses Kurses überhaupt noch keine definitiven Vereinbarungen getroffen werden, sondern daß es sich in diesem Falle lediglich nur um eine Zusicherung an denselben handle Es wird hierauf über den Antrag der Sektion abgestimmt und derselbe einstimmig angenommen Z. 18.447/12. —

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