Ratsprotokoll vom 6. Mai 1910

2 Die Kasse=Instruktion wäre abzuändern, wie folgt: Stellung des Stadtkasseamtes, 2. Absatz, hat zu lauten: Der Hauptkassier und der Kassen=Kontrollor sind für jeden durch Außerachtlassung entstandenen Schaden solidarisch verantwortlich. Der Nachsatz entfällt.) Neu anzufügen: Zur Hauptkasse führt einen Schlüssel der Kassier und einen (die Gegensperre) der Kassen Kontrollor. Diese Schlüssel dürfen niemals verwechselt werden, d. h. der Herr Kassier darf niemals den Schlüssel des Kontrollors und dieser nie den Schlüssel des Kassiers erhalten daher auch bei Substituierungen der Schlüssel des zu substituieren den Beamten dem Substituten einzuhändigen ist. Zur Reserve= oder Depositen=Kasse, in welcher alle Fonds, Depositen und Kautionen aufzubewahren sind, führt nebst dem Hauptkassier und Kassen=Kontrollor einen Schlüssel (den Stecher) der Herr Bürgermeister, resp. dessen zeitlicher Stellvertreter. Alle auf den Nachweis der in der Depositenkasse ver¬ wahrten Effekten bezüglichen wichtigen Schriften sind in der Hauptkasse zu hinterlegen und hat überdies die städt. Buch¬ haltung ein Duplikat dieser Schreibweise zu führen. Wirkungskreis des Stadtkassenamtes ( hat zu lauten: Die Aufbewahrung der Kassenbestände, der Fonde, Depositen und Kautionen und die Selbstskontrierung. a C. Selbstskontrierung. Täglich ist vom Haupt¬ kassier gemeinsam mit dem Kassen=Kontrollor eine Selbstskon¬ trierung der Kassen vorzunehmen. Erkrankung der Oberbeamten hat zu lauten: Sollte einer der beiden Kassen=Oberbeamten durch Krankheit oder wie immer usw. Skontrierung seitens des Amtes hat zu lauten: Skontrierungen seitens des Amtes oder durch die Kassen=Kommissäre. Bei Skontrierungen seitens des Amtes oder durch die Kassen=Kommissäre sind seitens der beiden Kassen¬ Oberbeamten usw. Dieser Antrag wird der 1I. Sektion zugewiesen. Interpellation des Herrn G.=R. Erb und Genossen betreffend die Telephon¬ verhindung Steyr—Weyer—Leoben—Graz—Triest. Dieselbe lautet: Mit Z. 483 vom 7. Februar 1910 wendete sich die Handels= und Gewerbekammer in Linz an die Gemeinde=Vorstehung mit dem Ersuchen, einen Beitrag zur staatlichen Telephonverbindung von Steyr resp. Weyer nach Eisenerz und Leoben eventuell Triest zu leisten und ersuchte bei dieser Gelegenheit, die Gemeinde=Vorstehung möge die Inter¬ essenten von Steyr ebenfalls zur Beitragsleistung auffordern. Mit Z. 4447 von 10. Februar 1910 beantwortete der Herr Bürgermeister der Stadtgemeinde Steyr dieses Ansuchen dahin gehend, daß die Stadtgemeinde nicht in der Lage wäre, für diesen Zweck einen Beitrag zu widmen und sich nicht entschließen könne, an die betreffenden Kreise mit neuerlichen Forderungen heranzutreten. Wir bringen bei dieser Gelegenheit in Er¬ innerung, daß seinerzeit, als die Gemeinde Steyr und die Interessenten zu einer Beitragsleistung für den Telephonbau Weyer—Steer aufgefordert wurden, speziell Herr G.=R. Stigler betonte, daß es wünschenswert wäre, Steyr als einen Knoten punkt für telephonische Verbindungen anszugestalten. Konse quenterweise hätte auch diese Linie für Steyr beträchtliches Interesse und glauben wir, daß eine derartige Angelegenheit nicht selbständig und ohne weiters vom Bürgermeisteramte er¬ ledigt werden darf, ohne vorher den Gemeinderat zu befragen und sich der Mühe zu unterziehen, die Interessenten zu einer diesbezüglichen Beitragsleistung aufzufordern. Zweifellos hätten sich in Steyr mehrere Kreise gesunden, welche dazu einen Bei¬ trag geleistet hätten für eine Telephonverbindung, welche nach heutiger Ansicht obiger Handels= und Gewerbekammer Aussicht hat, kreiert zu werden. Wir bringen überdies bei dieser Ge¬ legenheit in Erinnerung, daß mehrere Interessenten anläßlich der Beitragszeichnung für die Telephonleitung Steyr—Weyer nur unter der Bedingung gezeichnet haben, daß auch die Fort¬ setzung via Leoben—Graz—Triest in Aussicht gestellt wird. Es darf nicht die Vermutung auftauchen, daß die Vertretung der Stadtgemeinde Steyr seinerzeit die Interessenten zur Beitrags¬ leistung nur aus dem Grunde aufgefordert hat, um sich den Vorteil zu erringen, Hochwassergefahr auf diesem Wege der Behörde zur Kenntnis zu bringen. In Erwägung dieser Umstände stellen die Gefertigten folgende Anfrage an den Herrn Bürgermeister: 1. Warum hat der Herr Bürgermeister dem Gemeinderate der Stadt Steyr von dieser erwähnten Zuschrift der Handels¬ und Gewerbekammer nicht Mitteilung gemacht? 2. Warum hat der Herr Bürgermeister keine Interessenten¬ Versammlung bezüglich dieser Telephonangelegenheit einberufen? Der Herr Bürgermeister betont, daß ihm diese Inter¬ pellation erst kurz vor der Sitzung zugekommen sei, jedoch werde er dieselbe sofort beantworten. Bei der seinerzeitigen Verhandlung über die Telephon¬ Verbindung Steyr—Weyer wurde für diese Linie vom Postärar eine bestimmte Quote mit der Zusicherung verlangt, daß für die Strecke Weyer—Leoben die steiermärkischen Interessenten aufzukommen hätten. In dieser Voraussetzung hat die Stadtgemeinde Steyr und die übrigen Interessenten den für die Linie Steyr—Weyer verlangten Betrag gezeichnet. Ich habe mich an diese Ab¬ machung gehalten, daß mit der Aufbringung der Quote für die Telephonlinie Steyr—Weyer auch der Ausbau der Telephon¬ Verbindung bis Graz gesichert sei und glaubte vollständig korrekt zu handeln, daß man für eine Verbindung, die bedingungs¬ mäßig versprochen wurde, nicht abermals einen Beitrag in Aussicht stellt. Hierauf wurden die Ergänzungswahlen für den Approvi¬ sionierungs= Ausschuß und für das Spitalbau=Komitee vorge¬ nommen. Nachdem Herr G.=R. Erb aus dem ersteren auszutreten erklärt, werden für ihn und den ausgeschiedenen Gemeinderat Herrn Ferdinand Handstanger die Herren Gemeinderäte August Mitter und Karl Wöhrer gewählt. Das Spitalbau=Komitee wird in seiner bisherigen Zu¬ sammensetzung, bestehend aus den Mitgliedern der III. Sektion und den Obmännern der übrigen Sektionen wieder gewählt. Mitteilungen Herr Stadtrat Franz Gall gibt bekannt die Zuschrift der Schuhmacher=Genossenschaft in Steyr, worin dieselbe für die Ueberlassung des Zeichensaales im Bürgerschulgebäude für den Fachunterricht der Lehrlinge dankt. Zur Kenntnis. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Hans Millner. 1. Gesuche um Aufnahme in den Gemeindeverband. 2. Bürgerrechts=Verleihung. 3. Personal=Ansuchen. Diese Punkte werden vertraulich behandelt. 4. Beschlußfassung über den Erlaß des oberösterr. Landesausschusses betreffend Abänderung einzelner Vor¬ schriften des Gemeindestatutes der Stadt Steyr be¬ treffend das Gemeindewahlrecht. Petition der christ¬ lichsozialen Arbeiterschaft und des christlichsozialen Vereines in Steyr um Einführung des Proportional¬ wahlrechtes bei den Gemeinderatswahlen und Ab¬ schaffung der Frauenvollmachten. Ueber den vorliegenden Erlaß stellt die Sektion den Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, die I. Sektion habe die im Erlasse des Landesausschusses angeordneten Aende¬ rungen des Gemeindestatutes in Beratung zu ziehen und seiner¬ zeit hierüber Bericht zu erstatten bezw. dermalen die Vertagung dieses Gegenstandes auszusprechen. Wird mit Stimmenmehrheit angenommen. Weiters liegen vor zwei Resolutionen seitens der christlichen Arbeiterschaft und des christlichsozialen Vereines wegen Ab¬ schaffung der Frauenvollmachten und Einführung des Pro¬ portionalwahlrechtes. Die Sektion beantragt, diese beiden Resolutionen der I. Sektion zum Studium und seinerzeitigen Berichterstattung zuzuweisen. Herr G.=R. Nothhaft stellt den Zusatzantrag, daß der I. Sektion hiezu eine Frist von 3 Monaten eingeräumt werde. Herr G=R. Landsiedl betont, daß eine so ein¬ schneidende Aenderung des Gemeindestatutes in drei Monaten nicht durchgeführt werden kann. Es sei insbesonders eine Form der Wahlordnung für die Beamtenschaft zu beraten, es seien die Bestimmungen bei den Stichwahlen reformbedürftig usw. Aus diesen Gründen müsse er sich unbedingt für eine längere Frist aussprechen, womit sich Herr G.=R. Nothhaft einver¬ standen erklärt. Herr G.=R. Dantlgraber beantragt die Verlänge¬ rung auf vier Monate Herr G.=R. Erb erblickt in der Befristung ein Mi߬ trauen gegen die Rechtssektion. Es gehe nicht an, daß man bei einer so außerordentlich wichtigen Beratung der Sektion eine Frist setze. Es seien 98 Paragraphe des Gemeindestatutes und 44 Paragraphe der Wahlordnung zu studieren. Es seien hiezu eine Reihe von Sitzungen notwendig, es müsse sich mit ver¬ schiedenen Städten in Verbindung gesetzt werden, um das Statut und die Wahlordnung modernen Verhältnissen anzupassen. Alle diese Vorarbeiten bedingen einen längeren Zeitraum, der sich nicht genau bestimmen lasse, da die Rechtssektion keine tagende Körperschaft ist. Er bittet zur Rechtssektion Vertrauen zu haben, dieselbe werde leisten was möglich ist und ersucht die Be¬ fristung abzulehnen und den Sektionsantrag anzunehmen. Hierauf wird der Sektionsantrag einstimmig angenommen. Der Antrag des Herrn G.=R. Nothhaft bleibt in der Minorität. In Angelegenheit der Beschwerde der Stadtgemeinde Steyr gegen die Entscheidung des k. k. Ministeriums des Innern be¬ treffend die Sistierung von Gemeinderatsbeschlüssen liegt folgende Aeußerung des Vertreters Herrn Dr. Franz Angermann vor: Nachdem Gefertigter dem löbl. Gemeinderat nicht mehr angehört, legt derselbe die Vertretung der Stadtgemeinde=Vor¬ stehung Steyr in dieser Sache zurück, kündet die Vollmacht in 14 Tagen auf und legt die Akten zurück. Schließlich bemerkt derselbe, daß angesichts des Standes dieser Frage in der Landtagsverhandlung die Zurückziehung der Beschwerde am Platze wäre, umsomehr, als diese Frage ohne¬ dies im Landtage zur definitiven Austragung kommen muß. Den eventuellen Rückziehungs=Antrag ist Gefertigter bereit noch zu unterfertigen, da sonst nur für diesen Akt ein Vertreter bestellt werden müßte.

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