Ratsprotokoll vom 28. Oktober 1904

2 publiziert werden, damit nicht zu gleicher Zeit auch in anderen Städten solche Unternehmungen inszeniert werden. Hierauf wird die Dringlichkeit des vorliegenden Antrages mit großer Majorität angenommen. Der Herr Vorsitzende bringt nun den Antrag selbst zur Abstimmung und wird derselbe einstimmig angenommen. Ueber Ersuchen des Herrn Vorsitzenden um Namhaft¬ machung der zehn Mitglieder in das Spezialkomitee bringt Herr Antragsteller Dr. Angermann die Wahl der Obmänner und Obmänner=Stellvertreter der vier Sektionen und noch zwei Herren aus dem Gemeinderate in Vorschlag. Bei der hierauf vorgenommenen Wahl mittelst Stimm¬ zettel, bei welcher als Skrutatoren die Herren Gemeinderäte Ferdinand Reitter und Josef Tureck fungieren, werden in das Spezialkomitee gewählt: die Obmänner und Obmänner=Stellver¬ treter der vier Sektionen sowie die Herren Gemeinderäte Johann Kollmann und Josef Wolf. Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Franz Angermann. 1. (Vertraulich.) Personalansuchen. Punkt 1 wird vertraulich behandelt. 2. Rekurse gegen Armenrats=Entscheidungen. a) Liegt vor der Rekurs der Eheleute Leopold und Elise Hofer gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 23. September 1904, Z. 20.769, womit denselben der Unter¬ stand im Herrenhause entzogen wurde. Der Herr Referent verliest den Rekurs dieser Eheleute, sowie die Aeußerung des Herrn Armenhausvaters Leopold Köstler, worauf sich die Ausweisung der Eheleute Hofer aus dem Armen¬ hause stützt, und stellt namens der Sektion folgenden Antrag: Nachdem durch die gepflogenen Erhebungen sestgestellt wurde, daß die Verfügung des städtischen Armenrates auf Ent¬ fernung der Eheleute Leopold und Elise Hofer aus dem städti¬ schen Armenhause vollkommen begründet ist, stellt die 1. Sektion den Antrag: Es werde dem Rekurse der Eheleute Leopold und Elise Hofer gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 23. September 1904, Z. 20 769, womit die Entlassung der Re¬ kurrenten aus dem städtischen Armenhause verfügt wurde, aus den Gründen dieser Verfügung keine Folge gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 21.666. b) Liegt vor der Rekurs der Klara Prikril, Inwohnerin in Steyr, gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 22. September 1904, Z. 16.697, womit ihr Ansuchen um Ge¬ währung eines Armengeldes abgewiesen wurde, weil Bittstellerin Söhne hat, die in der Lage sind, sie ausreichend zu unterstützen. Der Herr Referent gibt bekannt, daß die gepflogenen Erhebungen ergaben, daß der Sohn Josef der Rekurrentin einen Wochenverdienst von 27 K hat, daß derselbe mit seiner Mutter im gemeinschaftlichen Haushalte lebt und derselben pro Woche 14 bis 18 K zur Bestreitung der Kost und des Mietzinses gibt und stellt namens der Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse der Klara Prikril gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 22. September 1904, Z. 16.697, womit die¬ selbe mit dem Ansuchen um Gewährung eines Armengeldes ab¬ gegeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 21.956. 3. Statthalterei=Entscheidung über ein Auswei¬ sungs=Erkenntnis. Der Herr Referent verliest folgenden Erlaß der k. k. Statt¬ halterei in Linz. Mit dem Erkenntnisse des Herrn Bürgermeisters vom 20. Oktober 1902, Z. 22.412, wurde der 1842 geborne, nach St. Florian (Berirk Linz) heimatzuständige und in Steyr wohn¬ hafte Maurer Franz Staudinger im Grunde des § 15 des dor¬ tigen Gemeindestatutes aus dem Stadtgebiete von Steyr ausge¬ wiesen, weil er „der öffentlichen Mildtätigkeit zur Last“ falle. Gegen dieses Erkenntnis wurde der binnen 14 Tagen d. a. ein¬ zubringende Rekurs an den Gemeinderat in Steyr offen gelassen. Mit dem Erkenntnisse der Gemeinde=Vorstehung vom 16. Jänner 1903, Z. 4173, wurde der Genannte weiter gemäß 1, lit. a und d, und § 2 des Gesetzes vom 27. Juli 1871 (R.-G.=Bl. Nr. 88) als notorischer Bettler aus Rücksichten für die öffentliche Ordnung für beständig aus dem Stadtgebiete ab¬ geschafft. Hiegegen wurde dem Franz Staudinger der sofort einzubringende Rekurs an die k. k. Statthalterei offen gelassen, welchen jedoch Staudinger nicht einbrachte. Dem Ansuchen des Genannten um die teilweise Aufhebung seiner mit den vorangeführten Erkenntnissen verfügten Auswei¬ fung und Abschaffung wurde mit dem Beschlusse des Gemeinde¬ rates in Steyr vom 6. Mai l. J., Z. 9943, keine Folge ge¬ geben, wogegen derselbe rechtzeitig den Rekurs ergriff. Die k. k. Statthalterei findet aus diesem Anlasse die ob¬ zitierten Erkenntnisse von amtswegen zu beheben, und zwar weil einerseits eine vom Herrn Bürgermeister verfügte Ausweisung als inkompetent erkannt werden muß, nachdem das Ausweisungs¬ recht im Sinne des § 25 des Gemeindestatutes ausdrücklich der nach Belieben der Gemeinden bemessen werden soll, nicht praktisch, Gemeinde eingeräumt ist, deren beschließendes Organ in den An¬ gelegenheiten des eigenen Wirkungskreises nach § 17 des Statutes der Gemeinderat ist, überdies dem Franz Staudinger eine mit der Bestimmung des § 16 des Gemeindestatutes für die Stadt Steyr in Widerspruch stehende Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde, andererseits weil anläßlich der Abschaffung des Franz Staudinger demselben eine unrichtige, mit der ausdrücklichen Bestimmung des § 7, Absatz 2, des Gesetzes vom 27. Juli 1871 (R.=G.=Bl. Nr. 88) in Widerspruch stehende Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde. Die Beilagen des Berichtes vom 5. September l. J., Z. 18.660, folgen im Anschlusse zur Verständigung des Franz Staudinger gegen anher vorzulegenden Zahlungsnachweis mit dem Beifügen zurück, daß gegen die vorstehende Entscheidung, insoferne mit derselben das die Ausweisung des Franz Stau¬ dinger verfügende Erkenntnis des Herrn Bürgermeisters vom 20. Oktober 1902, Z. 22.412, behoben wird, dem Gemeinderate in Steyr der binnen 4 Wochen bei der k. k. Statthalterei ein¬ zubringende Rekurs an das k. k. Ministerium des Innern offen steht. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem tatsächlich in dem Ausweisungsvorgange formelle Gebrechen vorliegen, er¬ scheint eine Rekursergreifung voraussichlich erfolglos und da Franz Staudinger derzeit nicht in Steyr sich aufhält, ist eine neuerliche Ausweisung seitens des Gemeinderates unzulässig. Deshalb stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde gegen diese Entscheidung der k. k. Statthalterei ein Rekurs nicht überreicht und behält sich der Gemeinderat bevor, über die Aus¬ weisung des Franz Staudinger Beschluß zu fassen, sobald der nächste Anlaß hiezu vorliegt. Einstimmig nach Antrag. — Z. 22.007. 4. Statthalterei=Entscheidung über den Rekurs des Herrn Ludwig Hinterschweiger in Wels gegen die Unter¬ sagung des Feilbietens landwirtschaftlicher Maschinen auf dem Steyrer Wochenmarkte. Mit diesem Erlasse findet die k. k. Statthalterei in Linz dem Rekurse des Ludwig Hinterschweiger, Eisengießereibesitzer in Lichtenegg, gegen die Entscheidung der Stadtgemeinde Steyr vom 4. März 1904, Z. 5281, welche sich gegen die Untersagung der Feilbietung landwirtschaftlicher Maschinen seitens auswärtiger Gewerbetreibender auf den Steyrer Wochenmärkten richtet, in¬ soweit es sich um die Frage der Feilbietung der vom Rekur¬ renten auf den Steyrer Wochenmarkt gebrachten Futter= und Rübenschneidmaschinen handelt, Folge zu geben und auszusprechen, daß Futter= und Rübenschneidmaschinen mit Handbetrieb im Sinne der Bestimmungen des § 66 Gewerbe=Ordnung bezw. 5 der Marktordnung der l. f. Kreisstadt Steyr als Gegen¬ stände des Wochenmarktverkehres auch von auswärtigen Gewerben auf dem Steyrer Wochenmarkte feilgeboten werden dürfen, weil solche Futter= und Rübenschneidmaschinen mit Rücksicht auf ihre einfache Konstruktion und leichte Handhabung, sowie in Anbe¬ tracht ihrer ausgedehnten Verwendung auch in den kleinen und kleinsten bäuerlichen Wirtschaftsbetrieben unter dem Begriffe „Wirtschaftsgeräte“ im Sinne des § 66 der Gewerbe=Ordnung zu subsumieren sind. Die Sektion stellt hierüber den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Die Entschei¬ dung der hohen k. k. Statthalterei vom 13. Oktober 1904, Z 19.093, ist dem Beschwerdeführer, der Firma Huber & Comp. samt Genossen, mit dem Bemerken zuzustellen, daß ihnen gegen diese Entscheidung der binnen vier Wochen einzubringende Rekurs an das hohe k. k. Ministerium des Innern offen steht. Eine meritorische Entscheidung hierüber steht dem Gemeinderate nicht gewiesen wurde, aus den Gründen der ersten Instanz keine Folge zu, da diese Angelegenheit als Gewerbesache dem politischen In¬ stanzenzug unterliegt. Herr G.=R. Huber wird sich in dieser Angelegenheit mit den hierortigen Interessenten ins Einvernehmen setzen. Einstimmig nach Antrag. — Z. 22.799. 5. Vorschlag der Stadtgemeinde Wels wegen Er¬ wirkung eines Landesgesetzes für ganz Oberösterreich zur Einhebung einer kommunalen Gebühr von allen Ver¬ lassenschaften. In dieser Eingabe teilt die Stadtgemeinde Wels mit, daß der dortige Gemeinde=Ausschuß in der Sitzung vom 11. Okto¬ ber l. J. beschlossen hat, es sei dahin zu wirken, daß sämtlichen Gemeinden Oberösterreichs durch ein Landesgesetz die Einhebung einer Gebühr von allen Verlassenschaften nach Personen, welche im Gemeindegebiete ihren ordentlichen Wohnsitz hatten oder von olchen Verlassenschaften, welche gemäß § 106 und 107 des Ge¬ setzes vom 1. August 1895, R.=G.=Bl. Nr. 111, mit Rücksicht auf das im Gemeindegebiete vorhandene bewegliche oder unbe¬ wegliche Vermögen bei einem Gericht, in dessen Sprengel die Gemeinde liegt, abgehandelt werden, bewilligt werden soll, und war 1% wo die staatliche Gebühr 1% beträgt, und 2%, wo die letztere 4% und mehr beträgt. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht darauf, daß die Stadtgemeinde Steyr bereits im Jahre 1899 um Bewilligung der Einhebung einer solchen kommunalen Verlaßgebühr eingeschritten ist und dadurch gewiß eine nicht unbedeutende Einnahmsquelle für die städtischen Finanzen erzielt werden könnte, ist es gewiß im Interesse der Stadt Steyr gelegen, sich der Aktion wegen Schaffung eines solchen Landesgesetzes anzuschließen, nur erscheint die vorge¬ schlagene Bestimmung, daß für die Gebühren nur ein Maximum bestimmt werden und innerhalb desselben jedesmal die Gebühr da dies leicht zu willkürlichen Bemessungen führen könnte, es soll vielmehr der Prozentsatz der Gebühr fixiert werden, und zwar konform mit dem Beschlusse des Gemeinderates vom 24. März 1899 derart, daß Verlassenschaften bis 1000 Kronen von der Gebühr überhaupt frei bleiben und von allen Verlassen¬

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