Ratsprotokoll vom 11. Juli 1902

2 Der Herr Vorsitzende verkündet dem wieder eintretenden Herrn Gemeinderat Dr. Angermann das Votum des Gemeinde rates, worauf Herr Dr. Angermann die Versicherung gibt, daß er auch fernerhin seiner Pflicht als Gemeinderat gewissenhaft und pünktlich nachkommen werde Herr G.=R. Dr. Angermann erbittet sich nochmals das Wort und führt aus: Unser sehr verehrter Herr Bürgermeister und Reichsratsabgeordnete Johann Redl, der, wie bekannt, schon nonatelang ans Krankenbett gefesselt ist, feiert am 5. Oktober d. J. sein 70. Geburtsfest. Es ist immer eine schöne Gepflogen heit, wenn Korporationen einen solchen Anlaß dazu benützen, Männern, die aus Uneigennützigkeit und Opferwilligkeit durch eine Reihe von Jahren im öffentlichen Leben tätig sind, durch In besondere Ehrenbezeugung die Anerkennung auszudrücken. solchem Maße, wie unser allverehrter Herr Bürgermeister Red Anerkennung verdient, ist es bei keinem anderen Manne der Fall. Herr Bürgermeister Redl wirkt schon 25 Jahre im Ge meindewesen; er war viele Jahre Obmann der Bausektion, be¬ leidete das Amt eines Vizebürgermeisters und steht schon seit acht Jahren als Bürgermeister von Steyr an der Spitze des Gemeindewesens, und es hat wenige Bürgermeister gegeben, welche mit solchem Pflichteifer, solcher Aufopferung und Uneigennützig keit dieses verantwortliche Amt geleitet haben, wie eben Herr Bürgermeister Redl. Wir bedauern, daß unser Freund und Bürgermeister heute nicht in unserer Mitte sein kann. Wir tun s gewiß im Sinne der ganzen Bevölkerung von Steyr, wenn wir aus vollem Herzen heute aussprechen: Unser verehrter Herr Bürgermeister Redl verdient es voll und ganz, zum Ehrenbürger der Stadt Steyr ernannt zu werden. (Beifall.) Ich stelle daher den Antrag, unser Herr Bürgermeister und Reichsratsabgeordnete Johann Redl werde zum Ehrenbürger der Stadt Steyr ernannt. Der Herr Vorsitzende sagt, Redner habe ihm aus den Herzen gesprochen, er begrüße diesen Antrag, welcher gewiß Wiederhall finden wird im Kreise der ganzen Bevölkerung von Steyr und bringt sodann den Antrag des Herrn G.=R. Doktor Angermann zur Abstimmung. Der Antrag wird einstimmig angenommen Hierauf Erledigung der Tagesordnung. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R Dr. Franz Angermann. 1. Wird vertraulich behandelt. 2. Der Herr Referent verliest folgendes Schreiben: Hoch¬ geehrte Gemeinde=Vorstehung! Unter dem gegenwärtigen Herrn Bürgermeister Redl hatte ich die freudevolle Gelegenheit, in Ihrer schönen Stadt so dankbare architektonische Aufgaben durch¬ zuführen, daß mich dieselben mit freudiger Dankbarkeit geger diese Stadt erfüllen. Um diesem Gefühle Ausdruck zu geben, er asse ich die vorstehende Genesungs= und 70. Geburtstagfeier Ihres allverehrten Oberhauptes der Stadt als willkommene Ge legenheit und bitte Sie, das mitfolgende Porträt für das Bürger¬ meisterzimmer, in welchem er durch so viele Jahre aufopfernd tätig war, entgegen zu nehmen. Mit dem Ausdrucke voll¬ kommenster Hochachtung zeichnet Anton Gürlich. Der Herr Referent bemerkt, daß bereits von Seite des Amtes an Herrn Gürlich ein Dankschreiben abgegangen sei und stellt namens der Sektion noch folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle dem Herrn Anton Gürlick für diese sinnige Spende den Dank durch Erheben von den Sitzen ausdrücken und den Herrn Gürlich davon schriftlich ver¬ ständigen. Das gespendete Porträt des Herrn Bürgermeisters Redl soll im Bureau des Bürgermeisters als bleibende Erinne¬ rung an die aufopfernde und uneigennützige Tätigkeit des Herrn Bürgermeisters Redl seinen ihm gebührenden Platz finden. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen und erheben sich sämtliche Gemeinderäte zum Zeichen des Dankes für diese Spende von den Sitzen. 3. Liegt vor ein Rekurs des Franz Arthofer, Taglöhner in Steyr, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 26. Mai 1902, Z. 10.790, wegen verweigerten Fortbezuges des Zinsbeitrages. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Nachdem die Er¬ hebungen des städt. Armenrates ergaben, daß Rekurrent noch erwerbsfähig ist und ebenso seine Gattin, durch den Rekurs kein anderer Sachverhalt erwiesen ist, stellt die 1. Sektion den Antrag¬ Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde dem Rekurse des Franz Arthofer gegen die Entscheidung des städt Armenrates vom 26. Mai, Z. 10.790 wegen des verweigerten Fortbezuges eines Zinsbeitrages aus den Gründen der ersten Instanz keine Folge gegeben Einstimmig nach Antrag. Z. 12.850. 4. Der Herr Referent trägt vor: In der Gemeinderats sitzung vom 9. Mai d. J. stellte Herr G.=R. Stigler den Antrag es sei den Dienern der hiesigen Volks= und Bürgerschulen der Schreib= und Zeichenmaterialhaudel einzustellen, da hiedurck hiesige Geschäftsleute geschädigt werden Die vom Amte gepflogenen Erhebungen ergaben, daß die Schuldiener Josef Grims und Julie Gschaider, sowie Frau Rosalia Wenhart, Schuldirektors=Gattin, einen Handel mit Schreib¬ und Zeichenmaterial betreiben, welcher laut Bericht des Amtes ein freies Gewerbe ist und von jedermann, der die allgemeinen Erfordernisse zum Antritte eines Gewerbes besitzt, betrieben verden kann. Der Sektionsbericht und Antrag hierüber lautet: Nachdem seitens des Gemeinderates bisher gegen den von den städtischen Schuldienern betriebenen Handel mit Schreib= und Zeichen¬ requisiten ein Anstand nicht erhoben worden ist, somit still chweigend ihnen die Ausübung zugestanden wurde, der Verkau dieser Gegenstände von jedermann als freies Gewerbe betrieben werden kann, so hält die Sektion dafür, daß der löbliche Ge neinderat den städt. Schuldienern den Handel mit Schreib und Zeichenrequisiten auch für die Zukunft nicht untersagen solle: dagegen soll denselben der Handel mit Schul= und Lehrbüchern ausdrücklich verboten werden, da hiezu eine eigene Konzession erforderlich ist und dadurch den konzessionierten Geschäftsleuter edenfalls eine nicht zu rechtfertigende Konkurrenz geschaffen würde. Infolge dessen stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde den städt. Schuldienern auch in Hinkunft der Handel mit Schreib¬ und Zeichenrequisiten gestattet, dagegen der Handel mit Schul und Lehrbüchern ausdrücklich verboten und wird demnach gegen Zuwiderhandelnde im Disziplinarwege vorgegangen werden. Herr G.=R. Hiller kann sich im Prinzipe nicht damit einverstanden erklären, daß den Schuldienern der Schreib= und Zeicheurequisitenhandel gestattet werde. Bezüglich der vorliegen den Fälle stimme er mit dem Sektionsantrage, beantrage aber, daß bei Neubesetzung von Schuldienerstellen schon in der Aus schreibung bemerkt werde, daß ihm der Handel mit Schreib= und Zeichenrequisiten nicht gestattet sei. Herr G.=R. Lintl schließt sich dem Sektionsantrage aus dem Grunde an, weil es eine Erleichterung für die Kinder ist wenn sie im Schulgebäude derlei Artikel bekommen, doch wäre er dafür, daß die Gemeinde auf die Schuldiener einwirke, daß ie ihre Waren von hiesigen Geschäftsleuten beziehen. Herr G.=R. Hiller bemerkt, nachdem die Schuldiener für ihren Handel Erwerbsteuer zahlen, so könne man ihnen nicht vorschreiben, wo sie ihre Einkäufe besorgen sollen. der Herr Vorsitzende bemerkt, daß dem Wunsche des Herrn G.=R. Lintl insoweit entsprochen werden könne, daß den Schul¬ dienern der Einkauf der Schulrequisiten in Steyr nahe geleg vird. Den Antrag des Herrn G.=R. Hiller halte er für einen Zusatzantrag zum Sektionsantrag Herr G.=R. Dr. Angermann ist mit dem Zusatzantrag des Herrn G.=R. Hiller nicht einverstanden, weil der Gemeinde rat sich vorhinein nicht binden soll. Bei Neubesetzung von Schuldienerstellen habe es der Gemeinderat ja ohnehin in der Hand, ob er dem betreffenden Schuldiener den Handel mit Schulrequisiten gestatte oder nicht. Der Herr Vorsitzende bringt nun den Antrag der Sektion zur Abstimmung, welcher einstimmig angenommen wird. Z. 11.323. Der Zusatzantrag des Herrn G.=R. Hiller wird mit allen 2 Stimmen abgelehnt. gegen 5. Der Herr Referent trägt vor: Der hohe oberösterreichische Landtag hat mit Sitzungsbeschluß vom 4. Juli d. J. dem An¬ suchen der Stadtgemeinde Steyr wegen Vergütung von ¼, der Verpflegskosten für die im St. Anna=Spitale befindlichen ein heimischen armen Kranken stattgegeben, wodurch der Stadt¬ emeinde Steyr jährlich eine namhafte Auslage erspart wird. Er stelle den Antrag, daß dem hohen oberösterr. Landtage für diese Munifizenz, sowie dem Herrn Landtagsabgeordneten Viktor Stigler für seine Bemühungen der Dank ausgedrückt werde. Durch dieses Entgegenkommen seitens des hohen oberöst. Landtages ist die Stadtgemeinde Steyr in die angenehme Lage versetzt worden einem dringenden Bedürfnisse, nämlich Bestellung eines zweiten Arztes im hiesigen öffentlichen Krankenhause, Rechnung trager zu können. Die Bestellung eines Sekundar=Arztes, welcher im Spitale bei Tag und Nacht zur Verfügung stehen soll, wurd chon lange als notwendig anerkannt, doch war es nicht möglich, diese Bestellung früher zu realisieren, weil die Mittel nicht vor handen waren. Die Sektion erlaubt sich nun heute folgenden Antrag zu stellen Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Es werde für das öffentliche St. Anna=Spital in Steyr ein zweiter Arzt mit dem Titel „Sekundar=Arzt“ als ärztliche Hilfskraft angestellt Die Anstellung des Sekundar=Arztes ist jedoch keine definitive Anstellung, sondern gegen beiden Teilen freistehende ¼ jährige Kündigung mit dem Anspruche eines jährlichen Adjutum von 1200 K, bezahlbar in monatlichen antizipativen Raten und mit dem Auspruche auf Naturalverpflegung und Naturalquartier im Spitale, eventuell wenn dies untunlich wäre, auf entsprechendes Geldrelutum. Die Ausschreibung dieser Stelle hat unverzüglich zu erfolgen und ist die Stelle längstens bis 1. September 1902 anzutreten. Der Bewerber muß deutscher Nationalität und christ¬ licher Konfession sein. Für das St. Anna=Spital werden die vorgeschlagenen Instruktionen, und zwar für den Primar=Arzt, Sekundar=Arzt, für das Wartepersonal, die Hausordnung und Speiseordnung genehmigt und ist deren behördliche Genehmigung einzuholen. Der Herr Referent bemerkt in Bezug auf die Dienstes Instruktion für den Sekundar=Arzt, daß der § 3 derselben dahin abgeändert werden soll, daß dem Sekundar=Arzte die Ausübung der Privatpraxis in der dienstfreien Zeit und insoweit gestattet wird, als dadurch der Spitalsdienst nicht beeinträchtigt wird Nach kurzer Debatte wird der Antrag der Sektion ein stimmig angenommen, bezw. werden die Dienstes=Instruktionen mit der Abänderung im § 3 en bloc genehmigt. . Liegt folgender Amtsbericht vor Am 30. September 1901 ist im allgemeinen Krankenhause zu Linz der in Amstetten wohnhaft gewesene Armenpfründner Vinzenz Graßl mit Hinterlassung eines Vermögens von 1253 K 1 k, welches nach Abzug der Begräbniskosten per 97 K 70 noch im Betrage von 1158 K 34 k vorhanden ist, gestorben

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2