Ratsprotokoll vom 20. Dezember 1895

§ 2. Die Stadtgemeinde Steyr bezw. der Mildenversorgungs fond bleibt nach wie vor alleinige und vollständige Eigenthümerin dieser Realität sammt allem Zugehör und der inneren inventarisierter Einrichtung und berichtigt darum auch alle dieselbe treffenden wie immer Namen habenden Steuern, Landes=Umlagen, Brandassecuranz= si gebüren, Rauchfangkehrerbestallung u. s. w., mit einem Worte, trägt alle hierauf haftenden ordentlichen und außerordentlichen Lasten, sie treffen auch alle Gefahren, Reparaturen und Baulichkeiten. Unter Reparaturen sind auch Weißigungsarbeiten und der nothwendige Fußbodenanstrich verstanden. Aus diesem Grunde bleibt auch den Stadtgemeinde Steyr das Aufsichtsrecht über das öffentliche Spita zu St. Anna und die dazu gehörigen Gebäude und Grundstücke jederzeit unbenommen und es steht ihr jederzeit frei, sich unter Bei¬ ziehung ihrer Sanitätsorgane von dem Zustande des Spitales zu überzeugen, wobei es selbstverständlich ist, dass hiebei auf die Ordens¬ regel gebürend Rücksicht genommen werden muss § 3. Dem Orden der barmherzigen Schwestern werden ferner die in der Beilage A näherbezeichneten Einrichtungsgegenstände Fahrnisse und Wäscheartikel 2c. unter Angabe des Wertes derselber zum Gebrauche überlassen. § 4. Die im Verzeichnisse B angeführten, dem Orden gehörigen edoch für das Spital nothwendigen Gegenstände verpflichtet sich die Stadtgemeinde Steyr dem Orden um den Preis von 777 fl. 80 kr., sage siebenhundertsiebenzigsieben Gulden 80 Kreuzer, zahlbar im Laufe des Jahres 1896, abzulösen und das im Verzeichnisse C zur Ergänzun des Wäsche=Inventars nothwendige Materiale, welches in den dort bezeichneten Wäscheartikeln unentgeltlich zu verarbeiten die barm¬ herzigen Schwestern sich freiwillig erboten haben, im Laufe des Jahres 1896 anzuschaffen. 5. Den Wert der im Verzeichnisse D angeführten, im alten Inventar aufscheinenden, jedoch heute nicht mehr vorhandenen Gegen¬ tände per 71 fl. 20 kr. Cmz = 74 fl. 56 kr., sage siebenzigvien Gulden 56 Kreuzer öst. W. verpflichtet sich der Orden der barmherzigen Schwestern vom heil. Vincenz von Paul der Stadtgemeinde Steyr zu ersetzen, und gestattet, dass derselbe von dem Kauspreise der ihm laut § 4 abzulösenden Gegenstände abgezogen wird § 6. Die Verzeichnisse A, B, C, D bilden einen integrierender Bestandtheil dieses Vertrages und werden daher demselben angeheftet § 7. Alle in den §§ 3 und 4 erwähnten Gegenstände, welch dadurch alleiniges Eigenthum des Fondes werden, werden dem Orden der barmherigen Schwestern zum Gebrauche für Spitalszwecke über assen. Die sämmtlichen Einrichtungsgegenstände incl. Betteinrichtung hat die Stadtgemeinde instand zu halten. Dagegen hat der Order auf seine Kosten die Leib= und Bettwäsche, die Spitalskleidung fü die Kranken, sowie das Küchengeschirr und das Geschirr zum Essel und Trinken für die Kranken, die Gefäße und Geräthschaften zu Wäschereinigung zu erhalten, und die bezüglichen Nachschaffungen zu besorgen, sowie die Krankenzimmer und das Haus selbst stets rein zu halten. Im Falle der Auflösung dieses Vertrages übernimmt der Orden die Verpflichtung, die laut Inventar übernommene und instand zu haltende Leib= und Bettwäsche, die Spitalskleidung fü die Kranken, das oben erwähnte Geschirr und die Geräthschaften in gleicher Zahl, Gattung und Beschaffenheit dem Fonde zurückzustellen oder den angesetzten Wert zu ersetzen und jene Gegenstände, welche die Stadtgemeinde instand zu halten hat, in der zur Zeit der Ueber gabe befindlichen Beschaffenheit und Güte zu übergeben. § 8. Hinsichtlich der chirurgischen Instrumente wird von Seite der Spitalsverwaltung ein besonderes Inventar geführt, und es ist der Orden verpflichtet, für die ordentliche Reinigung uni Reinhaltung dieser Instrumente, soweit dieselbe ohne Inanspruch nahme auswärtiger Hilfe geschehen kann, Sorge zu tragen § 9. Der Orden der barmherzigen Schwestern führt die Pflege der in dem eingangs erwähnten Gebäude Aufnahme findenden Kranken fort, verpflichtet sich stets die nothwendige Anzahl Kranken wärterinnen beizustellen, dafür zu sorgen, dass der Krankendienst unklaghaft verrichtet wird und dass insbesondere die Kranken genau nach Anordnung des immer von der Gemeinde zu bestellenden Arztes verpflegt und betreut werden. Er hat die Kost, die Getränke soweit sie nicht als Medicamente zu reichen sind), Holz, Licht, Wäsche, Spitalskleidung für die Kranken beizustellen und sonstige vom Arzte als nöthig erkannte Bedürfnisse der Kranken zu befriedigen, den Ankauf der hiezu nöthigen Stoffe und sonstigen Utensilien, ihre Verarbeitung, Reinigung und Ausbesserung, mit einem Worte den ganzen innerei Haushalt auf seine Kosten zu besorgen und zu führen. Er ist auch für die Herhaltung der Reinlichkeit und inneren Ordnung in aller Theilen des Krankenhauses, den Nebengebäuden und des Gartens verantwortlich. Die ärztlichen und Medicamentenkosten, sowie di Kosten für chirurgische Instrumente und sonstige, therapeutische Behelfe hat die Stadt Steyr zu tragen. Die Ordensschwestern sin bei der Betreuung der Kranken zu jenen Handgriffen nicht verpflichtet die ihnen vorzunehmen nach der Ordensregel nicht gestattet sind, doch müssen sie Sorge tragen, dass diese Handgriffe unter ihrer Aufsicht durch weltliche Wärter veranlasst werden 10. Die Stadtgemeinde Steyr verpflichtet sich, zur Ver¬ richtung der gröberen Hausarbeiten im Krankenhause zwei Haus¬ knechte zu entlohnen, für deren Beschaffung, Wohnung und Verpflegung jedoch der Orden der barmherzigen Schwestern zu sorgen hat, da dieselben nach Zulässigkeit ihres Dienstes im Spitale auch zu Arbeiten im Waisenhause verwendet werden dürfen § 11. Für Kranke, welche nach Anordnung des Spitalsarztes in die hiefür bestimmten Räume des Armen=Verpflegshauses aufge nommen werden müssen, hat der Orden in ganz gleicher Weise zu sorgen, als ob sie im Krankenhause selbst Aufnahme gefunden hätten jedoch nur insolange, als das Armenverpflegshaus unter der Obsorge der barmherzigen Schwestern steht § 12. Die von den Kranken mitgebrachten Kleider und sonstiger Effecten sind seitens des Ordens entsprechend aufzubewahren, gehörig zu verzeichnen und ihren Eigenthümern nach der Entlassung aus dem Spitale zurückzustellen. Hinsichtlich der Verfügung über Kleider und den Effecten von im Spitale verstorbenen Kranken ist sich nach Weisungen der Verlassenschaftsabhandlungsbehörden zu richten § 13. Die Stadtgemeinde Steyr verpflichtet sich, dem Order der barmherzigen Schwestern für jeden in das Krankenhaus bezw. mit Rücksicht auf den § 11 in das Armenverpflegshaus ausgenommenen Kranken, gleichgiltig ob er nach Steyr zuständig oder ein Aus¬ wärtiger ist, eine tägliche Verpflegsgebür von 60 kr. zu zahlen Diese Verpflegsgebüren werden monatlich und zwar am 1. des au die Verpflegung folgenden Monates bei der Stadtcasse auf Grund einer alle Kranken des vergangenen Monates umfassenden, vom städt Secretariate auf ihre Richtigkeit geprüften Quittung vom Herrt Bürgermeister zur Auszahlung angewiesen. Außer auf die Beistellung der bisher zu diesem Zwecke zur Verfügung stehenden Wohnräume für die als Krankenwärterinnen fungierenden barmherzigen Schwestern und das Dienstpersonale, sowie auf die freie ärztliche Behandlung der Genannten im Spitale hat der Orden keinerlei weitere Ansprüche auf sonstige Bezüge § 14. Der Stadtgemeinde Steyr einerseits und dem Orden der barmherzigen Schwestern vom heil. Vincenz von Paul anderer seits bleibt es freigestellt, diesen Vertrag unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist entweder ganz oder theilweile zu lösen und verzichten beide Theile auf eine Entschädigung hiefür. § 15. Urkund dessen wird dieser Vertrag, welcher mit den Tage der beiderseitigen Unterzeichnung in Rechtskraft tritt, doppel ausgefertigt, von beiden contrahierenden Theilen und zwar namen der Stadtgemeinde Steyr vom Herrn Bürgermeister und zwei Herrei Gemeinderäthen und namens des ehrwürdigen Ordens der barm¬ herzigen Schwestern vom heil. Vincenz von Paul seitens der ehr¬ würdigen General=Oberin und des hochwürdigen Superiors nebst zweier Zeugen unterfertigt und beiden Theilen ein Exemplar aus gefolgt. Die Kosten der Vertragserrichtung trägt die Gemeinde Steyr. Der Sectionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderath wolle den mit dem Orden der wohlehrwürdigen barmherzigen Schwestern vereinbarten Vertrag bezüglich der Uebernahme und Fortführung sowie der Verwaltung des Inventares für das öffent¬ liche Krankenhaus zu St. Anna und der neuerlichen Uebernahme der Krankenpflege in diesem Krankenhause genehmigen Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr Gemeinderath Ritzinger ersucht um Aufklärung, inwie¬ ferne für die im Vertrage erwähnten Auslagen per 700 fl. in Präliminare Vorsorge getroffen wurde und wie hoch sich die noth¬ wendigen Neuanschaffungen stellen werden derr Gemeinderath Anton v. Jäger gibt bekannt, dass sich die Kosten für Neuanschaffungen auf 518 fl. belaufen, worauf Herr Gemeinderath Ritzinger sich an die Finanz=Section mit der Frage wendet, wie selbe sich zu den nicht vorbereiteten Zahlungen zu ver halten gedenke Der Herr Vorsitzende gibt bekannt, dass die Durchführung dieser Angelegenheit noch heuer beantragt war Herr Gemeinderath Kautsch spricht sich namens der Finanz¬ Section dahin aus, dass die erwähnten Beträge aus den Reserve geldern geleistet werden können, und finde er in dieser Beziehung gegen die Erfüllung des Vertrages keinen Anstand. Wenn seitens der Rechtssection keine juristischen Bedenken obwalten, so könn der Vertrag genehmigt werden. Herr Vicebürgermeister Stigler bemerkt, die Schließung eines Vertrages zwischen der Stadtgemeinde Steyr und dem Orden der barmherzigen Schwestern sei eine Nothwendigkeit, weil die Ansprüche beider Theile zu Differenzen führen könnten. Was die Deckung der rwähnten Kosten anbelange, so seien dieselben im Präliminare pro 1896 allerdings nicht ziffermäßig festgesetzt, doch möge zur Be¬ ruhigung der Umstand dienen, dass im Präliminare pro 1896 die Umlage der Waffenfabrik so gering angenommen wurde, dass det angesetzte Betrag unter allen Umständen überschritten werden wird ind es sei anzunehmen, dass die Hauptbilanz auch dann nich irritiert werde, wenn auch im Laufe des Jahres verschiedene außer ordentliche Auslagen sich ergeben sollten Herr Gemeinderath Ritzinger erklärt, dass ihn die Aufklä rung des Herren Gemeinderathes Kautsch vollkommen befriedige Herr Gemeinderath Erb erklärt, er habe gegen den Vertrag, den er übrigens nur vom Vorlesen aus kenne, nichts einzuwenden, doch beantrage er, dass solche einschneidende Verträge in Hinkunf vervielfältigt und einige Tage vor der Sitzung jedem Gemeinderaths¬ mitgliede zugestellt werden, um sichhierin genau informieren zu können. Der Herr Vorsitzende betont, dass der vorliegende Vertrag ohnehin von der Section studiert worden sei. Herr Gemeinderath Ritzinger hält es für einfacher, derlei Verträge vorher bei den Herren Gemeinderäthen circulieren zu lassen. Herr Gemeinderath Kautsch glaubt, es genüge, wenn ein solcher Vertrag im Secretariat zur Einsicht aufliege, welcher An¬ schauung sich auch Herr Gemeinderath Löhnert anschließt Herr Gemeinderath Dr. Kurz betont, dass, nachdem die in Vertrage enthaltenen Bestimmungen im Wesentlichen dem löblichet Gemeinderathe schon aus früheren Beschlüssen bekannt sind, es nach einer Ansicht keinem Anstande unterliege, den Vertrags=Entwur zu genehmigen err Gemeinderath Kautsch beantragt sodann Schlust der Debatte Der Herr Vorsitzende bringt hierauf den Antrag der Section und den Zusatzantrag des Herrn Gemeinderathes Erb dahin gehend, dass wichtige Verträge auf hektographischem Weg

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