Ratsprotokoll vom 26. April 1895

Zur Zahlung oder Beitragsleistung der Kosten und eventueller Entschädigungsansprüche der oben erwähnten Zeit des schiedsrichter¬ lichen Processes fühlt sich die Actiengesellschaft der Elektricitätswerk nicht verpflichtet, weil dieselbe eine solche Verpflichtung nicht einge gangen ist und dieselbe auch keine Schuld an diesen Auslagen treffen kann Der löbliche Gemeinderath hat in seiner Sitzung vom 15. Sep¬ tember 1893 zufolge einstimmigen Beschlusses die Bewilligung zur Legung der elekirischen Stromleitungen auf den öffentlichen Plätzen und Straßen ertheilt, weil er der Aeußerung der Vertreter der löblichen Stadtgemeinde Steyr im Commissions=Protokolle von 23. August und 13. September 1893 (welches ohnedies in diesem öblichen Amte erliegt) zugestimmt haß Die Herren Vertreter der Stadtgemeinde haben bei diese Commissionierung den Protest der Gesellschaft für Gasindustrie ir Augsburg gegen die Bewilligung von elektrischen Stromleitungen als rechtlich nicht begründet erklärt, weil in dem Gasvertrag ausdrücklich nur von Gasbeleuchtung 2c. die Rede ist und Beleuchtung mit Elektricität in keiner Weise ein neuc Art Gasbeleuchtung darstellt. Zu dieser „Aeußerung“ hat der löbliche Gemeinderath in seiner Sitzung vom 15. September 1893 einstimmig seine Zustim mung gegeben und sodann die obige Bewilligung ertheilt Wir haben daher auf Grund einer legalen Bewilligung des löblichen Gemeinderathes unsere Leitungen errichtet und aus Grund einer von der hohen k. k. Statthalterei in Linz ectheilten Concession und der vom hohen k. k. Ministerium des Innern er theilten Genehmigung unser Unternehmen ins Leben gerufen und in Betrieb gesetzt Dass das Schiedsgericht gegen alle Erwartung und auch ge gen die einstimmig manifestierte Anschauung des öblichen Gemeinderathes entschied, kann uns woh nicht als Verschulden angerechnet werden, und glauben wir daher auch, dass für uns zur Tragung dieser Auslagen der löblichen Stadtgemeinde Steyr eine gesetzliche Verpflichtung nicht besteht, zu¬ dem die löbliche Stadtgemeinde Steyr gemäß § 33 des Gasvertrages vom 28. August 1834 verpflichtet ist und war, alle Streitigkeiten welche aus dem Inhalte dieses Vertrages entstehen, durch schieds richterlichen Spruch entscheiden zu lassen Anders liegt die Sache allerdings, nachdem das Urtheil in abgeführten schiedsrichterlichen Processe gefällt worden ist Von diesem Zeitpunkte an hat die löbliche Stadtgemeinde Steyr durch Einbringung der Nullitätsklage gegen das schiedsrichter¬ liche Urtheil das Interesse unserer Gesellschaft an dieser Frage ins¬ besondere geschützt, und wir haben bereits mit Zuschrift vom 16. Fe¬ bruar 1895 erklärt, jene Kosten, welche mit der Führung des Annullierungs=Processes gegen das schieds¬ richterliche Urtheil verbunden seinwerden, allein und aus Eigenem tragen zu wollen Im gleichen Sinne hat auch die Generalversammlung unserer Gesellschaft in der Sitzung vom 27. März 1895 beschlossen, der löblichen Stadtgemeinde Steyr gegenüber sich bereit zu erklären, die eventuellen Entschädigungsansprüche der Gasgesellschaft gegen di löbliche Stadtgemeinde Steyr, welche auf die Zeit von der Einbringung der Nullitätsklage bis zu deren Entscheidung entfallen würden, gemeinsam mit der öblichen Stadtgemeinde Steyr zu tragen. Mit Rücksicht auf diese Beitragspflicht behält sich jedoch un sere Gesellschaft bevor, dass sie bei eventuellen Ausgleichsverhand lungen mit der Gasgesellschaft in Augsburg zugezogen werde, die löbliche Stadtgemeinde Steyr daher hiebei nicht einseitig vorgehe und auch nicht einseitig und ohne Zuziehung unserer Gesellschaft die Nullitätsklage zurückziehe Wir beehren uns dadurch der Einladung der löblichen Stadi¬ gemeinde=Vorstehung Steyr vom 21. Jänner 1895, Z. 1326, in den estgestellten Termine zu entsprechen und zeichnen Achtungsvollst Steyr, 30. März 1895 Elektricitätswerke in Stehr. Dr. Franz Angermann. Johann Scholz. Die Section stellt hiezu folgenden Antrag: Der löblich Gemeinderath wolle beschließen: 1. Es sei die Erklärung der Actien. gesellschaft der Elektricitätswerke in Steyr, nach welcher dieselbe die Kosten, welche mit der Führung des Anuullierungs=Processes gegen das schiedsrichterliche Urtheil verbunden sind, allein und aus Eigenen zu tragen sich verpflichtet und sich bereit erklärt, die eventueller Entschädigungsansprüche der Gasgesellschaft gegen die Stadtgemeinde Steyr, welche auf die Zeit von der Einbringung der Nullitätsklage bis zu deren Entscheidung entfallen würden, gemeinsam mit der Stadtgemeinde zu tragen, mit dem ausdrücklichen Vorbehalte zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Stadtgemeinde Steyr in allen auf die Angelegenheit bezugnehmenden Agenden ihre völlig freie Entschließung wahrt, dass jedoch zu jeder in dieser Sache zu pflegenden Verhandlung ein durch die Gesellschaft zu nominierender Vertrete der Actiengesellschaft der Elektricitätswerke in Steyr zuzuziehen sei, welcher bei diesen Verhandlungen mit berathender Stimme inter¬ 2. dass der Rechtsvertreter der Stadtgemeinde — venieren kann aufzufordern sei, den schwebenden Process ohne jede unnöthige Ver¬ zögerung zu führen, — 3. dass der Herr Bürgermeister einzuladen sei, Vergleichsverhandlungen mit der Gasgesellschaft einzuleiten. Der Herr Vorsitzende eröffnet hierüber die Debatte. Herr Gemeinderath Erb bezeichnet die von der Elektricitäts¬ Gesellschaft gestellte Bedingung, dass zu den eventuellen Ausgleichs berathungen ein Vertreter dieser Gesellschaft zugezogen werde, als ein sc Anmaßung. Wie komme eine Partei, welche von der Gemeinde viele Wohlthaten empfieng, dazu, sich das Recht herauszunehmen, dass sie gefragt werden müsse, was die Gemeinde thun will. Das, was di Elektricitäts=Gesellschaft für die Gemeinde thue, sei viel zu wenig gegen das, was die Gemeinde für sie thun müsse; das stehe im Ver hältnisse wie 1 zu 20. Der Verwaltungsrath erklärt sich für die Kosten, welche mit der Führung des Processes verbunden sind, weil diese Kosten geringer sind, während er für die Entschädigungs¬ ansprüche, welche an die Gemeinde gestellt werden, nur mit der Hälfte aufkommen will. Warum zahle die Elektricitäts=Gesellschaft nicht das Ganze? Der Process werde doch nur im Interesse diese Gesellschaft geführt, die Gemeinde habe an demselben kein Interesse, und wie käme sie denn dazu, tausende von Gulden als Auslagen zu haben, wenn der Process verloren gehe, und er müsse bedauern dass dann diese Kosten von den Geldern der Steuerträger gezahl werden müssen. Er möchte daher den Sections=Antrag dahin formu liert wissen, dass an die Elektricitäts=Gesellschaft nochmuls heran getreten werde, dass selbe die ganzen Kosten der Nullitätsbeschwerde zahle. Weiters sehe er nicht ein, warum der Elektricitäts=Gesellschaft das Recht eingeräumt werden solle, zu den Ausgleichsverhandlungen einen Vertreter zu entsenden, denn es sei vorauszusehen, dass nur ein solcher Vertreter entsendet würde, welcher bedeutenden Einfluss in Gemeindeangelegenheiten hätte. Uebrigens werden ja die Ver treter der Gemeinde, welche die Ausgleichsverhandlungen führen, das Interesse der Elektricitäts=Gesellschaft im Auge haben, soweit es mit den Interessen der Gemeinde im Einklange stehe. Er beontrag daher, dass jener Punkt im Sections=Antrage, wo der Elektricitäts Gesellschaft das Recht eingeräumt sei, zu jeder Berathung einen Ver treter zu nominieren, gestrichen werde, und die Gemeinde ganz für ich allein den Ausgleich mit der Gas=Gesellschaft führe Herr Gemeinderath Löhnert bemerkt, die Section habe sick auf den Standpunkt gestellt, die von der Elektricitäts=Gesellschaft gestellten Anträge anzunehmen, weil man dieselbe für die Vergar genheit nicht verbindlich machen könne. Die Gas=Gesellschaft hab einerzeit, als bei der Anlage der Elektricitätswerke keine Einigung erzielt werden konnte, die Klage überreicht und die Gemeinde musst sich in den Streit einlassen, weil es eben kein anderes Mittel gegeben habe. Für diese Kosten würde die Elektricitäts=Gesellschaft niemals herangezogen werden können, und deshalb hat die Section gemeint was nicht gesetzlich ist, könne auch nicht verlangt werden. Anders sei es von der Zeit an, als der Schiedsgerichtsspruch in Rechtskraft erwachsen ist. Die Gemeinde hätte da ihre Bewilligung zurückziehen können, unter Berufung auf den Umstand, dass die Bewilligung nu bedingungsweise ertheilt worden sei, was aber nicht geschah, sonder! der Gemeinderath habe beschlossen, gegen das schiedsrichterliche Ur theil die Nullitätsbeschwerde zu überreichen, um ein Unternehmen, wie die Elektricitäts=Gesellschaft, das auch für die Gemeinde wichtig ei, zu schützen; andererseits wurden auch die Theilnehmer an diesem Unternehmen berücksichtigt. Die Entschädigungsansprüche dürfter nicht so groß sein und dürfte für die Gemeinde ein günstiger Aus gleich zustande kommen. Aus diesem Grunde habe die Section nich einrathen können, neuerlich die Elektricitäts=Gesellschaft zur Kosten zahlung heranzuziehen, und die Zurückziehung der Nullitätsbeschwerde stünde im Widerspruch mit dem Beschlusse des Gemeinderathes. Was die Entsendung eines Vertreters seitens der Elektricitäts=Gesellschaf zu den Ausgleichsverhandlungen mit der Gas=Gesellschaft anbelange, so sei der Wortlaut nicht so streng zu nehmen. Es handle sich nicht um eine entscheidende, sondern nur um eine berathende Stimme und die Gemeinde werde sich dabei nichts vergeben Herr Gemeinderath Lintl schließt sich der Anschauung des Herrl Gemeinderathes Erb an. Er stehe auch auf dem Standpunkte, dafs diese Angelegenheit nur dann zu einem ersprießlichen Ausgange führen könne, wenn die Gemeinde die Initiative ergreife, mit der Gas¬ Gesellschaft in Unterhandlung zu treten, ohne Beiziehung eines offi ciellen Vertreters der Elektricitäts=Gesellschaft, denn die Gas=Gesell¬ schaft wolle mit der Elektricitäts=Gesellschaft nicht verkehren. E unterstütze daher den Antrag des Herrn Gemeinderathes Erb dahin dass der erste Theil des Sections=Antrages angenommen werde mit Ausnahme jenes Satzes, welcher von der Zuziehung eines Ver treters spreche Herr Gemeinderath Erb betont, er habe nicht vom Rechts¬ standpunkte gesprochen, wie Herr Gemeinderath Löhnert zu glauber scheint. Von diesem Standpunkte spreche er nicht, denn er sei kein Jurist Uebrigens habe gerade der Rechtsstandpunkt die Gemeinde in der Gas frage sitzen lassen. Er habe vom Rechtlichkeitsstandpunkte aus, und der öffentlichen Moral gesprochen. Wenn man jemand einen Schaden zufügt ei man auch verpflichtet, denselben wieder gut zu machen. Die Elektri citätsgesellschaft habe der Gemeinde einen Schaden zugefügt, der in die Tausende hineingeht, und will diesen Schaden nur theilweise gut¬ machen. Die Elektricitäts=Gesellschaft habe für die Gemeinde nicht soviel gethan, als sie vom Rechtlichkeitsgefühl aus hätte thun sollen Das sei sein Standpunkt. Die Kosten der Nullitätsklage können ins Unendliche wachsen, wenn wieder ein Schiedsgericht einberufen werde, und wer zahlt dann die Kosten, wenn der Streit sich auf Jahre hinausziehe? Er glaube, es sei Vorsicht am Platze, um sich nicht abermals in Kosten zu stürzen. Namentlich sei er aber für die Ablehnung eines Vertreters der Elektricitäts=Gesellschaft bei den Ausgleichsverhandlungen Herr Gemeinderath Kautsch ist ebenfalls nicht für die Bei ziehung eines Vertreters der Elektricitäts=Gesellschaft zu den Aus¬ gleichsverhandlungen, weil einerseits derselbe von dem Gange der Verhandlung nicht informiert sein wird und dann nichts thun kann; andererseits dasselbe Resultat erzielt würde, wenn der Elektricitäts¬ Gesellschaft mitgetheilt wird, was verhandelt wurde. Der Vertreter

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