Gemeinderatsprotokoll vom 6. April 1946

herrscht vielfach die Meinung, daß sich die Gemeinde der Erbauung eines Bades gesichert und alle privaten Interessen ausgeschaltet hat. Dem ist nicht so. Die Notwendigkeit und Dringlichkeit ist zu groß, daß jene Interessenten, die ein brauchbares Objekt am ehesten verwirklichen können, die Prioritär haben. Geplant ist kein Hallenbad, sondern Brausebäder, Wannenbäder und Dampfbäder. Wenn wir bedenken, daß für ganz Steyr ein Miniaturbad mit sage und schreibe vier Badewannen zur Verfügung steht, so müssen wir uns alle Mühe geben, diese Schande so bald als möglich aus der Welt zu schaffen. Und nun ein Wort zu unserer finanziellen Lage! Klar zunächst, daß es sich hier um eine Frage der Staatsfinanzen handelt, um das Problem der Sicherung unserer Währung. Die Stabilisierung unserer Währung ist die Grundlage unserer Entwicklung. Dazu kommt ferner, daß die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden noch nicht geregelt ist. In dieser Hinsicht hat der reaktivierte österreichische Städtebund in seiner konstituierenden Sitzung, die am 10. März 1946 in Wien stattfand, richtunggebende Entschlüsse gefaßt. Die Hauptpunkte sind: Aufrechterhaltung der Finanzhoheit der Gemeinden auf dem Gebiete der Grundsteuer, Gewerbesteuer und Bürgersteuer; eine sozial gerechte Regelung der Kriegsschädenvergütung in dem Sinne, daß diese Schäden von allen Teilen der Bevölkerung nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu tragen sind; Schaffung eines Wiederaufbaufonds durch Vermögensabgaben, radikale Besteuerung der Kriegsgewinner, Kreditoperation etc. Außerdem ist es nur ein Gebot der Gerechtigkeit, daß die Nationalsozialisten als die direkt für den Krieg Verantwortlichen durch eine Sonderbesteuerung herangezogen werden. Der Bundesvoranschlag liegt bereits vor. Er wird demnächst im Nationalrat beraten werden. Er trägt für die angeführten Forderungen nicht Rechnung. Es wird Sache der parlamentarischen Behandlung sein, jene Wege zu finden, die zu einem gerechten Finanzausgleich führen. Und nun zur Finanzlage unserer Stadt im besonderen: Ich betone nochmals, daß wir vielfach im Dunkeln tappen, da die Steuergesetzgebung noch nicht geklärt ist, und weiters Probleme zu lösen sind, die seinerzeit Gegenstand der Friedensverhandlungen sein werden.

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