Gemeinderatsprotokoll vom 6. April 1946

sehen werden. In Steyr befinden sich derzeit noch 386 Frauen, deren Staatsbürgerschaft auf diese Weise noch ungeklärt ist. Eine Entscheidung ist in Kürze zu erwarten. In der Frage der Sudetendeutschen wird wohl von Landes wegen eine einschneidende Veringerung der hier weilenden Personen in Frage kommen. Die Stadtverwaltung hat die Gelegenheit, aus dem grossen Reservoir der Menschen besonders wertvolle Kräfte auszusondern und hier ansässig zu machen. Ganz besonders wird auf die Personen des Gablonzer-Kreises verwiesen, die weltberühmte Industrieartikel zu erzeugen imstande sind. Der Rücktransport der anderen Nationalitätsgruppen wird im Einvernehmen mit den amerikanischen Dienststellen ständig fortgeführt. Das hier besondere Transportschwierigkeiten vorhanden sind, braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden. Das Problem im Ganzen gesehen, wird wohl bis Ende dieses Jahres im wesentlichen gelöst sein. Ich komme nun auf das gegenwärtig brennendste politische Problem Österreichs zu sprechen: Denazifizierung. Staatspolitisch von höchster Bedeutung. Wenn man bedenkt, dass in Osterreich rund 500.000 Personen registriert sind und dass, gering gerechnet 3 Angehörige in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass sich also rund 2,000.000 deklassierte Menschen ergeben, so muss man zu dem Schlusse kommen, dass ein Staat mit einem Drittel seiner Bevölkerung, die nicht vollwertige Staatsbürger sind, niemals aufbaufähig sein kann. Man kann nicht 2,000.000 Menschen schaffen, die nicht mehr zu verlieren haben. Wenn auch klar ist, und mit aller Schärfe betont werden muss, dass es sich um eine Kollektivschuld handelt, so muss - im Abstand zu den Sadisten des Dritten Reiches - doch aus Gründen der Gerechtigkeit differenziert werden. In dieser Hinsicht wird ja, wie aus den Tageszeitungen bekannt ist, ein Gesetzesentwurf vorbereitet. Es ist nur zu wünschen, dass er bald zum Gesetz wird, damit auf diesem Gebiete endlich Ruhe und Sicherheit eintritt. Was Steyr anlangt, so liegen bis jetzt folgende Ziffern vor: Gesamtzahl der Registrierten 3.022 Zahl der Entregistrierungsgesuche 2.744 Von den Registrierten sind : Illegale 391 Parteifunktionäre (vom Zellenleiter aufwärts) 203 Funktionäre der Gliederungen (vom Untersturmführer aufwärts) 8.

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