Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—68— Die Übernahme in das öffentliche Wassergut ist nicht ohne weiteres möglich, da im Gerinne Einbauten bestehen, die flächenmäßig Privatbesitz sind. Vor einer Überführung in das öffentliche Wassergut scheint die Entfernung dieser Einbauten erforderlich. Solche Einbauten bestehen in der Ersten Zeugstätte und in Form eines aufgelassenen E-Werkes in der zweiten Zeugstätte. Sie würden besonders im Hochwasserfall bei mangelnder Überwachung die Gefahr einer Verklausung herbeiführen. Eine Entfernung und ein Abbruch dieser Bauten steht aber den Erfordernissen der Denkmalpflege entgegen, da diese Bauten wesentliche Teile des Ensembles Wehrgraben bilden. Die Uferanrainer werden einer Überführung in das öffentliche Wassergut nicht zustimmen, da sie in diesem Falle Verpflichtungen zur Ufererhaltung zu erwarten haben.36 Der gegenwärtige Erhaltungszustand einzelner Partien der Ufersicherung ist desolat. Seine Sanierung lässt hohe Kosten erwarten. Für die Stadt Steyr würde bei einer Überführung des Kanales in das öffentliche Wassergut die Verpflichtung zur Erhaltung etwa der halben Uferlänge des Wehrgrabengerinnes und eines Teiles der Ufer des sogenannten Überwassers anfallen, weil sie die Straßen und Wege entlang der Gewässerparzellen zu erhalten hat und am Gerinne liegende stadteigene Grundstücke die Uferzone bilden. Der Stadt gehören ferner die Bauparzellen im Gewässerbereich der Ersten Zeugstätte, wo nur die Baufläche 847 eine Ausnahme bildet. Sie ist für Viktor Werndl und Mitbesitzer im Grundbuch eingetragen. Eine Überführung des Wehrgrabens in das öffentliche Wassergut erscheint nicht zweckmäßig. Weil aber mit einer Erhaltung der alten Fließwasserstrecke nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge zu rechnen ist, bietet sich eine zweite Möglichkeit der Problemlösung im wasserrechtlichen Sinn in der Errichtung neuer Wasserrechte und die Beibehaltung des privaten Status für den Wehrgraben samt seinen Nebenarmen an. Eine Untersuchung der Ennskraftwerke AG, welche die Errichtung von Kleinkraftwerken im Bereich der Zeugstätten zum Thema hatte, hat ergeben, dass ein derartiges Vorhaben als unwirtschaftlich zu betrachten ist. Da mit einschneidenden Veränderungen in den Zeugstättenbereichen zu rechnen wäre, ist ein derartiges Vorhaben auch vom denkmalpflegerischen Standpunkt abzulehnen. Es muss daher die Möglichkeit zur Begründung anderer neuer Wasserrechte untersucht werden. In Steyr sind eine Anzahl von Industriedenkmälern mit einem Bezug zum Eisenwesen vorhanden. Fast alle dieser Denkmale liegen am Wehrgraben. Lediglich der Innerberger Stadel, der 1628 fertiggestellt der Innerberger Hauptgewerkschaft als Getreidespeicher und Lagerhaus diente und heute das Heimathaus beherbergt, liegt am Südende des Stadtzentrums. Neben dem Heimathaus wurde ein Sensenhammergebäude, die Kopie einer Leonsteiner Anlage aus dem Steyrtal, errichtet. Es beherbergt heute die Originaleinrichtung aus Leonstein, die aus dem 18. Jahrhundert stammt. Außerdem ist im Heimathaus eine Nagelschmiedwerkstätte eingerichtet und die umfangreiche Petermandel'sche Messersammlung untergebracht. Am Wehrgraben befinden sich unmittelbar an seiner Mündung in die Reiche Steyr oberhalb von Zwischenbrücken die Objekte der ehemals vierten Zeugstätte, die oftmals umgebaut nunmehr einen Gebäudestand aufweist, der dem vorigen Jahrhundert entstammt. Die Wehranlage ist bis auf notwendige Reste abgetragen. In dem dreigeschoßigen in Massivbauweise bestehenden Fabriksobjekt hat sich nach einer Renovierung vor einigen Jahren ein Forschungsinstitut für Design etabliert. Dieses Gebäude hatte in seiner Geschichte vielerlei Funktionen und gehörte bis zur Auflösung im Jahre 1980 der Firma Hack. seitens des Institutes ist beabsichtigt, die Wasserräder, die einst bei diesen Werkstätten in Verwendung standen, wieder zu errichten und sie auch nach Möglichkeit zu nutzen.37 In unmittelbarer Nähe ist in einem ehemaligen Objekt der Werndl'schen Waffenfabrik aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nach Zu- und Umbauten das „Museum Arbeitswelt“ eingerichtet worden. Von den Werkstätten der Dritten Zeugstätte ist praktisch kein Altbestand vorhanden. Lediglich das Wohnhaus hier einmal ansässiger Gerber und der hangseitige von Josef Werndl umgebaute und auf gestockte Trakt der Doktormühle mit einer für die Industriebauten typischen viergeschoßigen Fassade bestehen noch. In weiterer Folge liegen am Wehrwasser stromauf anstelle der ehemaligen zweiten Zeugstätte ein nicht mehr in Betrieb stehendes und seiner Turbinenanlage beraubtes Elektrizitätswerk der

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