Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—39— In den Blütezeiten der Gewerbe hatte sich aufgrund des Platzmangels am Wasser einerseits und durch Erbschaften und Käufe andererseits, vor allem aber durch wirtschaftliche Überlegungen bei den Handwerkern und den Besitzern der Schleifen das Zinsverhältnis entwickelt. Die Handwerker, welche Schleifarbeit zu vergeben hatten, gingen mit eigenen Leuten bei den Schleifenbesitzern in Zins. Sie konnten um ein Entgelt die fremde Schleife benutzen, die oft gar nicht im Besitz eines Schleifers, sondern dem Meister eines verwandten Berufes stand. Für diese Werkstattbenützung, oft benützten sie nur einen Stein, zahlten sie jährlich ihren Zins. Josef Löw schreibt darüber, und zwar über die vierte, unsere Erste Zeugstatt, weil Löw umgekehrt nummeriert: „In diesen sämtlichen Schleifen werden ebenfalls, gleich wie bei den unterhalb liegenden Zeugstätten alle möglichen Gattungen zum schneiden, stechen, hauen und zwicken erforderlichen Werkzeuge geschliffen. Es haben daselbst auch verschiedene Professionisten, als Messerer, Feilhauer, Ahlschmiede etc. ihre besonderen Schleifgerechtsamen und entrichten ihren jährlichen Zins dafür.“ (Löw, 1832, S. 13v) Das bedeutete in der Praxis, dass in einer Schleife die Gesellen verschiedener Betriebe ihre Arbeit verrichteten. Die Produktionsteilung betraf wohl alle Gewerbe, nur richteten sich zum Beispiel die Feilhauer und Zirkelschmiede in der Ersten Zeugstätte ihr eigenes Hammerwerk in A 4 ein, wo sie ihren Stahl selbst herstellten. Bei Löw finden sich Angaben über den Sitz der Meisterwerkstätten in Aichet und Kegelpriel, die ihre Gerechtsame in den Schleifen der Zeugstätte hatten oder dort in Zins standen. Unklar ist, warum Löw als Besitzer der Papiermühle A 2 samt dem Wohnhaus Nr. 68 Joseph Vogel nennt, da im Grundbuch eindeutig Josef Hofmann als Besitzer genannt wird. Bei A 11 gibt Löw Joseph Vogl als Besitzer an. Im Grundbuch scheinen Anton und Magdalena Fuchs, eine geborene Vogl, auf. Löw dürfte hier ungenau recherchiert haben. Die Handwerksmeister, die für die Ausübung ihres Gewerbes einer Feuerstätte bedurften, hatten ihre Häuser, in welchen Werkstätte und Wohnung untergebracht waren, wegen der erhöhten Feuergefahr in lockerer, fast immer offener Bebauung am nach Süden offenen Talhang von Aichet und Kegelpriel errichtet. Die reizvolle Verteilung dieser Häuser über den unteren Teil des nach Süden offenen Hanges, der von seiner bewaldeten Oberkante jäh und steil über eine aus Konglomerat bestehende Stufe abstürzt um dann sanfter geneigt zum Wehrgraben abzufallen, ist als ein Teil des Stadtdenkmales Steyr erhalten geblieben. Stadteinwärts der Zeugstätte beginnt die Bucklige Wiese, die bis zur halben Höhe des Hanges von unten ansteigend keine Bebauung aufweist, weil dort der Flysch die nicht sehr solide Unterlage bildet. Der wirtschaftliche Erfolg der Handwerker spiegelt sich in der Form und Größe ihrer Häuser wider. Vom kleinen, erdgeschoßigen Häuschen mit einem Sockelgeschoß, das mit einem Knüppelwalmdach überdeckt war, bis zum reichgeschmückten stattlichen Papiererhaus sind viele Zwischenformen vertreten. Die Hauszeichen, auf Blech oder Putz gemalte, religiöse Motive, von oft reichprofiliertem stuckrahmen eingefasst, mit einer schmiedeeisernen Laterne auf einem kunstvoll geschmiedeten Ausleger davor, zeugen von der Frömmigkeit der einstigen Bewohner und bilden heute, da sie nur mehr selten erhalten sind, liebenswerte Kleindenkmale, wertvoll in kultureller und künstlerischer Sicht.

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