Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—19— Das äußere Steyrdorf war bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Ansiedlung von Handwerkern der Eisengewerbe entstanden. Diese Ansiedlung spiegelt die wirtschaftliche Entwicklung der Zeit wider. Die von Stein nach Osten ausholende alte Straßenverbindung war sehnenartig verkürzt über die Gleinkergasse zum Tor der alten Befestigung am oberen Gschaiderberg geführt worden. Die Gleinkergasse bildete nun die Ausfallstraße nach Norden. Allerdings musste das sehr steile Straßenstück des Schnallenberges in Kauf genommen werden, an dem einst ein Kreuzweg bestand, der am Anfang der Kirchengasse im ersten, hangseitigen Haus seine erste Station hatte. Einige Kapellen am Schnallenberg bestehen heute noch. Die Anlage dieser neuen Vorstadt für die Messerer und die anderen Eisengewerbe zeigt eine planende Absicht. Parallel zur Siechengasse wird die Bruchbodengasse angelegt. Führt die Siechengasse auf jener Schotterterrasse, die mit einer steilen Konglomeratwand zur Steyrniederung und zum Wehrgraben abfällt, so ist die Bruchbodengasse auf der nächst höheren Terrasse so situiert, dass die talseitigen Häuser schon im Hangbereich liegen, wie dies auch in der Siechengasse der Fall ist, sodass über der Konglomeratwand zwischen Hangabbruch und Straßengrund noch eine Fläche zur Verfügung steht. Diese Straßenführung erlaubt es, den in dieser Zeit üblichen Haustyp der Eisenhandwerker auf der talseitigen Straßenseite zu errichten, wobei die Werkstätten im Sockelgeschoß untergebracht wurden. Die Vorstadt Außersteyrdorf wurde 1477 bis 1480 ummauert.7 Auslösendes Moment für diese Ummauerung war neben dem kaiserlichen Befehl hierzu das Sicherheitsbedürfnis der dort ansässigen Handwerker, die anlässlich der Erstürmung des Innersteyrdorfs durch Jörg von Stein 1467 während einer Fehde mit dem Landesherrn nach sieben vorhergehenden vergeblichen Angriffen schwer gelitten hatten. Die neue Mauer umschloss das Gebiet des äußeren Steyrdorfs und verlief vom Hungerturm zum Gleinkertor, weiter zum Bruchbodentor und zum Frauentor an der Siechengasse. Von hier überwand sie den Steilabfall zum Wehrgraben, wo sich an der Doktormühle bei der Dritten Zeugstätte das Tor am Äußeren Schaurstein befand. Die neue Befestigung lief dann als Palisadenwand linksufrig amWehrgraben zum Tor am Inneren Schaurstein. Die unter dem Konglomerathang entstehende Bebauung mit Handwerkerhäusern wurde damit in die Befestigung einbezogen. Die zweite durch die Ansiedlung weiterer Eisenhandwerker notwendige Erweiterung der Stadt ging planmäßig vor sich. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde an der Siechengasse, an der nach Westen verlängerten Bruchbodengasse und amWieserfeld die Bebauung weiter nachWesten geführt. Das östliche Wieserfeld, die Frauengasse, die Frauenstiege und die Zachhubergasse schließen den neuen Stadtteil in Nord-Südrichtung auf. Hier baut sich das Gelände wie im äußeren Steyrdorf von der Steyrniederung über eine Konglomeratsteilstufe zur Terrasse, auf der die Siechengasse verläuft, auf. Auf der nächsten Stufe liegt die Bruchbodengasse und wenig höher das Wieserfeld, über dem sich dann die Hochterrasse mit Stadlhof und Gottesacker ausbreitet. Die steilen Straßenverbindungen der Gleinkergasse und des Mehlgrabens führen nach Norden auf diese Hochterrasse. Straßenverbindungen vom Innersteyrdorf zu Steyrniederung bestehen nur über die Badgasse und den Gschaiderberg. Gehverbindungen zum Wehrgraben entstanden über die Frauenstiege und über die Grabnerstiege beim Bruderhaus. Sowohl der Name Wieserfeld als auch Bruchboden deuten auf feuchte Flächen hin. Vor dem Bruchbodentor, das 1620 vermauert und 1842/43 abgebrochen wurde, bestand bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Feuerlacke. Die südwestlich zwischen Siechengasse, Mittergasse (Verlängerte Bruchbodengasse) und Zachhubergasse gelegene Dreiecksfläche zeigt eine großflächige Parzellenstruktur und scheint nicht von Handwerkern besiedelt gewesen zu sein. In den etwa hundert neu entstandenen Häusern im Wieserfeldbereich hatten an die achtzig Eisenhandwerker ihre Unterkunft und ihre Werkstätte. Siebzig von ihnen waren Messerer. Mitte des 16. Jahrhunderts scheint nicht allein die günstige Wirtschaftslage der Grund für den raschen Ausbau des Wieserfeldbereiches und der Siechengasse gewesen zu sein (1543 bis 1565). Sicher

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