Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—17— Zu dieser Zeit bestand das innere Steyrdorf im Bereich seiner frühesten Ummauerung. Die ersten Ansätze der Zeugstätten hatten sich am Triebwassergerinne gebildet. Die in den Zeugstätten im stadtnahen Gebiet am inneren Wehrgraben werkenden Arbeiter schufen sich ihren Wohnraum im in früher Zeit durch eine Palisadenwand geschützten inneren Steyrdorf. Die Steyrniederung blieb mit Ausnahme der Werkgaden unbebaut. Die Gefällsverhältnisse des Gerinnes hatten die Anlage von zwei Zeugstätten unmittelbar unterhalb des Steyrdorfs ermöglicht, eine dritte entstand etwas weiter westlich an der Abzweigung des Überwassers und schließlich weit im Westen, fast am Beginn des Triebwasserkanals, hatte sich die Erste Zeugstätte um eine Mahlmühle, die Truglmühle, gebildet. Diese Mahlmühle ist mit den Bauernhöfen des Umlandes in Verbindung zu bringen. Ihr Entstehen ist im bäuerlichen Bedarf begründet. Das Eisenhandwerk und der Handel mit Eisenprodukten beeinflussten die Stadtentwicklung sichtbar in der Ausprägung notwendiger Verkehrswege, in der Erstellung von Werkstätten, Lagerräumen, Handelshäusern und in späterer Folge in den Kontoren und Magazinen der Eisenhandelsgesellschaft und der Innerberger Berggewerkschaft. Die Erbauung von Handwerkersiedlungen, die Anlage von Werkstattgruppen an den Triebwassergerinnen der Steyrarme und damit verbunden die Umgestaltung des Flussregimes wirkten sich auf das Stadtbild und die Stadtgestaltung aus. Diese Beeinflussung der Stadtentwicklung begann mit der Ansiedlung der ersten Eisenarbeiter am Ende des 11. Jahrhunderts im Steyrdorf. Zu dieser Zeit war südwestlich der Burguntersiedlung die Fläche des Stadtplatzes noch nicht bebaut. Die im Steyrdorf schon früh vorhandenen Strukturen mit Kirche, Spital und Friedhof5 gaben diesem Stadtteil den Vorrang unter den Siedlungskernen der Stadt. Erst mit der Abwanderung der Handelsherren aus dem Steyrdorf in das im 13. Jahrhundert entstehende Stadtzentrum trat eine entscheidende Veränderung ein. Der Grund dieser Veränderung war in der Lage des im Werden befindlichen Stadtplatzes am Verkehrsband der Enns zu suchen. Zur Zeit der Entstehung des Stadtplatzes wurden aufgrund einer Bauordnung der Stadt, die allerdings nicht erhalten ist, jeweils zwei Häuser an einem gemeinsamen Hof mit einem gemeinsamen Brunnen errichtet. Ihre seitlichen Außenmauern trennt ein schmaler Bauwich, der zur Abfuhr der Schmutzwässer diente. Da in der inneren Gleinkergasse und Siechengasse, der heutigen Sierningerstraße, diese Bauweise nicht eingehalten ist, ist erwiesen, dass diese Straßenzüge schon vor 1407 bebaut wurden, als sie noch über herrschaftliches Gebiet verliefen. Diese Art der Bauwichausbildung ist heute noch in den Katasterplänen ersichtlich. Der unmittelbare Zusammenbau der Häuser lässt auf eine massive Bauweise schließen. Ofner6 erwähnt in seiner Kunstchronik der Stadt Steyr, dass zufolge eines Befehles des Herzogs Albrecht aus dem Jahre 1340 die Bürgerhäuser als wehrhafte, feste Zuflucht für ihre Bewohner zu errichten wären. Dieser Befehl zielt auf eine massive Bauweise hin. Außersteyrdorf auf Herrschaftsgrund hatte eine Ummauerung oder einen Palisadenschutz, die um 1480 erneuert wurden. Der Eisenhandel und das Eisenverlagswesen, es bestand imWesentlichen in der Vorauszahlung des Händlers auf eine zu erwartende Lieferung des Hammermeisters, und vor allem das Stapelrecht der Steyrer Bürger brachten der Stadt großen Reichtum, der sich noch heute in den erhaltenen Bürgerhäusern zeigt. Eine Periode des Wohlstandes und der wirtschaftlichen Prosperität an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert hat die Stadt und besonders das Steyrdorf durch den Aufschwung des Eisenhandwerkes anwachsen lassen. Über die bauliche Entwicklung können exakte Aussagen aber erst ab dem Jahre 1543 mit der Einführung der Stadtsteuerbücher getroffen werden. Der Zuwachs an Handwerkerhäusern vollzog sich im späten 14. und im 15. Jahrhundert vor allem westlich des inneren Steyrdorfes und im geringen Ausmaß auch östlich davon im Örtl außerhalb der Stadtmauer. Diese Mauer war mit vier Toren ausgestattet, wovon zwei Toranlagen vor allem dem Eisenwesen dienten: das Steyrtor, das den Zugang zum Ortskai, also der Floßlände und Ladestelle bildete, an der das Eisen für die in Steyrdorf ansässigen Händler entladen wurde, und das Tor in der Badgasse, am Inneren Schaurstein, das den Zugang zu den Werkgaden am inneren Wehrgraben bildete. Das Eisen für die Händler im Stadtzentrum wurde oberhalb der Steyrmündung entladen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2