Die oberösterreichische Messerindustrie

37 werden. In Zeiten der Gegenreformation war man auf die Erstarkung des Katholizismus im Handwerk bedacht. Kein Akatholik wurde als Meister zugelassen. Ein Geselle, der alle Voraussetzungen erfüllte, konnte zur Meisterprüfung antreten. Die Meisterstücke als solche waren in den einzelnen Klingenschmiedewerkstätten verschieden und im Laufe der Zeit mannigfaltigen Veränderungen ausgesetzt. In Kleinraming wurde 1373 als Meisterstück gefordert: "drei doch clingen" und zwar: "ain dech schreibmesser ein dech pallater ain dech spizater naterl" Dech oder auch tech dürfte eine Mengeneinheit in Klingen bedeuten, vielleicht dem heutigen Dut- zend entsprechend. 1488 wurde in Steyr als Meisterstück gefordert: "100 Schreibklingen 100 murater böhmische clingen 100 rheinische Häubl hab pallet und halb spitzig". Interessant ist, dass die Meisterstücke ursprünglich nur für Handwerksfremde bestimmt waren, erst Ende des 16. Jahrhunderts mussten sich auch Meistersöhne dem Examen unterwerfen, jedoch mit gewissen Erleichterungen. Noch im 18. Jahrhundert galten die Meisterstücke als Beweismittel der Befähigung eines Handwer- kers. Als sich um 1717 in der Stadt Steyr einige Schmiede anschickten, statt des Meisterstückes Geld zu bezahlen, um so den geförderten Nachweis "mit der Hand" zu umgehen, kam es zu einer heftigen Kontroverse mit den Raminger Schmieden, die den althergebrachten Formen die Treue hielten. 1 Später wurde als Meisterstück die Erzeugung von Tyroller und französischer Klingen, der Sitte der Zeit entsprechend, gefordert. Für einen Gesellen war die Erzeugung der Meisterstücke eine erhebliche finanzielle Belastung. Rechnet man die Materialkosten für die erforderlichen Probestücke, die aus "gutem Zeug" hergestellt sein mussten, die Zeit, die für die Arbeit an diesen Klingen nicht abgegolten wurde, das Beschaugeld, die Spesen für das Meistermahl und nicht zuletzt die Kosten für die Einrichtung einer Werkstätte, dann kann man sich ein Bild machen, wie schwer es für einen handwerksfremden Gesellen war, sich nur um die Meisterwürde bewerben zu wollen. Zusätzlich musste jeder neue Meister 3 fl in die Handwerkslade einzahlen. Insgesamt beliefen sich die Kosten, die mit dem Meisterwerden verbunden waren, im Klin- genschmiedehandwerk zu Steyr im Jahre 1655 auf 20 - 26 fl, wozu noch die Beiträge für die Unterhal- tung des Pöbels bei der Corpus Christi Prozession mit 2 fl kamen. Letztere wurde im selben Jahr abge- schafft . 2 Im Zuge der josefinischen Reformen wurde nun laut Hofverondnung vom 29. Nov. 1784 bzw. vom 9. Sept. 1785 festgesetzt, dass jeder Geselle, der sich durch Kundschaft ausweist und durch 6 Jahre gut gearbeitet hat, ohne weitere Probe, ohne Meisterstück zum Meisterrecht zuzulassen sei. Das Handwerk erlebte im ausgehenden 18. Jahrhundert keine besondere Blüte, auch Materialman- gel machte sich öfters bemerkbar. 1788 reichte Andreas Beiahackl aus Kleinraming um die Meisterge- rechtigkeit ein, das Handwerk lehnte ab, die Herrschaft Steyr als damals entscheidende Instanz stimmte zu. Allerdings sah sich die Herrschaft Steyr außerstande, den neuen Meister mit genügend Kohle zu versorgen. 3 Im Laufe der Zeit schlossen sich diesem ersten Gesellen viele andere an, trotzdem die alteingeses- senen Meister den Kampf um ihre Privilegien nicht aufgaben. Ein interessanter Prozess um die Meis- terrechtsverleihung stammt aus den Jahren 1822 - 29, der vom Klingenschmied Ferdinand Schoiber aus Kleinraming bis zur Hofkammer in Wien vorgetragen wurde. Dieser war 6 Jahre lang Pächter einer radizierten Klingenschmiedegerechtigkeit und wollte sich nach Ablauf seiner Pachtzeit als Meister 1 La. A. Linz, Klingsch. Kl. R. Bd. 2. 2 St. A. Steyr, 11/4. 3 La. A. Linz, Klingsch. Kl. R., Bd. 2.

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