Die oberösterreichische Messerindustrie

36 Der Lohn war im Auf und Ab der Zeiten manchen Veränderungen unterworfen. Ursprünglich domi- nierte wohl, der Wochenlohn. Die zunehmende Spezialisierung brachte den Übergang zum Tages- und Stücklohn, eine Art Akkordsystem fand Eingang. Um zu verhindern, dass die Meister in dem Bestreben, die besseren Gesellen zu besitzen, sich ge- geneinander im Lohn zahlen überbieten, erging im Jahre 1546 ein Verbot, Stücklohn zur bezahlen. Doch schon 1559 einigte man sich neuerlich, um den Bedarf in dieser Zeit der Hochkonjunktur befrie- digen zu können, auf Stücklöhne. Nämlich für 100 gute Grazer Messer — 18 kr und für 100 Zweiling — 25 kr, höhere Löhne waren als unlauterer Wettbewerb untersagt. 1 In Zeiten des Konjunkturrückganges drückten die Meister auch die Löhne der Gesellen. Über die Löhne im 18. und 19. Jahrhundert geben uns die Quellen keine Auskunft. Fest steht, dass der Nieder- gang des Handwerks es den Meistern unmöglich machte, gerechte Löhne zu bezahlen, so dass die Ge- sellen in Massen der Waffenfabrik zuströmten, wozu noch die damals aufkommende Sozialversiche- rung der Fabriksarbeiter mithalf. Kürzere Arbeitszeit, höhere Löhne, frei von patriarchalischer Hausun- tertänigkeit, gewisse soziale Sicherheiten, all dies waren Momente, die dazu beitrugen, dass der alte Stand der Gesellen zum Fabriksarbeiter wurde, eine Entwicklung, die später freilich im Endeffekt auch manche Schattenseiten aufwies. Der alte Gesellenstand war organisch in Jahrhunderten gewachsen, er war verwurzelt in Tradition und Herkommen — der Proletarierstand war in kürzester Frist gewor- den, seine Zukunft war für Staat und Volk damals ein offenes Problem. e.) Die Meister der 3 Handwerke. Wie in allen Handwerken, so mussten auch bei den Klingenschmieden, Schleifern und Messerern wesentliche Voraussetzungen erfüllt werden, ehe ein Geselle die letzte und heißersehnte Stufe im handwerklichen Leben, die Meisterwürde, erreichen konnte. Die bedeutsames Vorrechte, die die Familienangehörigen eines Handwerksmeisters besessen, ka- men besonders bei diesem letzten entscheidenden Schritt, deutlich zum Ausdruck. Sie galten von vornherein als für die Meisterfunktion Berufene, die ihre handwerklichen Rechte als ererbten Besitz betrachteten und nur nach strengen Prüfungen die Aufnahme eines fremden Gesellen als Meister genehmigten. Es darf uns daher nicht wundern, wenn diese Schicht der Bevorzugten immer intensiver bestrebt war, sich gegenüber fremden Einflüssen möglichst abzusperren, um in guten wie in schlechten Zeiten die Vorteile in der Hand haben. Der Eigennutz vieler Meister mag oft der aus- schlaggebende Faktor gewesen sein. Vergessen wir aber nicht, dass die Meisterschaft, ganz auf sich selbst gestellt, ohne jegliche Unterstützung, auch in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs für Haus und Gesinde voll verantwortlich war. Eine Überbesetzung des Meisterstandes konnte oft katastrophale Folgen zeitigen. Die mittelalterlichen Handwerksordnungen und die der frühen Neuzeit weisen daher immer wieder Artikel über das Meisterwerden auf, welches für nicht Privilegierte nach Möglichkeit erschwert wurde. Dem zum Trotz kündet die Handwerksgeschichte bis in die Zeit der Aufhebung der Zunftverfassung und der Freigabe des Meisterrechts von vielen Kämpfen, die strebsame Gesellen gegen "Herkommen und privilegierte Handwerksgenossen" führten. 1. Die Klingenschmiedemeister. Schon 1373 hieß es: "Kein Klinger und Schleiferknecht soll in Raming Meister werden, wenn er nicht eheliche Geburt ausweist und Kundschaft verbringt, dass er seine Lehrjahre redlich verbracht hat und von seinem Meister ehrlich Abschied genommen hat " 2 Bereits 1459 wurde eine ergänzende und erschwerende Bestimmung erlassen. Dementsprechend wurde von einem Meisteranwärter gefordert, dass dieser vorher 5 Jahre auf einer redlichen Werk- stätte gearbeitet habe, davon 2 Jahre in Kleinraming. Das Steyrer Klingenschmiedehandwerk verlangte 1488 nur 1 Jahr Tätigkeit auf der eigenen Werkstätte, "damit man weis, wie er arbeitet", wie es in der Urkunde heißt. Auch sollte dort mit eigenem Werkzeug gearbeitet werden, was allerdings eine große finanzielle Belastung darstellte . 3 Ferner musste ein gewisser Betrag in der Frauenzeche hinterlegt 1 St. A. Steyr, Vergleichsschriften, XI/5/10-11-13-14. 2 La. A. Linz, Klingsch. Kl. R. Bd. 1. 3 St. A. Steyr, 11/4.

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