Die oberösterreichische Messerindustrie

7 1770 verpflichteten sich die Schmiede zur Klingenerzeugung nur Scharsachstahl zu verwenden , 1 aber um die Jahrhundertwende sprach man noch immer vom "Frumbwerkzeug", das die Schmiede verwendeten, im 19. Jhdt. allerdings, als die Stahlproduktion sich wesentlich rationeller gestaltete, hö- ren wir von dieser Stahlsorte nichts mehr, dafür galt der englische Stahl allgemein als das beste Klin- genmaterial und die Regierung bemühte sich sogar um Einfuhr desselben, um die Produktion in quali- tativer Beziehung zu erhöhen. Bis zur Mitte des 19. Jhdt. verschmiedeten unsere Handwerker noch Eisen und Stahl zu Klingen, dann jedoch brachte die Alpine Montangesellschaft Klingenstähle auf den Markt, die von unseren Handwerkern verwendet wurden. Nicht immer in der bewegten Geschichte des ehrsamen Handwerks der Klingenschmiede klappte die Rohmaterialversorgung, häufig traten Engpässe bei Erzeugung und Anlieferung des Stahls auf, so- dass staatliche Lenkungsmaßnahmen rettend eingreifen mussten. So war es insbesondere im 16. Jhdt., der großen Blütezeit des Messererhandwerks. Bereits um 1550 mussten eine große Anzahl von Klingschmiedewerkstätten geschlossen werden. 1559 erging ein kaiserlicher Befehl an die Hammermeister von Weyer, "mehr zainten Frumbstahl und Zainaisen als gemeinen Vorderhackenstahl zu erzeugen". 2 (Vorderhackenstahl verwendete man zur Erzeugung des Schneideteils der Hacken, er war groß dimensioniert und daher leicht herstellbar) Zur Lenkung der Stahlabgabe kam es zur Errichtung der Eisenkammer , 3 die trotz aller Regelungen nie zur Zufriedenheit aller funktionierte, die Rohstoffmenge blieb in Zeiten der Hochkonjunktur stets ein Anlass zu Auseinandersetzungen. 1564 betrug der Materialbedarf der Klingenschmiede 10.504 Zentner pro Jahr, jeder der 200 Meis- ter verarbeitete jährlich ca. 52 Zentner in seiner Werkstatt, daraus ersieht man die einstige Bedeutung der Steyrer Messererzeugung. Im 17. Jhdt. nahm die verschmiedete Materialmenge ab, trotzdem rei- ßen die Klagen der Klingschmiede wegen mangelnder Stahllieferung nicht ab. Einem kaiserlichen Befehl aus dem Jahre 1727 zufolge ergibt sich, dass die Klingenschmiede vor allen anderen Eisenhandwerkern mit dem nötigen Stahl zu versorgen seien. Alle diese Maßnahmen hatten nur sehr kurzfristig Erfolg . 4 Bis schließlich der Niedergang dieses alten Handwerks die Frage von selbst löste. Nicht nur die Menge, auch die Qualität des Rohmaterials war von Einfluss auf die Klingenerzeugung. Die "Frumbwerkzeugordnungen" des 16. Jhdt. enthielten daher nicht nur Bestimmungen betreffend die Erzeugungsmenge, sondern auch im Hinblick auf die Qualität. Eine eigene Frumbwerkzeugbeschau wurde eingerichtet, "bei der ordentlich und mit Fleiß beschaut werden sollte." Was für unrecht befunden wurde, sollte durch die Hammerschmiede den Klingschmie- den aus der Eisenkammer wieder ausgewechselt oder mit Geld rückvergütet werden. Aber die Aus- wechslung erfolgte laut Angaben der Schmiede nur höchst selten . 5 Dass die Qualitätsfrage zu allen Zeiten entscheidend war, braucht nicht besonders betont zu werden. Die Klingen mussten eine gute Schneide besitzen, die haltbar war und trotzdem auch Federhärte aufwies. Dass nur bester Rohstoff hiefür geeignet war und auch heute dies so ist, geht aus allen Angaben hervor. Im 18. Jhdt. unterschied man Klingen aus gutem, mittlerem oder gemeinem Zeug, die die Messerer bei den Schmieden bestellen konnten. Die Qualitätsfrage stellte zu allen Zeiten ein Zentralproblem dar und taucht in einer Fülle von Akten auf. Guter Rohstoff ist ja eine Grundvoraussetzung für die Herstel- lung von Qualitätsware und wir können die Messerer gut verstehen, wenn sie mit den von den Schmie- den gelieferten Klingen manchmal nicht zufrieden waren. Die Wurzeln all dieser Klagen sind wohl größtenteils bei der Innerberger Gewerkschaft zu suchen, die es insbesondere im 18. u. 19. Jhdt. nicht verstanden hatte, die Stahlerzeugung zeitgerecht zu reor- ganisieren, wie es in England und Deutschland geschehen war. Erst im ausgehenden 19. Jhdt. brachte ihre Nachfolgerin, die Alpine Montangesellschaft, Klingenstähle auf den Markt, die gute Erzeugnisse garantierten. 1 L. A. Linz. Index 159, Eisenobmannschaft Archiv 10. 2 a. a. O, Hack, Eisenhandel, S. 69. 3 a. a. O, Hack, Eisenhandel, S. 70. 4 St. A. Steyr, 1727, Generale, 12/42/A. 5 St. A. Steyr, 4/3/349.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2